Elektromobilität:Batterien reichen nicht

Abgasaffäre, Kartellvorwurf und Dieselgipfel sind die Gegenwart. Und was ist mit dem Auto der Zukunft? Die Leser glauben nicht, dass die Batterie die Lösung ist. Sie setzen auch auf Wasserstoff, Tempolimit und aufs Wenigerfahren.

Elektroauto

SZ-Zeichnung: Denis Metz

"Ein Königreich unter Strom" vom 27. Juli, "Ladehemmung" und "Reißbrett ohne Kohle" vom 1./2. Juli sowie weitere Artikel zum Thema:

Straßensport Ende

Mir fällt auf, dass so gut wie nie über den Energieverbrauch für die Herstellung und die Entsorgung der hochgiftigen Batterien gesprochen wird. Ein weißer Fleck auf der Debattenkarte. Wie lange gibt es schon den Prius? 15 Jahre, 20 Jahre? Mit diesem Konzept plus Tempolimit, plus defensivem Fahren - wozu dieses Auto durchaus erzieht - könnten ab sofort große Mengen an fossilen Brennstoffen gespart werden. Und wenn die Deutschen dann noch ihren 400-PS-Wahn aufgeben, wenn junge Fahrer wie reiche Silberrücken endlich aufhörten, auf der Straße Sport zu treiben (weiß der Teufel, warum sie das nötig haben), dann wäre mit einem Mal eine Menge gewonnen.

Christian Röpke, München

Wer, wenn nicht wir?

Trotz staatlicher Kaufanreize, trotz starkem Umweltbewusstsein der Bürger dümpelt die E-Mobilität in Deutschland vor sich hin, erfolglos. Ist das ein Wunder? Nein. Die Akzeptanz wird erst dann schlagartig gegeben sein, wenn ein Vater in seinem Elektroauto mit seiner Familie samt Gepäck vollgeladen so in den Urlaub fahren kann, wie er es seit Jahrzehnten gewohnt ist. Er muss zu den gleichen Kosten, unter gleichem Zeitaufwand sein Urlaubsziel - das immer noch 1200 Kilometer entfernt liegen darf - erreichen können. Das alles ist momentan nicht möglich. Weil die Kapazität der Akkus nur bei wenigen 100 Kilometern liegt. Weil das Wiederaufladen der Akkus mehrere Stunden dauert. Weil die Zahl der möglichen Ladezyklen begrenzt ist. Weil der Preis der Akkus sehr hoch ist, die Ladeinfrastruktur fast völlig fehlt und die Entsorgung ungeklärt ist. Sie merken: Die Liste ist endlos. Das muss sich alles ändern. Deutschland ist ein Land voller Erfinder, hoch spezialisierter Ingenieure und technischer Hochschulen mit unzähligen Instituten, die einer solchen Aufgabe sicher gewachsen wären. Wir schaffen das!

Andreas Hebestedt, Griesheim

Mit Wasser aufladen

Ich bezweifle, dass der Weg zur Elektromobilität allein mit der Batterie der richtige Weg ist. Denn: Notwendige Bestandteile von Batterien sind Kobalt und Lithium, die hohe CO₂-Kosten bei der Produktion verursachen. Von den Umweltschäden beim Abbau der Rohstoffe - der nur in wenigen Weltregionen, wie im Kongo oder in Bolivien möglich ist - mal ganz abgesehen. Und von den neuen Abhängigkeiten, die geschaffen würden. Zweitens, das Problem mit der Entsorgung. Wie hoch ist der Anteil, der wirklich recycelbar ist? Warum bitte, setzen wir nicht auf Wasserstoff? So wie Japan. Bis zu den Olympischen Spielen 2020 will das Land eine "Hydrogen-Society" sein. Eine Gesellschaft, die Strom und Wärme sauber auf Wasserstoffbasis herstellt. In Deutschland wird das Potenzial der Brennstoffzelle, mittels derer "grüner Wasserstoff" in elektrische Energie umgesetzt wird, völlig übersehen.

Sven Jösting, Hamburg

Selbsterzeuger

Da wird landauf, landab für das Auto mit dem Elektromotor geworben, als sei das die Lösung für die Zukunft. Die Ökobilanz für Batterien und Fahrbetrieb ist verheerend. Es geht auch nicht um Diesel oder Benziner. Erfolg versprechen Verfahren, die Methanol aus Luft, Kohlenstoffdioxid, Wasser und Enzymen herstellen. Das funktioniert bereits, begleitet vom Fraunhofer-Institut, teilfinanziert von der EU. Ziel ist es, dezentrale Kleinanlagen zu erschwinglichen Preisen herzustellen, so dass sich jeder Solarstrom-Erzeuger seinen eigenen Treibstoff herstellen kann. Methanol ist unkompliziert lagerfähig. Auch sonst ist der Gasantrieb eine saubere und bereits bewährte Alternative. Mit dem Elektroauto fahren wir in eine ökologische Sackgasse.

Dr. Werner Siegert, Stockdorf

Kalkuliertes Versagen

Glaubt tatsächlich jemand, dass die E-Mobilität unbeabsichtigt außer Acht gelassen wurde? Viel interessanter ist die Frage, warum Industrie und Politik sie so lange links liegen gelassen haben. Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU schreibt vor, dass die Mitgliedsstaaten bis 2020 mindestens zehn Prozent der konventionellen Kraftstoffe durch Kraftstoffe aus erneuerbaren Quellen ersetzen müssen. Jedes Land entscheidet selbst, ob es dazu verstärkt auf Biomasse oder auf Strom setzt. Auf den ersten Blick sind Biokraftstoffe der kostengünstigere Weg, weil der Agrosprit, im Gegensatz zu den strombasierten Kraftstoffen, das Beibehalten des traditionellen Verbrennungsmotors ermöglicht. Das gefiel Daimler, VW und Co., die Entwicklung neuer Antriebe ist ja teuer. Daimler-Chef Zetsche schließt daher unaufhörlich eine Zukunft ohne Verbrennungsmotor aus. Recht hat er. Man kann ja nicht wissen, ob die Lungen der Städter eine abrupte Reduzierung von Stickoxidemissionen überhaupt vertragen. Schnell wird es dazu nicht kommen. Dafür sorgen unabhängige Forschungsinstitute wie das Ifo-Institut, die im Auftrag des Verbandes der Automobilindustrie zeigen, dass die Abschaffung des Verbrennungsmotors auch volkswirtschaftlich keine ernstzunehmende Lösung darstellt. Dass Deutschland heute bei der E-Mobilität hinterherhinkt, ist kein Versäumnis, vielmehr ein Versagen mit Ansage.

Judith Puttkammer, Berlin

Sparen verboten

Beim Thema Elektromobilität wird die Lösung "weniger Leistung und geringerer Konsum" nicht einmal erwähnt. Ist das Zufall? Der Versuch, alles so laufen zu lassen wie gewohnt - nur eben elektrisch und wahnsinnig umweltfreundlich - wird scheitern. Fahrzeuge mit geringen PS-Zahlen und weniger Eigengewicht, die kürzere Strecken unter striktem Tempolimit zurücklegen - das wäre ein wirksamer Beitrag für die Zukunft. Sie wird aber nicht diskutiert, weil der Verzicht das große Tabu unserer Existenzform ist. Weniger wäre vernünftig, ist aber leider verboten.

Bernhard G. Suttner, Windberg

Aus Liebe zum Auto

Es fehlt in Deutschland nicht an Ressourcen, nicht an Technik. Es fehlt die Bereitschaft, bürokratische Hemmnisse und Denkblockaden zu beseitigen. Ein Beispiel: Wenn die Firma einem Mitarbeiter Strom vom Firmendach im Wert von 18 Euro im Monat bereitstellt, der für 14 000 Jahreskilometer ausreicht, dann ist eine Messeinrichtung vorzuhalten, Stromsteuer zu zahlen, EEG-Umlage zu zahlen, ein geldwerter Vorteil zu versteuern et cetera. Ähnliches gilt, wenn die Firma ein E-Bike zur Verfügung stellt oder ein Busticket. Aber den Stellplatz für ein konventionelles Fahrzeug mit monatlichen Kosten von rund 50 Euro umsonst bereitzustellen - dazu ist sie sogar verpflichtet. Systematischer kann Politik Innovation gar nicht behindern.

Johannes Lackmann, Paderborn

Längst alles da

Bei aller Euphorie um das Elektroauto, das von den Politikern, die es propagieren, weder gekauft noch gefahren wird, fragt sich: Warum schafft die Politik nicht die Rahmenbedingungen, die der Gesundheitsschutz und das Pariser Klima-Abkommen einfordern? Warum verschärft sie die Grenzwerte für Kohlenstoffdioxid, Stickoxide und Feinstaub nicht entsprechend dem besten Stand der Technik? Der Toyota Prius 4 verbraucht drei Liter Benzin, stößt damit weniger CO₂ aus als ein BMWi3 und unterbietet heute schon die für 2020 angepeilten Grenzwerte der EU. Wären nur Fahrzeuge mit der Synergy-Drive Technologie des Prius im Verkehr unterwegs, wäre Umweltverschmutzung durch Autos kein Thema. Zweitens: Warum liegt der Preis für einen Liter Diesel, gemäß seinem Energiegehalt, nicht bei zehn Prozent über dem von Benzin? Auch mit den aufwendigsten Abgasentgiftungsmaßnahmen wird er nie die Umweltverträglichkeit eines einfachen Otto-Motors ohne Direkteinspritzung und damit ohne Feinstaubemissionen erreichen. Und drittens, warum gibt es keine Geschwindigkeitsbegrenzung auf die weltweit üblichen 130 km/h? Der Umwelt wäre geholfen, die Unfallzahlen würden sinken. Wie kann eine Regierung, die offensichtlich mit einer kurzsichtig argumentierenden Autolobby zusammenarbeitet, behaupten, die Beschlüsse der Pariser Klimakonferenz hätten für sie oberste Priorität?

Dr. Heiko Barske, Seefeld

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