Musik:Dröhnung aufs Ohr

Die SZ hat Bluetooth-Boxen für draußen getestet. Die Leser fanden das nicht hinreißend: Sich mit Lautstärke durchzusetzen, ohne inhaltlich zu überzeugen, sei Trump'scher Musikstil.

"Sound of Freibad" in der SZ vom 12./ 13. August 2017:

Mein Geschmack, nicht deiner

Ich lag entspannt am Bodenseeufer und prompt kamen drei Knallköpfe mit einer großen Box, die sie per Handwägelchen transportierten, unter heftigem Gewummer dahergelatscht und wollten sich in meiner Nähe niederlassen. Mein aggressives Auftreten brachte sie dann dazu, sich an die äußerste Ecke des Strandes zu verziehen. Leute, das kann doch nicht sein. Musik ist was Individuelles. Wieso soll ich mir anhören, was ein anderer mag? Mit umgebungssoundgeschädigten Grüßen,

Uwe Altenhof, Ravensburg

Kopfhörer, nicht Boxen testen

Der Artikel liest sich zunächst eigentlich wie Text gewordene Ironie. Denn wer kann Sätze wie die folgenden ernstlich so meinen: "Da man mit seiner Musik aber nicht nur die Jugendlichen zwei Decken weiter übertönen... möchte, braucht es Rat...". Nur sprechen die "Testberichte" dann wieder viel zu laut eine andere Sprache. Sie bewerten nämlich tatsächlich, wie laut, durchdringend, wohlklingend oder eben nicht die Geräte Ton von sich geben. Deshalb hätte neben dem Bericht über die diversen Geräte eine klare Botschaft gehört: Wer in Hörweite anderer Musik hören will, für den gibt es Kopfhörer. Punkt. Man kann ja heut keinen Drogerie- oder Supermarkt, schon gar keine Boutique mehr betreten, ohne akustisch zugemüllt zu werden. Und immer öfter halten es Smartphonebenutzer für selbstverständlich, dass sie ihren daneben- und gegenübersitzenden Freunden in U- und S-Bahn Filmchen mit Ton vorspielen, die dann natürlich auch andere weiter weg sitzende Mitfahrer beglücken. Dieses Verhalten, und die hier besprochenen Geräte tragen leider dazu bei und ignorieren eine alte und trotzdem - oder deswegen - nach wie vor gültige Grundregel im Umgang mit den Mitmenschen: Die Freiheit des einen endet dort, wo die eines anderen beeinträchtigt wird. Heißt: Aufdrängen meiner Musik, meines Filmtons, des Geräuschs aus meinem Gerät ist tabu. Statt also hier Leser auf die Idee zu bringen, welches Gerät geeigneter wäre, andere zu ungewollten Mithörern zu machen, hätte hier genau diese Botschaft der selbstverständlichen Rücksichtnahme auf andere hingehört. Sollte das Ganze wider Erwarten doch irgendwie ironisch gemeint sein, dann ist es hier leider gründlich misslungen. Bitte also schnellstmöglich ergänzen durch einen Vergleich verschiedener Kopf- und Ohrhörer, die bei tollem eigenen Sound zuverlässig die Umwelt in völliger Ruhe lassen. Für den schreibe ich dann auch einen lobenden Leserbrief, versprochen.

Friedrich-Karl Bruhns, München

Trump'scher Musikstil

Die Trumpifikation der Welt schreitet voran und dringt nun endlich auch bei uns in bislang zu Unrecht vernachlässigte Lebensbereiche vor. In der Testkolumne am Wochenende werden Bluetooth-Boxen gepriesen, die dem Besitzer die Lufthoheit über Strände und Freibäder sichern und kraft Lautstärke die gesamte Umgebung dem eigenen Musikgeschmack unterwerfen sollen. Hinreißende Idee! Sich mittels Lautstärke durchzusetzen, unabhängig vom Inhalt: Das ist die Fortsetzung des Trump'schen Politikstils mit anderen Mitteln. Was Erfolg verspricht, ist also legitim. Früher nannte man's wahrscheinlich Rücksichtslosigkeit oder Großmäuligkeit oder so - so genau weiß das aber keiner mehr. Es gibt wahrhaftig genügend Menschen, die der segensreichen Erfindung des Kopfhörers nicht teilhaftig sind und sich stattdessen berufen fühlen, ihre Mitmenschen mit dem rhythmisierten Geräusch, das sie für Musik halten, umfassend und vor allem ungefragt zu beschallen. Lärm macht krank. Es ist grotesk, wenn die SZ neben der regelmäßigen Berichterstattung über die Belästigung der Anwohner durch das Isarfeiervolk nun das Prinzip Fremdbeschallung zum Höhepunkt des Cool stilisiert.

Brigitte Waltenberger, München

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