Euro:Auf dem Rücken der Deutschen 

Einem europäischen Finanzausgleich wollen SZ-Leser nicht zustimmen. Warum sollen gerade die Deutschen ihre Nachbarn dauersubventionieren, wo sie doch auch mit nationaler Währung Erfolg haben könnten?

Euro: Strahlender Euro? Es ist wohl eher ein Flackern...Ottmar Hörls Skulptur vor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt.

Strahlender Euro? Es ist wohl eher ein Flackern...Ottmar Hörls Skulptur vor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt.

(Foto: Amelie Querfurth/AFP)

"Mehr Mut zum Euro" vom 3./4./5. Juni:

Es geht auch anders

Politische Integration, Solidarität und mutige Politiker sollen die selbst geschaffenen Probleme rund um den Euro lösen. Gerade haben wir in Deutschland den alten Länderfinanzausgleich abgeschafft, da plädiert Catherine Hoffmann für europäischen Finanzausgleich zwischen starken und schwachen Ländern - eine neue Umverteilung. Dabei übersieht die Autorin die derzeit von der Europäischen Zentralbank mit ihrer Zinspolitik organisierte gigantische Umverteilung von Milliarden Euro entgangener Zinserträge einfacher Sparer zur Deckung ihrer Lebensrisiken und Altersvorsorge hin zu den ausgabefreudigen Politikern in Europas Süden, einschließlich Frankreichs. Auch unsere Finanzminister profitieren.

Im nationalen Rahmen macht ein Steueranteilsregelwerk, wie es jetzt zwischen unserem Bund und unseren Ländern anstelle des alten Finanzausgleichs vereinbart worden ist, noch Sinn.

In Europa soll nun der von unseren Eliten geschaffene Euro koste es was es wolle durch eine Transferunion gerettet werden. Der Schlüssel dazu sind gemeinsame Haftung für die Schuldenländer des Südens und die deutsche Mithaftung für die gigantischen faulen Kredite der Banken des Südens. Im Ergebnis soll der deutsche Steuerzahler über die Lasten der gemeinsamen Währung die Profiteure in der deutschen Exportindustrie subventionieren, obwohl die Exportüberschüsse zu einem internationalen Ärgernis geworden sind.

Am Beispiel der Ostländer und Westländer in der europäischen Gemeinschaft, die ihre eigene Währung behalten haben, kann jeder Interessierte nachvollziehen, dass man Erfolg auch außerhalb des Euro haben kann. Auch ein assoziiertes Exportland wie die Schweiz hat ihren harten Schweizer Franken, ihren Wohlstand und ihre Vollbeschäftigung erhalten und gestärkt. Das Gleiche gilt für Dänemark und Schweden. Die Entwicklungsmodelle in Polen, Tschechien, Ungarn ruhen ebenfalls auf eigenständiger Währungsbasis. Warum um alles in der Welt sollen deutsche Steuerzahler mit dem Euro das schwache Frankreich oder Italien, Griechenland, Zypern vor ihren plündernden Politikern retten?

Rüdiger Vehof, Erfurt

Naive Vorstellung

Die Autorin bemüht sich mit viel Sachverstand und für Laien verständlich, die gewiss nicht simplen Zusammenhänge der Schuldenkrise sinnvoll zu ordnen. Ergänzungswürdig finde ich zwei wichtige Tatbestände, die Hans Werner Sinn beschrieben hat. Dabei geht es um das heikle Thema Euro-Bonds. Martin Schulz hatte dieser permanenten Forderung der Südländer schon als Ratspräsident zugestimmt. Angela Merkel lehnte dieses Ansinnen nicht ohne Pathos ab: "Nicht solange ich lebe. Tatsächlich aber hat sie am 29. Juni 2012 in einer Regierungskonferenz zur Bankenunion dem EZB-Chef Draghi im Beisein von Nicolas Sarkozy und Mario Monti grünes Licht für sein OMT-Programm (Outright Monetary Transaktion, what ever it takes) gegeben und damit auch einer etwas schwächeren Version der Euro-Bonds zugestimmt. Schwach heißt: Haftung nicht gesamtschuldnerisch, sondern nur anteilig entsprechend der Wirtschaftskraft und der Größe der Länder. Zwei Jahre später lehnte das Bundverfassungsgericht den OMT-Beschluss wegen Mandatsüberschreitung ab. Das Urteil wurde aber im Juni 2016 vom EuGH korrigiert und gegenteilig beantwortet.

Die sogenannten Target-Salden (derzeit mehr als 800 Milliarden) wachsen ständig und spiegeln die Asymmetrien (Überziehungskredite und Geldwanderungen von Süd nach Nord) wieder. Zum Zweiten geht es um die Auswirkungen des Brexit. Der Austritt Englands ist in wirtschaftlicher Hinsicht gleichbedeutend mit dem Austritt der 2o kleinsten von 28 EU-Ländern. Damit verliert Deutschland zusammen mit anderen weltoffenen und freihandelsorientierten Ländern die Sperrminorität bei Entscheidungen des EU-Ministerrats. Die ursprüngliche naive Vorstellung der Bundesrepublik war, dass eine unabhängige EZB eine für alle Länder gleichmäßige Politik der Preisstabilisierung betreiben würde, (deshalb jedes Land nur eine Stimme). Stattdessen hat sich die EZB zu einer gigantischen Behörde zur Rettung von Staaten und Banken in Europa entwickelt. Das alles ohne demokratisches Mandat.

Wolfgang Gimmler, Oberstdorf

Das Papier nicht wert

Die Autorin plädiert für ein solidarisches Europa. Im Klartext heißt dies: Deutschland soll noch mehr zahlen. Dabei sind wir heute schon mit vielen Hundert Milliarden solidarisch für Europa. Sie schreibt, dass Italien allein der EZB 400 Milliarden schuldet, die es nicht bezahlen kann. Wer zahlt dann wohl? Die Wurzel allen Übels ist der Euro bzw. die Nichteinhaltung der Maastricht-Kriterien. Vor dem Euro musste jedes Land seine Finanzen in Ordnung halten. Unter der Prämisse, dass dies weiterhin gilt, dass mit dem Euro keine Transferleistungen verbunden sind, traten wir der Währungsunion bei. Wenn dies so wäre, wozu bräuchten wir einen europäischen Finanzminister? Kaum ein Land hält sich an die Vereinbarungen. Bestraft wird niemand. Verträge und Abkommen im Euro-Land sind nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben sind. Das fördert den Marsch in eine Schuldenunion, unterstützt von Herrn Draghi. Reformen werden in die Zukunft verschoben. Die Wahrheit ist: Die Südländer schielen auf das Geld der Nordländer, besonders auf das der Deutschen. Mehr Solidarität bedeutet auch offiziell Dauersubvention an die Südländer, de facto haben wir sie bereits. Die Lage der Empfänger bessert sich dadurch nicht, wie der Länderfinanzausgleich in Deutschland zeigt. Wo blieb eigentlich die Solidarität Europas in der Flüchtlingsfrage? Deutschland hat mehr Migranten aufgenommen als alle anderen zusammen. Und arbeiten wir demnächst bis 67, damit die Franzosen mit 60 oder 62 in Rente gehen können? So habe ich mir die EU nicht vorgestellt.

Albin Beck, Ehingen/Donau

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