In eigener Sache:Schwierige Abwägung

In den vergangenen Tagen haben uns einige Zuschriften von Lesern erreicht, die sich darüber beklagen, dass wir den Namen des Copiloten der abgestürzten Germanwings-Maschine voll ausschreiben. Hier erklären wir, warum wir das tun.

In den vergangenen Tagen haben uns Zuschriften von Lesern erreicht, die fragen, warum die Süddeutsche Zeitung den vollen Namen des Copiloten der abgestürzten Germanwings-Maschine nennt. Manche halten diesen Schritt für falsch und kritisieren, damit würden Persönlichkeitsrechte oder die journalistische Ethik verletzt. Für unseren Entschluss, den Namen zu nennen, gab es mehrere Gründe. Zum einen waren es nicht, wie einige Leser vermuten, "sensationslustige" Medien, die den Namen von Andreas Lubitz als Erste veröffentlichten, sondern der ermittelnde französische Staatsanwalt Brice Robin. Dessen Behörde machte den Namen und Bruchstücke seiner Biografie bekannt, und sofort verbreitete sich über Internet und soziale Medien, wer für eine der größten Flugzeugkatastrophen der vergangenen Jahre aller Wahrscheinlichkeit nach verantwortlich ist.

Internationale Medien haben den Namen des 27-Jährigen sogleich ausgeschrieben; einige deutsche Medien, darunter auch die SZ, warteten zunächst ab, bis die Angaben der französischen Staatsanwaltschaft durch Erklärungen von Lufthansa und durch deutsche Behörden bestätigt wurden.

Maßgeblich bei der Entscheidung, ob im Zusammenhang mit einem Unglück oder einem Verbrechen ein Name veröffentlicht wird, ist zum Zweiten stets die Schwere der Tat. Es dürfte wohl kaum jemand bezweifeln, dass der willentlich herbeigeführte Absturz der Germanwings-Maschine, der das Leben von 150 Menschen vernichtet hat, eine besonders schwerwiegende Tat ist. In einem solchen Fall - das regelt der deutsche Pressekodex - ist die Veröffentlichung des Namens ausdrücklich zulässig, wenn "das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit (. . .) die schutzwürdigen Interessen von Betroffenen überwiegt". Dies ist aus Sicht der Redaktion hier der Fall. Drittens ist Andreas Lubitz durch seine Tat zu einer Person der Zeitgeschichte geworden. Das hat er, ohne dass man die Verbrechen miteinander gleichsetzt, gemein beispielsweise mit Anders Breivik, der 2011 in Norwegen 77 Menschen umgebracht hat. Dessen Name wurde völlig selbstverständlich in aller Welt genannt, auch in der SZ. Wir machen uns die Entscheidung, den Namen eines Täters zu nennen, nicht leicht. Aber angesichts eines so monströsen Ereignisses wie des Absturzes von Flug 4U 9525 war die Redaktion überzeugt davon, dass die Öffentlichkeit erfahren sollte, wer hinter dieser Tat steckt. SZ

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: