Hypo Real Estate:Für ein Unternehmensstrafrecht

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Die lächerliche Geldbuße für den ehemaligen HRE-Manager Georg Funke hat nach Meinung von Lesern gezeigt, wie sehr Firmen und Konzerne vor Gericht geschont werden. Das befördere verantwortungsvolles Verhalten nicht gerade.

Lächerliche Geldbuße: Georg Funke, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Hypo Real Estate. (Foto: imago/Dimitrov)

"Sie nannten ihn Bankster" und "Vergeigt" vom 30. September/1. Oktober:

Freiheit - zu großzügig bemessen

In einem hat Marc Beise in seinem Kommentar "Vergeigt" völlig recht: Die Einstellung des Verfahrens gegen die "Verantwortlichen" der HRE, obwohl juristisch wohl korrekt (und insofern eben doch nur politisch ein Trümmerhaufen) hinterlässt moralische Empörung. Warum ist das so? Weil Freiheit und Verantwortung zwei Seiten derselben Medaille sein sollten. Erweist es sich als nicht praktikabel, objektiv schädliches Tun zu ahnden, dann wurde also die Freiheit - im Verhältnis zur einklagbaren Verantwortung - zu großzügig bemessen. Wir benötigen also so etwas wie ein Unternehmensstrafrecht, damit zum Beispiel Vorstände (und gegebenenfalls Aufsichtsräte) als Organ, und damit alle ihre Mitglieder, für Folgen haftbar gemacht werden können, die andere als nur die Aktionäre in Mitleidenschaft ziehen. Dr. Nils Heineking, Mering

Gegen die Egomanen-Wirtschaft

Nach der Einstellung des Strafverfahrens gegen den ehemaligen Chef der Hypo Real Estate (HRE) Georg Funke und seinen Finanzmanager Markus Fell wegen des Vorwurfs der Bilanzfälschung und der Marktmanipulation, gegen läppische Geldbeträge, kocht die Frage nach Sinn und Zweck des Paragrafen 153 a StPO wieder hoch.

Kann überhaupt noch von einem "Vergehen" gesprochen werden oder wurde hier nicht längst die Schwelle zu einem "Verbrechen" überschritten, das ein Mindeststrafmaß von einem Jahr vorsieht, womit der Paragraf 153 a StPO gar nicht zur Anwendung hätte kommen dürften? Schließlich ist erheblicher Schaden für die Volkswirtschaft und speziell die Steuerzahler entstanden, die dafür geradestehen. Auch das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung rechtfertigt eine Verurteilung. Die mit Recht im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrisen in der Öffentlichkeit geführten aufgeheizten Diskussionen darüber, mit welcher Nachsicht, am Rande der Gesetzestreue und bisweilen weit darüber hinaus, skrupellos operierende Manager (Abgas-Skandal, Bankenkrise, Steuerhinterziehung, Panama Papers, Kartell-Bildungen aller Art) rechnen können, die den Staat und die ehrlichen Steuerzahler über Jahrzehnte um Milliardenbeträge betrogen haben, belegen, dass das öffentliche Interesse an Aufklärung und Strafverfolgung solcher "Verbrechen" keineswegs durch die Zahlung solch relativ geringer Geldbeträge beseitigt wird. All diese Vorfälle zeigen, wie es um unsere Unternehmenskultur derzeit bestellt ist. Es ist zu beobachten, wie sich der Bazillus einer kriminellen Subkultur vor dem Hintergrund eines mörderischen Wettbewerbs auf den Weltmärkten epidemisch ausbreitet.

Um einen wildgewordenen Kapitalismus zu domestizieren, wäre es dringend erforderlich, ein Unternehmensstrafrecht zu schaffen, das die Gerichte vom oft sehr schwer oder nicht zu führenden Schuldnachweis entlastet und den Managern den Weg, sich über bloßes Nichtwissen zu exkulpieren, abschneidet.

Anleger, die ihr Geld in Unternehmen stecken, um "es" für sich arbeiten zu lassen, und Manager, die über Boni und Sonderzahlungen, Aktienoptionen und dergleichen daran partizipieren, dürfen sich nicht hinter ausgetüftelten juristischen Firmenkonstruktionen verbergen, die sie von ihrer Verantwortung für das Unternehmen und die Gesellschaft insgesamt befreien oder ihre Haftung so begrenzen, dass die Hauptrisiken den Steuerzahlern aufgebürdet werden. Jedenfalls nicht, solange diese nicht an den Gewinnen angemessen beteiligt sind. Wolfgang Gerhards, Berlin

Sammeln für die Bedürftigen

In Zeiten, in denen eine 77-jährige Rentnerin wegen Flaschensammelns im Münchener Hauptbahnhof zu 2000 Euro Bußgeld verdonnert wird, muss ich bezüglich der vereinbarten Zahlungen, die sich laut Gericht an den "Vermögens- und Einkommensgegebenheiten" der beiden Bankster orientieren, vermuten, dass beide heute nur unwesentlich über dem Hartz-IV-Niveau dahin vegetieren müssen. Vielleicht sollte man auch hier eine öffentliche Sammlung veranstalten, um die beiden nicht in den Abgrund einer Privatinsolvenz stürzen zu lassen. Oder könnte nicht vielleicht der ehemalige Deutsche-Bank-Chef Ackermann einen Teil dieser Bußgelder übernehmen? Auch Peer Steinbrück könnte ja vielleicht eine Vortragsreihe zugunsten dieser "verarmten" Typen abhalten. Manfred Walter, Unterwössen

© SZ vom 11.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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