Gesellschaft:Teilen - eher unbeliebt

In Deutschland sei der Reichtum ungleich verteilt, schreibt ein Leser. Deshalb fragt er, wo die charismatischen Politiker seien, die die Dinge beim Namen nennen und der Gesellschaft beibringen, dass eine gerechtere Verteilung nötig ist.

"Phantomschmerztherapie", 10. März:

Moral hilft nicht weiter

Stephan Lessenichs in Teilen scharfsinnige soziologische Analyse mündet am Ende in einer verkappten moralischen Vorstellung: "Langfristig gilt für die Wohlfahrtsgesellschaft ... was ihr derzeit auch Martin Schulz noch nicht predigen mag: ihren Wohlstand ernsthaft mit anderen zu teilen." Wie kommt der Autor angesichts der rechtspopulistischen Entwicklungen in den westlichen Demokratien zu dieser Einschätzung? Der Zulauf zu fremdenfeindlichen, nationalistischen, populistischen Parteien zeigt doch gerade, dass ein wachsender Anteil der Menschen dieser Länder ihren Wohlstand nicht teilen will. Das kann man moralisch verurteilen, immer deutlicher aber wird, dass sowohl die "Abstiegsgesellschaft" als auch das noch gut situierte "Wohlstandsbürgertum" sich in einem einig zu sein scheinen: eben nicht "ernsthaft" zu teilen. Hartmut Krauß, Bielefeld

Horizont erweitern

Stephan Lessenich fordert: "Wer heute von der 'Abstiegsgesellschaft' und ihren Sorgen redet, sollte von den Voraussetzungen der Aufstiegsgesellschaft ... nicht schweigen." Aber, und das ist das Erschreckende, man sieht in den großen Parteien keinen Politiker, der von unserem Gesellschaftsvertrag und seinen Klauseln spricht; keinen, der ehrlich die Dinge beim Namen nennte und programmatisch forderte, nicht länger subventionierte Nahrungsmittel aus der EU zu exportieren und faire Preise für Rohstoffe zu zahlen. Wer das täte, könnte die nächste Wahl vergessen. Das bedrückt mich, es ist anscheinend unserem parlamentarischen System eingeschrieben: dass der Horizont exakt bis zur nächsten Wahl reicht. Wo finden wir einen Charismatiker wie Willy Brandt, der unseren Horizont weitet? Norbert Tholen, Jüchen

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