Gentechnik:Unhaltbare Versprechen

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Kürzlich wurden in einem Essay die Chancen des Gene Editing, speziell der Methode Crispr/Cas, betont. Ein Leser hält diese Sichtweise für zu positiv und begründet das mit den Problemen, die Gentechnik bereits hervorgerufen hat.

Was an dem Essay "An die grüne Substanz" vom 25./26. März über das Gen-Editing mit der aktuell diskutierten Methode "Crispr/Cas" stört, sind die umfassenden "Heilsversprechungen", die mit dieser Methode von ihren Befürworten pauschalisierend hervorgebracht werden: Ökologisierung der Landwirtschaft, Artenvielfalt, Produktivitätssteigerung, Anpassung an den Klimawandel, Erhalt kleinbäuerlicher und züchterischer Betriebe oder Vermeidung von Monopolisierung. Das erinnert sehr an die Diskussionen um die "alte Grüne Gentechnik", deren Befürworter auch mit großen Heilsversprechen gestartet sind, wovon fast nichts geblieben ist.

Seriöser und wissenschaftlich fundierter wären eine differenziertere Betrachtung und ein Abwägen der Argumente. Es ist zwar in diesen Zeiten weit verbreitet, alles Erdenkliche zu versprechen und einfache Lösungen anzubieten, dazu sollte man sich aber im Wissenschaftsbereich nicht hinreißen lassen. Leider wird diese Haltung in diesem Essay unterstützt und dabei letztendlich die Schlussfolgerung suggeriert: Bei so vielen Vorteilen darf man doch nicht Nein sagen, das wäre doch unverantwortlich, was schlichtweg falsch ist.

Wie bei den meisten Befürwortern der Gentechnik, so herrscht auch in diesem Essay eine symptomorientierte Sichtweise vor. Es wird versucht, ein - in der Regel selbst hervorgebrachtes - Problem mit der neuen Technologie zu lösen. Auf die Ursachen, die dieses Problem (zum Beispiel Rückgang der Artenvielfalt, hoher Pestizideinsatz) verursachten, wird dabei nicht eingegangen. Dabei wird nicht im Gesamtsystem Landwirtschaft gedacht, sondern es wird, wie in der Wissenschaft weit verbreitet, ein Themenaspekt herausgenommen und isoliert betrachtet. So können keine nachhaltigen Lösungen entstehen, die nächste Sollbruchstelle ist eingebaut - so wie bei der "alten" Gentechnik vielfach sogar mehr Herbizide als weniger angewendet werden, obwohl die pauschalen Versprechungen das Gegenteil propagierten. Dr. Rüdiger Graß, Bad Sooden-Allendorf

© SZ vom 06.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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