Assad-Regime:Revolution für die Freiheit

Ein syrischer Arzt, der seit vier Jahren in Deutschland lebt und in Altötting arbeitet, wendet sich gegen die landläufige Bezeichnung "Bürgerkrieg" für den Konflikt in Syrien. Er sieht ihn als Revolution gegen die Willkürherrschaft der Assads.

Ich lebe seit vier Jahren in Deutschland und bin in Syrien geboren und aufgewachsen. In Damaskus habe ich Medizin studiert und arbeite heute in Altötting als Facharzt auf einer Intensivstation. Es tut mir weh, wenn ich lese oder höre, dass es sich in Syrien um einen Bürgerkrieg handelt.

Seit fünf Jahren ist Krieg in Syrien, es sind mehr als 500 000 Menschen verstorben, genauso viele Menschen sind spurlos verschwunden und mehr als vier Millionen Menschen sind aus Syrien geflüchtet. In einem kleinen Land wie Syrien mit 20 Millionen Einwohnern ist das eine Tragödie, und viele fragen sich, warum ist das so passiert? Ist es wirklich ein Bürgerkrieg oder ist es ein Religionskrieg zwischen Schiiten und Sunniten? Oder ist es ein Krieg zwischen dem syrischen Diktator Assad und den Terroristen? Syrien ist seit 1970 unter der Kontrolle der Familie Assad. Diese Familie hat alles in Syrien beherrscht. Die Armee steht unter der direkten Kontrolle von Assad und seinem Bruder Maher Assad. Der Chef des Geheimdienstes war der Schwager von Baschar Assad, auch die Wirtschaft in Syrien war ein Monopol, ein alleiniges Vorrecht von seinem Cousin Rami Makhlouf. Eine Familie - die Familie Assad - hat die Macht und die Herrschaft über ein ganzes Volk.

Die Assads ändern die Gesetze sowie die Verfassung, wie sie es für richtig halten und es brauchen. Zum Beispiel wurde die Verfassung vom syrischen Parlament im Jahr 2000 unter Druck der Familie Assad so geändert, dass der Sohn von Hafis Assad, Baschar, schon im Alter von 34 Jahren und nicht, wie in der Verfassung festgehalten, erst mit 40 Jahren Präsident werden konnte. In Syrien herrschte 40 Jahre lang das Notstandsgesetz, keine Freiheit, keine Demokratie, keine Meinungsfreiheit, kein würdiges Leben. Die Gefängnisse sind überfüllt mit gewaltlosen politischen Gefangenen.

Das sind nur einige Gründe, warum die syrische Bevölkerung 2011 auf die Straßen gegangen ist. Ein Jahr lang demonstrierten sie ohne Gewalt und ohne Waffen für ihre Freiheit und Gerechtigkeit. Die Antwort des Diktators war Gewalt und Mord, er kämpfte nicht mit Worten, sondern mit Waffen. Die Stimme der Freiheit war so stark, dass Assad Hilfe von anderen Ländern (Libanon, Iran, Afghanistan, Irak und später Russland) einforderte, um seine Herrschaft über Syrien nicht zu verlieren. Die Ausrede Assads war, er kämpfe gegen die Terroristen, gegen Isis, aber eigentlich kämpfte er genau wie Isis gegen das eigene Volk.

Der Krieg in Syrien ist eine Revolution für die Freiheit und kein Bürgerkrieg. Dr. Ahmad Jumaa, Altötting

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