"Me Too":Selbstbehauptung als Pflichtfach

Dass nicht nur Schauspielerinnen von sexuellen Übergriffen berichten können, sondern Frauen aus allen Berufsgruppen, darüber wurde im Buch Zwei vom vergangenen Wochenende berichtet. Leserinnen bedanken sich hier für die Texte.

"Me Too": Illustration: Denis Metz

Illustration: Denis Metz

"Us Too" vom 7./8. April:

Ohrfeigen austeilen

Danke für dieses traurige Buch Zwei. Die Summe dieser 14 Protokolle erschüttert dann doch - trotz allem Selbsterfahrenem, Wissen, Lesen, Hören. Es scheint sich in der Tiefe unserer Gesellschaft fundamental nichts zu bewegen. Beschämend für unsere ach so gebildeten Zeiten.

Andererseits auch logisch, denn Frau und Mann unterliegen nun mal ihrer je eigenen Biologie - daran kann der ganze Genderquatsch auch nichts ändern. Und solange Politik sich nur um Rentenerhöhung statt gleichem Gehalt für gleiche Arbeit jenseits der Geschlechter kümmert, treten wir auf der Stelle.

So obliegt es einmal mehr elementar den Kitas und Schulen (denn Eltern scheinen von sich selbst überfordert zu sein), einen respektvollen, sozial kompatiblen, ehrbaren Umgang jenseits des Geschlechts zu bahnen. Kulturübergreifend. Dafür muss die Politik Ressourcen bereitstellen. Jungen müssen beim Ausscheren an die Kandare genommen werden und für Mädels gilt: Selbstverteidigung und -behauptung als Pflichtfach. Das "Spiel des Lebens" zu lernen ist leider kein Selbstläufer. Solange es Frauen und Männer gibt, gehört Flirten zum Leben. Dennoch ist dabei jeder selbst verantwortlich dafür, eine Ohrfeige zu bekommen oder sie auszuteilen. Jenseits aller Hierarchien und Karriereleitern.Suzanne Krenzer, Frankfurt/Main

Publizistischer Schutz

Drei von vierzehn! Nur drei der Befragten nennen ihren Namen, die anderen bleiben anonym. Nicht nur die Protokolle sind bemerkenswert, auch fast fühlbar ist die Angst der "unbekannten Frauen". Wovor? Sie fürchten, dass die Unsäglichen sich wiedererkannt sehen und dann - auch mit Hilfe weiblicher (Personal)Chefs - Rache nehmen. Subtil mobben, entlassen, erneut belästigen. Deshalb zu Recht die Namenskürzel. Verständlich, dass ein zu lobendes Redaktionsteam den Opfern nur Mut zusprechen kann, sich zu outen. Indes: Warum bietet die SZ ihnen nicht an, ihren Fall im Auge zu behalten, gegebenenfalls über die Reaktionen der betroffenen Institutionen kritisch zu berichten - kurz: den Frauen publizistischen Schutz zu gewähren? Ein redaktioneller Nachspann hätte dies Opfern und Tätern signalisieren können. Und: Warum gehen in Deutschland nicht Hunderttausende Frauen auf die Straße? Mit der weiblichen Solidarität, so scheint mir, ist es nicht weit her. Hans Dieter Wolf, München

Erschöpfte Pflegerinnen

Wir sind in unserer bundesdeutschen Realität leider immer noch weit weg von Gleichberechtigung, und vor allem von wertschätzender Gleich-Behandlung, und jede Frau könnte von sexistischen Erlebnissen einiges berichten. Mein ganz besonderes Mitgefühl bekommen die Tausenden weiblichen Pflegekräfte in der Kranken- und Altenpflege, die ständig am Rande der Erschöpfung eine so verantwortungsvolle Arbeit leisten und dann noch oft so sexistisch und missachtend behandelt werden.Annette Skrypski, Hechingen

Erdend und wohltuend

Eine solche Aufstellung wie im Buch Zwei vom vergangenen Wochenende ist, wie ich finde, eine wohltuende Erdung der aufgeregten "Me Too"-Debatte. In den Interviews beschreiben Frauen, wie sie im Alltag Übergriffe erleben. Man sieht, auf wie vielfältige Weise das Miese sich ausdrückt. Das muss man benennen und offenlegen. Und endlich die Deutungsweisen "Der Arme kann nicht anders", "er meint es nicht so" usw. zu entlarven.

"Me Too" war auf die Theater- und Filmbranche und auf lange Vergangenes fokussiert - das betrifft, wie die Frauenquote im Aufsichtsrat, nur wenige Frauen und ist irgendwie scheinheilig. Erdend und wohltuend ist die sachliche und zugleich sehr persönliche, differenzierte Betrachtung in dem Artikel. Das hilft Frauen hoffentlich, mutiger zu ihren Gefühlen und Bedürfnissen zu stehen - und Chefinnen und Chefs, Frauen zu unterstützen. Man braucht nicht alle Männer, alle Kollegen oder alle Einheiten in einen Topf zu werfen. Möge der Artikel dazu beitragen, die Verhältnisse zu ändern! Karen Lill, Schifferstadt

Hinweis

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion. Wir behalten uns vor, die Texte zu kürzen.

Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch hier in der Digitalen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung und bei Süddeutsche.de zu veröffentlichen.

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