Frankfurt:Kampfplatz Buchmesse

War es richtig, dass der Börsenverein als Veranstalter der Buchmesse in Frankfurt einen Stand des Antaios-Verlages zugelassen hat? Darüber debattieren Leser. Einige meinen, dass der Neuen Rechten zu viel Aufmerksamkeit geschenkt wird.

"Und raus bist du" vom 17. Oktober, "Der Rest ist Gebrüll" vom 16. Oktober und "Zerreißprobe" vom 11. Oktober:

Gelächter als Waffe

Man fasst es nicht, wie es möglich ist, dass erwachsene, gebildete Menschen auf die geistigen Ausscheidungen der Autoren des Antaios-Verlages in sich selbst entehrender Brüll-los-und-hau-drauf-Manier reagieren, statt sich vor dem Stand des Verlages zu versammeln und ob der Erbärmlichkeit des Präsentierten gemeinsam in schallendes Gelächter auszubrechen.

Natürlich sind Verachtung und Gelächter zwar gesellschaftlich, nicht aber politisch brauchbare Antworten auf die Dunciaden der (Neuen) Rechten, man muss ihnen auch die Themen wegnehmen, mit denen sie das Volk auf ihre Seite wiegeln wollen. Das aber geht am besten dadurch, dass man auf die politisch-gesellschaftlich drängenden Fragen der Zeit eigene Antworten aus dem Kontext der eigenen Überzeugungen findet und gibt, statt sich bei den mehr Parolen als Aussagen zur Sache gleichenden Wortspenden der Rechten im Lande aufzuhalten. Soziale Schieflagen und Ungerechtigkeiten beseitigt man nicht dadurch, dass man in der unergiebigen Endlosschleife mit der Rechten über Zuwanderung und Identität palavert, sondern auf sachliche Probleme sachliche Antworten findet und diesen zügig legistische und exekutive Taten folgen lässt.

Buchmesse Frankfurt - Protest bei Höcke-Lesung

Demonstration gegen eine Lesung des Thüringer AfD-Sprechers Björn Höcke auf der Buchmesse in Frankfurt.

(Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Ich für meinen Teil bleibe dabei, mich mit all diesem Geschwurbel so wenig wie irgend möglich zu beschäftigen, weil ich es nicht ernst nehmen kann und will. Und wann immer den Schwurblern die Worte ausgehen und sie gewalttätig werden, sind die Antwort darauf wiederum der kräftige Arm der Polizei und angemessen deutliche Urteile der Justiz. Dr. Jörg Femers, Brandenburg

Grundsätze ermöglichen Verbot

Einer der Berichte über den Tumult bei der diesjährigen Frankfurter Buchmesse wegen der Anwesenheit neorechter Verlage und Autoren kommt zu dem Schluss, dass man einen Stand nur verbieten könne, "wenn er sich strafrechtlich schuldig gemacht hat". Doch das geht an der Sache vorbei: Veranstalter der Buchmesse ist der Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V., eine privatrechtliche Körperschaft. Er unterliegt zwar einem Willkürverbot, kann aber ansonsten Zulassungen zur Buchmesse in der Anwendung eigener Grundsätze versagen.

Dass der Börsenverein sich nicht getraute, davon Gebrauch zu machen und sich stattdessen lediglich verbal von den braunen Schafen distanzierte - darin liegt das Problem.Herbert Begemann, Maintal

Das Recht, gehört zu werden

Auch die Menschen der "Neuen Rechten" haben ein Recht, gehört zu werden und nicht, wie die Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank es fordert: klare Strategien für den Umgang mit rechten Gruppen für die nächste Buchmesse zu entwickeln. Brüll- und Pfeifkonzerte, die die demokratische Wahl behindern sollten, kamen nicht nur als Echo von rechts. Genau so dumm und infantil ist es, die AfD-Wähler als verirrt und verwirrt zu analysieren. Jutta Wölk, München

Kamera läuft

Am ersten Messetag ging ich zum Antaios-Verlag, weil ich mir seine Bücher einmal ansehen wollte. Dazu kam ich nicht, weil schon wieder ein Fernsehteam dort zugange war und filmte. So viel Medieninteresse wünsche ich mir als Verlegerin auch! Schließlich ist im persona verlag gerade ein brisantes Buch zum Thema IS erschienen, "Der Zorn der Feiglinge" von Rachid Benzine. Zu uns hat sich leider kein TV-Team verirrt. Lisette Buchholz, Mannheim

Geschliffene Sprache - na und?

Wie kann es sein, dass der Rechtsextremismus eine Plattform bei der Frankfurter Buchmesse erhält? Die Identitäre Bewegung ist offen antisemitistisch und rassistisch. Manche ihrer Vertreter beherrschen eine geschliffene Sprache - na und! Es ist wurstegal, in welcher Verpackung Volksverhetzung daherkommt. "Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch" - alles vergessen im Jahr 2017?

Und was ist das für eine Geschichte von einem angeblich linksliberalen Intellektuellen, der mit einer Rechtsradikalen verheiratet ist? Das ist ja nicht einmal ein Fall für den Erziehungsberater Jesper Juul, das ist nur absurd und vor allem unglaubwürdig. Eliz Simon, Vellberg

"Hanswurste oder Verbrecher"

Vergeht überhaupt ein Tag, an dem nicht über jene berichtet und gesendet wird, die sich mit ihrer brauner Gesinnung jetzt wieder aus der Ecke trauen?! Hat das nicht viel - wenn nicht sogar hauptsächlich - damit zu tun, dass sie jetzt tagtäglich Aufmerksamkeit bekommen und ihr "Schrei nach Liebe" Resonanz findet?

Ich bin sicher, dass diese sich an jenem (ihrem Vorbild) orientieren, der geschrieben haben soll: "Ganz gleich, ob sie über uns lachen oder schimpfen, ob sie uns als Hanswurste oder als Verbrecher hinstellen; die Hauptsache ist, dass sie uns erwähnen, dass sie sich immer wieder mit uns beschäftigen (...)." (Zitiert aus: Ian Kershaw: Hitler 1889-1936, München 2013, Seite 192). Von daher wäre es schon eher wünschenswert, diese Meinung nicht zu veröffentlichen ...Dr. Bernd Bitzer, Ritterhude

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