Inklusion:Anspruch der Schwachen

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Bildung und Inklusion - zwei Themen, die die rot-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen viele Stimmen gekostet haben. Ein Leser wägt pro und contra. Sein Fazit: Förderungswürdigen Kindern wird Inklusion nicht gerecht.

Wenn Bildungspolitik "Gut gemeint, schlecht gemacht" wird, wie Susanne Klein am 19. Mai ganz richtig resümiert, dann gibt's bei der Wahl eins auf die Mütze: "Kulminiert ist die Unzufriedenheit in der Inklusion", schreibt sie.

Inklusion ist eine Auflage der UN und nicht etwa eine ideologiefreie Konzeption. Sie ist mit starken Vorannahmen belastet. Nach Meinung ihrer Befürworter fügen sich diese ohne Wenn und Aber in eine Menschenrechtspolitik ein. Ohne ins Detail zu gehen, sei aber auf deren Antagonismus zu diversen Gesellschaftsformen hingewiesen. Gerade Marktgesellschaften stehen in Konkurrenz zueinander. Damit verbindet sich ausdrücklich das Leistungsdenken in diesen Gesellschaften.

Auch gibt es zum Teil erhebliche Unterschiede methodischer wie didaktischer Ansätze, die sich kaum oder gar nicht mit einer unbedingten Inklusions-Ausrichtung an Schulen vertragen. Schon gar nicht mit einer in unserer Gesellschaft stark ausgeprägten Ausrichtung am Leistungsprinzip. Der gemeinsame Unterricht von Kindern "mit und ohne Handicaps" scheint demgemäß eher kontraproduktiv zu sein. Und es ist die Frage, ob der Rechtsanspruch auf Inklusionsunterricht in NRW wirklich "für viele Menschen eine Herzensangelegenheit ist". Zu Recht weist die Autorin darauf hin, dass - auch wegen der schon vorher desolaten Unterrichtssituation an den Schulen in NRW - die Auflage der Inklusion "zu einer weiteren Zumutung ausgeartet" ist.

Unstrittig ist freilich die Notwendigkeit besonderer Förderung von Kindern mit kognitiven Defiziten. Nun haben wir bundesweit eine getrennte Unterrichtung in Haupt-, Real und Gesamtschulen bzw. Gymnasien. Ausschlaggebend für diese Verteilung auf unterschiedliche Schultypen ist die fachwissenschaftlich geteilte Auffassung kognitiver und reifeabhängiger Unterschiedlichkeit von Kindern. Ausgerechnet aber den Kindern, die wegen starker kognitiver Defizite beeinträchtigt sind, gesteht man bildungspolitisch keine besondere Förderung in besonderen Schultypen zu. Der Anspruch der Inklusionsbefürworter auf gemeinsames Lernen aller wird dem Anspruch auf beste Fördermöglichkeit von besonders Förderungsbedürftigen in besonderer Lernumgebung in Förderschulen vorgezogen. Ebenso wird der Anspruch der Leistungsstarken auf ein ihnen angemessenes Lerntempo - und Niveau in unverantwortlicher Weise vernachlässigt.

Klaus D. Lubjuhn, Aachen

© SZ vom 01.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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