CSU:Der eine kann nicht warten, der andere will nicht gehen

Markus Söder und Horst Seehofer sind nach Meinung von Lesern zwei Politiker gleichen Schlages. In Briefen zerpflücken sie beider Agenda - aber auch die JU.

CSU: Die Fans zeigen Flagge: Mitglieder der Jungen Union Bayern machten bei ihrer Landesversammlung in Erlangen Markus Söder (rechts) deutlich, wie sehr sie ihn sich als Nachfolger von Ministerpräsident Horst Seehofer wünschen.

Die Fans zeigen Flagge: Mitglieder der Jungen Union Bayern machten bei ihrer Landesversammlung in Erlangen Markus Söder (rechts) deutlich, wie sehr sie ihn sich als Nachfolger von Ministerpräsident Horst Seehofer wünschen.

(Foto: dpa)

"Operation am Rückgrat" und "Eine Partei, die sich selbst zerstört" vom 6. November:

Unanständiger Aufstand

Obzwar seit über 40 Jahren Mitglied in der CSU, folge ich in einigen wichtigen Fragen nicht der Politik Horst Seehofers. Doch der unanständige Aufstand der Jungen Union gegen ihn lässt mich erschrecken. Geht's noch dümmer? Den erfahrenen Frontmann der CSU in den schwierigen Berliner Verhandlungen so zu demontieren? Wenn diese nachfolgende Generation einmal in der CSU das Sagen haben und Bayern mit dieser Art von politischer "Klugheit" und in diesem miesen Stil Bayern regieren sollte, kann einem angst und bange für unser Land werden. Peter Maicher, Zorneding

Kontrollverlust

Markus Söder, "Hoffnungsträger" der CSU, beklagt - nicht zu Unrecht - den Kontrollverlust des Staates im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik. Er verspricht, die Sorgen der kleinen Leute ernst zu nehmen. Die Paradise Papers legen nunmehr einen jährlichen Steuerschwund in der Größenordnung von 17 Milliarden Euro offen. Sogenannte "Cum-Ex-Deals" kosteten den Staat ebenfalls Milliarden. Das ist wohl erst recht ein Kontrollverlust des Staates, dieses Mal unter den Augen der Steuer- und Finanzpolitiker! Markus Söder ist in seinem Hauptamt Finanzminister. Er wäre gut beraten, zuallererst im eigenen Aufgabenbereich die Sorgen der hart arbeitenden Mitte und deren Steuerzahler ernst zu nehmen, bevor er höhere Weihen anstrebt. Lothar Panzer, Mammendorf

Futter für die AfD

Wenn man, wie ich, nach fast 30 Jahren Mitgliedschaft im Jahr 2011 aus der CSU ausgetreten ist, glaubt man, dass man sich über nichts mehr wundern und schon gar nicht ärgern sollte. Aber immerhin regiert die CSU Bayern - und zwar mit absoluter Mehrheit und ziemlich gut, sodass man als Bürger natürlich von den Vorgängen in dieser Partei betroffen ist. Die CSU hat im Übrigen mehr Prozent der Wähler hinter sich gebracht als alle anderen Parteien!

Was hier gerade vor sich geht, ist meiner Meinung nach an Hirnlosigkeit nicht mehr zu überbieten. Wie soll ein so beschädigter Ministerpräsident und CSU-Vorsitzender in Berlin Verhandlungen führen, die für das ganze Land und auch für Bayern gut sind? Ich verstehe natürlich, dass auch die Jungen "mal ranwollen". Das war schon immer so, und die JUler, die ich von früher kenne, sind inzwischen auch schon ältere Damen und Herren - wobei Jugend allein ja noch kein Qualitätskriterium ist. Aber dies ist definitiv der dümmste Zeitpunkt von allen.

Ich habe gar nichts gegen Markus Söder, ich halte ihn im Gegenteil für hochintelligent und mutig; ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass das, was hier passiert, wirklich in seinem Namen geschieht. Am schönsten und wirksamsten wäre es natürlich, wenn sich die beiden Alphatiere zusammentäten ... Wenn die CSU so weitermacht, wird sie nicht nur die absolute Mehrheit verlieren, sondern sie wird die Wähler in Scharen der AfD zutreiben. Wenn das ihr Ziel ist, dann ist sie auf einem sehr guten Weg. Ursula Sabathil, München

Seehofer ließ ihn gewähren

Die schwelende CSU-interne Diskussion über die Zukunft von Ministerpräsident Horst Seehofer sollte schnellstens beendet werden. Und zwar dadurch, dass Seehofer seinen Rückzug aus der Politik ankündigt und einen personellen Neuanfang sowohl in der CSU als auch im bayerischen Kabinett ermöglicht. Dass dieser Neuanfang aller Voraussicht nach mit einem Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten Markus Söder verbunden sein wird, mag sicher nicht bei jedermann Jubelstürme auslösen, aber von den vorhandenen Alternativen hält offensichtlich die Mehrheit der Parteimitglieder Söder für die beste.

Und Seehofer hat Söder zum bayerischen Finanzminister gemacht und ihm damit die Basis verschafft, sich dank kräftig sprudelnder Steuereinnahmen bei denjenigen lieb Kind zu machen, auf deren Unterstützung er auf dem Weg zum Amt des Ministerpräsidenten angewiesen ist. Söder hat es trefflich verstanden, seine diesbezüglichen Chancen zu nutzen und sich "politische" Freunde und Unterstützer zu schaffen.

Und Ministerpräsident Horst Seehofer hat ihn - aus Sicht vieler Gegner Söders - fahrlässigerweise stets gewähren lassen! Sepp Kufner, Ismaning

Es kann noch schlimmer kommen

Es tut selbst einem Bürger, der nicht im Verdacht steht, einer der beiden "C"-Parteien zuzuneigen, schon gar nicht der christlichsten der beiden (die aber nie christlich gedacht und gehandelt hat) weh zu sehen, wie sie sich blindlings zerstört, wobei es prima causa der Vorsitzende selbst ist, der im Übrigen sich und seine Partei bundespolitisch maßlos überschätzt.

Die CSU hat sich immer dezidiert als eigenständige Partei verstanden (es sei an den Kreuther Beschluss erinnert), agiert mithilfe der CDU bundesweit und ist aber oft faktisch als Gegner der Schwesterpartei aufgetreten. Mit ihrem bayerischen Misserfolg bei den Bundestagswahlen 2017 (es kann noch schlimmer kommen!) hat sie bundesweit sechs Prozent erreicht, also die Fünf-Prozent-Hürde gerade noch geschrammt, und ist damit die kleinste der Koalitionsparteien - mit dem kompromisslosem Auftreten eines Wahlsiegers! Es könnte an der Selbstüberschätzung des nicht mehr allzu großen Vorsitzenden liegen, wenn "Jamaika" scheitert. Die CSU sollte sich auf Bayern konzentrieren.

Dr. Jürgen Dreher, München

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: