Fussball:Verstand in den Beinen

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Der Profifußball hat sich schon lange von allen ethischen Werten entfernt. Neu ist aber die Entschlossenheit, mit der er sich auf die dunkle Seite zubewegt. Der Rest der Welt ist wurscht. Dabei ist Fußball auch immer politisch.

"Ende der Spielzeit" vom 5./6. August:

Pflichtlektüre

Holger Gertz beschreibt ausgesprochen zutreffend, was da im Fußball passiert. Es ließe sich auf nahezu jede Sportart übertragen. Schade nur, dass die Draxlers dieser Welt den Artikel nicht lesen werden. Bei Scholl hätte ich wenigstens ein wenig Hoffnung.

Herbert Bastian, Hamburg

Ich bin dann mal raus

Der Autor spricht mir aus dem Herzen. Meine Konsequenz seit letzter Woche und dieser absurden Transfergeschichte 222: Ich verweigere mich dem schönen Fußball in Stadien und vor dem Fernseher komplett. Schade eigentlich - ich war gern im Dortmunder Stadion. Da wir ja mit und bei allem und jedem mittlerweile registriert werden und unser Konsumverhalten sich den Systemen einschreibt, wird es schon jemand merken.

Harald Redmer, Münster

Merkwürdiges Schweigen

Ich erinnere mich gut, wie Scholl in einer ARD-Sportschau in herzerwärmender Einigkeit mit Jürgen Klopp zum Thema Doping befand, Doping im Fußball funktioniere nicht. Bei Laufleistungen der Spieler von elf bis zwölf Kilometern pro Spiel eine bestenfalls naive Einlassung. Beim aktuellen Verhalten von Scholl frage ich mich: Ist es unter seiner Würde, etwas zu dem Thema zu sagen, fühlt er sich gar persönlich beleidigt oder weiß er, vielleicht aus eigener Anschauung, worüber er nicht sprechen mag?

Hermann Woelke, Dortmund

Tattoos machen Menschen

Ende November 2016 wird Uli Hoeneß in sportpalastartiger Atmosphäre von mehr als 7000 johlenden Mitgliedern gegen 108 Nein-Stimmen erneut zum FC-Bayern-Präsidenten gewählt. Seine Vorstrafe als Steuerhinterzieher hilft ihm dabei: Für viele ist er ein Justizopfer, seine Strafverfolger die Täter. Auf Spielfeldern erregen sich selbst nach brutalsten Fouls tattooverunstaltete Egomanen über Schiedsrichterentscheidungen: Auch sie fühlen sich als Opfer, die Schiedsrichter sind die Täter. Regeln gelten nur für andere. Ethische Grundsätze und Schuldbewusstsein spielen schon lange keine Rolle mehr im modernen Fußball, in dem Spieler zur Ware geworden sind. Gehandelt zu Preisen, die sie entwürdigen, da nur ihr Tauschwert zählt. Ihre Person ist zweitrangig. Sie werden vermarktet wie auf Sklavenmärkten. Der Meistbietende bekommt den Zuschlag. Mit Tattoos und Ritualen nach erzielten Toren können sie zeigen, dass sie noch Menschen und nicht nur Ware sind.

Josef Gegenfurtner, Schwabmünchen

Falsche Lichtgestalt

Den Artikel kann man so zusammenfassen: Spitzenfußballspieler haben ihren Verstand meist in den Beinen; von wenigen Ausnahmen abgesehen (Philipp Lahm). Für den Kopf bleibt selten was übrig. Dass beispielsweise Beckenbauer als Kaiser bezeichnet und als Lichtgestalt verehrt wird, hat dieser nur seinem Mentor Robert Schwan zu verdanken, der ihn unter seine Fittiche nahm und ihm mühsam beibrachte, sich in der Gesellschaft annehmbar zu bewegen.

Albrecht Koppold, München

Fußball ist politisch

Der Artikel auf der Seite Drei beschönigt nichts. Ich fürchte aber, dass die, die in dem Artikel vorkommen, das nicht verstehen. Ich habe vor vielen Jahren in Köln Sport studiert und habe in einer Seminararbeit dargestellt, dass es in der Geschichte der Olympischen Spiele keine nicht politisch und wirtschaftlich geprägten Spiele gab. Wann verstehen wir endlich, dass Sport (Fußball) einen engen Zusammenhang mit Politik hat? Der Artikel ist ein Beitrag dazu. Sehr gut!

Harald Kuhn, Tutzing

Weibliche Parallelwelt

Der Profifußball hat sich tatsächlich immer mehr von der Basis entfernt. Als Fußballfan von Kindesbeinen an, Fußballjugendtrainer, Vater eines fußballverrückten Sohns spüre ich eine gewisse Zerrissenheit. Einerseits die Faszination des Sports, andererseits die große Distanz zum Geschäft, zu den "Volltätowierten", zu den jungen Multimillionären, zu den Trikotkünstlern; übrigens auch zu den Ultras, die im Fußball scheinbar eine Art Ersatzreligion finden. Meine Frau ist Niederländerin, wir wohnen nahe an der Grenze. Wir haben mit unseren beiden Kindern das Frauenfußballfinale besucht. Ein richtig gutes Spiel, fantastische Stimmung, absolut friedlich, der Sport absolut im Vordergrund. Im Frauenfußball besteht allem Anschein nach eine andere, weitaus angenehmere Parallelwelt.

Achim Schäffer, Südlohn

222 Millionen für die Arbeiter

Ich kann Holger Gertz nur voll und ganz zustimmen. Was könnte man mit 222 Millionen Euro alles machen? Katar könnte die unzähligen Wanderarbeiter bestens bezahlen und wenigstens menschenwürdig in klimatisierten Räumen unterbringen, wenn sie schon bei größter Hitze schuften müssen. Katar gilt als eines der reichsten Länder der Welt. Aber für einen Staat, der für einen einzigen Fußballer diese horrende Summe aufbringt, kann man nur noch Verachtung haben.

Bernhard Lindmeyr, Rosenheim

© SZ vom 24.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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