Nationalstolz:Kriegsgefahr

Wenn Menschen und Völker nicht versuchen, in Solidarität und Kooperation mit anderen die Probleme dieser Welt zu lösen, besteht die Gefahr, dass die gegenwärtige Entwicklung in einen verheerenden Krieg münden könnte.

"Vorwärts in die Vergangenheit" vom 28. Dezember:

Ja, wenn das nur für die königsblauen britischen Pässe gelten würde. "Vorwärts in die Vergangenheit" scheint das Motto auf der politischen Weltbühne in der heutigen Zeit zu sein. In England strebt Theresa May mit dem Brexit und "Global Britain" eine neue Form des britischen Empires an. In Amerika lässt Donald Trump das Zeitalter zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert wieder aufleben, in dem die Ideen des kruden "Rugged Individualism" das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben beherrschten. Wladimir Putin versteht sich als Sachverwalter von Mütterchen Russland - der Personifikation Russlands. Für ihn ist die Sammlung der russischen Erde - die Rückentwicklung des Zerfalls des sowjetischen Imperiums - oberstes Gebot. In der Türkei träumt der Autokrat Recep Tayyip Erdoğan von der Wiederherstellung des Osmanischen Reichs. Mit seinen Verfassungsänderungen scheint Polen unter dem Einfluss von Jarosław Kaczyński an die nationalkonservative Autokratie eines Marschalls Piłsudski nach dem Ersten Weltkrieg anzuknüpfen. Auch Ungarn schreitet unter Viktor Orbán mit seiner "illiberalen" Demokratie in die Vergangenheit zurück.

Selbst die westeuropäischen Demokratien wie Frankreich, Italien, die Niederlande und Deutschland sind nicht völlig immun gegenüber nationalpopulistischen Parolen. In Österreich ist eine rechtspopulistische Partei an der Regierung beteiligt.

Wir befinden uns in einer Periode der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zeitenwende. Globalisierung, Digitalisierung und Umweltzerstörung verunsichern die Menschen und Völker, die glauben, durch einen Rückgriff auf ihre nationale Vergangenheit Sicherheit finden zu können. Sie folgen den Schalmaien nationalpopulistischer Volkstribunen, die ihnen mit diesem Rückgriff falsche Sicherheiten vorgaukeln, anstatt zu versuchen, in Solidarität und Kooperation mit anderen Nationen die Probleme dieser Welt zu lösen. Die Gefahr, dass die gegenwärtige Entwicklung in einen verheerenden Krieg münden könnte, bevor die Menschheit wieder zur Vernunft, das heißt zur uneingeschränkten Solidarität und Zusammenarbeit kommt, ist nicht gebannt. Jürgen Einhoff, Hildesheim

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