Autoindustrie:Es stinkt zum Himmel

Der Dieselskandal brachte nun auch Kartellabsprachen der deutschen Autobauer an den Tag. Leser und Leserinnen sind empört. Sie erklären nicht nur die Politiker zu Mitschuldigen, sondern auch die Kunden.

Autoauspuff

Der Diesel-Skandal brachte nun auch Kartellabsprachen der deutschen Autofirmen an den Tag.

(Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

"Ein ungeheurer Verdacht" vom 22./23. Juli, "Das war alles bekannt" und "EU verliert im Abgas-Skandal Geduld mit Autobauern" vom 21. Juli, "Aus dem Staub" vom 15./16. Juli und "Wir doch nicht" vom 14. Juli sowie weitere Artikel zum Thema:

Kunden als Komplizen

Jetzt ist es offenkundig: Alle Autokonzerne sind an den Anforderungen für einen sauberen Diesel gescheitert. Deshalb mussten sie sich absprechen, im Hinblick auf Schadstoffausstoß zu schwindeln. Ich kann mich erinnern, dass in den 60er- und 70er-Jahren der Diesel als lahm verschrien und nichts für den dynamischen Autofahrer war. Die Industrie griff dessen Wünsche auf und entwickelte Höllenmaschinen - auf Kosten des Schadstoffausstoßes. Wie wäre die Entwicklung des Diesels verlaufen, wenn auf deutschen Autobahnen eine Höchstgeschwindigkeit von 130 Stundenkilometer eingeführt und von vornherein auf Schadstoffminimierung geachtet worden wäre? Kunden und Autohersteller gingen eine Komplizenschaft ein. Die wenigsten Kunden legten sich ein Dieselfahrzeug zu, um die Umwelt zu schonen. Lange Zeit gab es Vermutungen und Hinweise auf Manipulationen hinsichtlich Schadstoffausstoß, die niemanden interessierten. Nun, da amerikanische Umweltbehörden aktiv wurden und sogar bei uns Fahrverbote und Betriebslizenzentzug drohen, herrscht Heulen und Zähneklappern. Alle zeigen mit dem Finger auf die böse Industrie. Fasst Euch an die eigene Nase, deutsche Autofahrer, bekennt euch ebenso schuldig. Es gab, gibt und wird keinen sauberen Diesel geben, wie ihr ihn verlangt.

Johann Eberl, München

Zur Körperverletzung verabredet

Wenn sich eine Bande bildet, um gemeinschaftlich Körperverletzung zu begehen, wird das umgehend Staatsanwälte zur Strafverfolgung veranlassen. Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gilt auch für Menschen, die durch Stickoxide oder Dieselruß an Asthma erkranken. Wieso werden Manager der Autobranche nicht vor Gericht gestellt, um sich dafür zu verantworten?

Rolf Sintram, Lübeck

Über Werte sprechen

Warum erzählen wir unseren Kindern eigentlich immer wieder, dass es sich lohnt, fleißig zu sein (um bei der Prüfung nicht schummeln zu müssen), ermuntern sie, bei Problemen nicht den krummen, sondern den geraden Weg zu gehen, sagen ihnen, dass Ehrlichkeit und Mut zu einer eigenständigen Meinung sich immer lohnen ... und dann kungeln die smarten Herren (ist das ein Argument für oder gegen die Frauenquote) der Autoindustrie, dass sich die Balken biegen, respektive die Reifen quietschen. Vielleicht ist bei diesen Zu- und Vorständen eine Debatte über Werte wichtiger und nötiger als anderswo.

Gerlinde Gropper, Aschau i. Chiemgau

Neue Wege

Wir müssten doch die historische Chance (Abgas-Skandal, exorbitante Flächenversiegelung, Dauerstau) nutzen, den öffentlichen Fern- und Nahverkehr vorrangig auszubauen und attraktiver zu gestalten. Die Politik will dem bestehenden, maroden und völlig überlasteten Individual-Verkehrssystem nur eine andere Antriebsenergie (E-Technik) überstülpen.

Rupert Pröbstl, Schongau

Die Politik half mit

Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer zeigt in "Das war alles bekannt" auf die Richtigen: Die Politik hat jahrzehntelang alles getan, was die Autolobby wollte. Immer hieß es, bei zu hohen Anforderungen an die Autofirmen würden Arbeitsplätze in Gefahr sein. Und dabei gibt es nichts Schädlicheres für die Entwicklung neuer Ideen als fehlender Anforderungsdruck. Die Quittung bekommen die Autoindustrie und die deutsche Politik jetzt massiv: Die Verbrennungsmotoren gehen auf ihr Ende zu, und die Alternativen wie E- oder Wasserstoffautos sind noch nicht reif. Das beides zusammen kostet Arbeitsplätze. Gerade Deutschland zeigt wieder einmal, dass es - in Anbetracht fetter Gewinne - die automobile Zukunft verschlafen hat.

Es ist zu hoffen, dass die Gerichte in Stuttgart hart bleiben und Fahrverbote für Dieselautos verhängen. Der jetzige Aktionismus von Verkehrsminister Alexander Dobrindt, dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer und dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, von BMW und Audi, durch Software-Updates wirksame Schadstoffreduzierungen zu erreichen, ist nur der Bundestagswahl geschuldet: Bloß keine Fahrverbote vor der Wahl im September! Wenn tatsächlich mit einfachen Software-Updates im Wert von 100 Euro wirksam die Schadstoffe reduziert werden könnten, dann wäre das ebenfalls ein Skandal.

Axel Bock, München

Industrie führt die Regie

Die bayerische Landesregierung hat diese Woche drakonische Maßnahmen gegen Gefährder beschlossen. Das ging ruckzuck. Die Machenschaften der Automobilindustrie gefährden nicht nur den Wert der Dieselfahrzeuge und damit die finanzielle Lage der Besitzer, sondern auch die Gesundheit vieler Menschen. Sind die dafür Verantwortlichen auch Gefährder? Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Satz in dem Artikel "In eigener Sache" auf der Seite Drei vom 21. Juli: "(Karl-Theodor zu) Guttenberg hat in den USA auch gemerkt, dass der Lauf der Welt nicht mehr so sehr von Präsidenten gelenkt wird, sondern von Managern und Investoren." Jetzt verstehe ich Ministerpräsident Horst Seehofers Forderung, den Kauf eines neuen Dieselfahrzeugs durch eine aus Steuermitteln finanzierte Prämie zu unterstützen.

Fritz Winkelbauer, Stadtbergen

Aus niederen Beweggründen

Ich bin entsetzt über die seit zwei Jahren andauernde Diskussion über die Manipulation der Dieselmotoren. Es werden verharmlosende Begriffe gebraucht wie "Schummelsoftware", "Täuschung", "Betrug" etc. Dabei erstaunt mich, dass fast keiner - und wenn, dann nur am Rande - die menschliche Dimension (etwa 3000 Tote jährlich) und die Umweltschäden durch den erhöhten Stickstoffausstoff thematisiert. Klar ist doch: a) dass die Software vorsätzlich eingebaut wurde, b) dass dadurch heimtückisch Millionen Autofahrer ohne ihr Wissen zu ausführenden Komplizen wurden und c) das Ganze aus niedrigen Beweggründen (Gewinnmaximierung) erfolgt ist. Wenn mich nicht alles täuscht, sind das Merkmale, die im Strafgesetzbuch Erwähnung finden. Wo bleibt eigentlich der Staatsanwalt, der Anklage wegen Mordes erhebt? Wie sieht eigentlich die Verantwortung unserer Bundeskanzlerin aus, die - so glaube ich - doch geschworen hat, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden? Hat diesen Schwur auch unser erfolgreicher Verkehrsminister Alexander Dobrindt geleistet? Es stinkt im wahrsten Sinne des Wortes zum Himmel!

Wolfgang Reschke, Bonn

Alle gegen die Deutschen

Wieso ist das nur ein deutsches Problem? Was ist zum Beispiel mit Fiat und den französischen Autos? Sind die alle "sauberer"? Oder wird da nicht so genau hingesehen? Wieso sind die "Benziner" auf einmal sauber? Wie viel Feinstaub kommt von Dieselautos und wie viel von Fabriken, Heizungen, Reifenabrieb aller Autos usw.? Es ist sehr verwunderlich, dass diese Daten nicht auch Teil der Diskussion sind. Man hat sich nun auf "deutsche" Dieselautos eingeschossen, so wie man sie jahrelang als schadstoffärmer dargestellt hat.

Alfred Büscher, Essen

Ausgehöhlt

Nimmt man alles zusammen, dann höhlt die Bundesregierung seit mehreren Jahren sehr erfolgreich den Rechtsstaat aus. Vielleicht erleben wir einfach nur eine geschicktere Variante, als viele Menschen in Polen oder in der Türkei gerade durchmachen. Schön, dass die EU zumindest öffentlichkeitswirksam dagegenzuhalten versucht.

Michael Odenthal, Kiel

Arbeitsplätze in Gefahr

Als Dieselautobesitzer bleibt einem nur noch der Galgenhumor. Die hohen Herren mit den Kasperlegehältern werden gemeint haben, dass ihre Autos der Thermodynamik nicht unterliegen, wenn nur genug Juristen die Techniker unterstützen. Man hätte aufwachen können, als 2015 herauskam, dass alle VW-Diesel wohl doch den Naturgesetzen gehorchen. Aber man hat diese Unbotmäßigkeit gegenüber der Natur als VW-Sonderfall abgetan. Jetzt ruft auch der Vorsitzende der IG Metall nach einer politischen Lösung für die Dieselmisere, als könnte die Regierung die Thermodynamik per Gesetz aus dem Mobilitätsbereich ausschließen. Das hört sich skurril an, ist aber Tradition. Vor 20 Jahren verteilte Daimler-Chrysler auf Symposien für Ingenieure und Naturwissenschaftler eine Broschüre, in der man das Brennstoffzellenauto so anpries: Wasser wird per Elektrolyse gespalten und per Brennstoffzelle wieder vereint - der perfekte Kreislauf, den schon die alten Griechen in ihrer Weisheit entdeckt hatten. Als Nebenprodukt fallen sogar noch Fahrkilometer an. Das Opus hat Schmunzeln ausgelöst: Endlich geschafft - ein Perpetuum mobile der Sonderklasse. Unsere Heiterkeit damals war wohl verkehrt, wir hätten Alarm schlagen müssen.

Spaß beiseite: Diese Ignoranz auf den Führungsebenen wird nicht nur zahllose Autos wertlos machen, sondern auch die Arbeitsplätze einer ganzen Branche in Gefahr bringen.

Hermann Pütter, Neustadt

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