Doppelpass:Nicht per se illoyal

Die doppelte Staatsbürgerschaft ist wieder in die Kritik geraten. Während manche Leser fordern, sie abzuschaffen, um Klarheit herzustellen, verteidigt eine Leserin sie. Wahlkämpfe müssten allerdings anders geführt werden.

"Zwischen den Welten" vom 14. März sowie "Wichtiger Beitrag zur Integration" und "Doppelpass in der Kritik" vom 13. März:

Bürger mit deutschem Pass und dem Pass eines anderen Landes - auch eines türkischen - sind nicht per se illoyale Deutsche! Gegen die Tatsache, dass Auslandstürken (auch Doppelbürger) sich an Wahlen in der Türkei beteiligen dürfen, ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Allerdings halte ich öffentliche Wahlkampf-Auftritte von politischen Vertretern - welchen Landes auch immer - im Ausland für nicht akzeptabel. Ausführliche Informationen mit den Argumenten zum Für und Wider einer Vorlage, die man vor allem im Ausland braucht, sollten die Wahlberechtigten schriftlich erhalten, wie das zum Beispiel die Schweiz bei allen Wahlen und Volksabstimmungen in vorbildlicher Weise praktiziert. So kann man sich zum Beispiel als Schweizer auch im Ausland umfassend informieren, bevor man seine Stimme abgibt. Auch als Doppelbürger hat man damit die Chance, sich am politischen Leben des Landes zu beteiligen, in dem man nicht dauerhaft lebt. Adelheid Wälti, München

Man darf Klarheit verlangen

In oben genannten Artikeln habe ich kein Argument und keinen Beleg für die Aussage gefunden, der Doppelpass sei ein wichtiger Beitrag zur Integration. Es ist ja auch schwer verständlich, warum sich ein Mitbürger mehr als Deutscher fühlen soll, wenn er gleichzeitig noch eine türkische Identität besitzt. Man wolle den türkischen Bürgern Konflikte ersparen, ist zu lesen, indem man ihnen keine Entscheidung abverlange. Das mag edel sein, geht aber doch an der Wirklichkeit vorbei. Diese ist, dass auch nach drei Generationen hier im Land viele türkische Mitbürger immer noch eher Türken sind als Deutsche - sonst würden sie ja nicht in einen Entscheidungskonflikt gestürzt.

Viele Türken in Deutschland werden für Erdoğan und sein autoritäres Regime stimmen. Sie sind selbstverständlich zur Türkei loyal. Sie fühlen sich türkisch, leben türkisch (so gut es geht, in Deutschland), heiraten türkisch - warum sollen sie einen deutschen Pass haben? Und die, die sich hier verwurzelt haben, werden auch kein Problem haben, auf den türkischen Pass zu verzichten. So viel Klarheit sollte man schon verlangen können. Ulrich Wißnet, Türkenfeld

Feinde im eigenen Haus

Wenn wir von Integration sprechen, dann meinen wir im Grunde, dass sich jemand mit dem existierenden Deutschland identifizieren solle. Ob in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern sich damit identifizieren, lässt sich freilich weder durch einen Doppelpass fördern noch durch das Optionsmodell, also eine nach dem 23. Lebensjahr geforderte Entscheidung, erzwingen. Wie die AfD und ihre Anhänger zeigen, identifizieren sich aber auch nicht alle Deutschen zwangsläufig mit dem gegenwärtigen Deutschland, sondern stehen auf Grund einer Identifizierung mit einem imaginierten "Volk" Teilen der Bevölkerung und insbesondere der deutschen Regierung feindlich gegenüber. Dr. Jens Lipski, München

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