Angela Merkel:Frau und Kanzlerin

Weil sie ihr sonst nicht beikommen, versuchen Gegner der Kanzlerin es mit Pöbeleien oder gar sexistischen Anwürfen. Leser finden das gar nicht gut. Einer dagegen hält den rauen Umgangston zu Wahlkampfzeiten für selbstverständlich.

Merkel Holds Children's Press Conference At CDU Election Program House

Angela Merkel im Wahlkampf bei einer Pressekonferenz für Kinder in Berlin.

(Foto: Steffi Loos/Getty Images)

"Das Unbehagen an Angela Merkel" vom 13. September und "Das nächste Auswärtsspiel" vom 9./10. September:

Struktureller Sexismus

Markus Linden wirft in "Das Unbehagen an Angela Merkel" eine sehr interessante Frage auf, nämlich die, warum Angela Merkel eine bestimmte Form von Kritik entgegenschlägt, die oftmals persönlich und sogar sexistisch ist. Er führt dies auf die deutsche Konsenspolitik und die Unterdrückung der demokratischen Debattenkultur durch Merkel zurück. Möglicherweise sind die beiden Beispiele, die Linden dafür anführt, jedoch schlecht gewählt: der Atomausstieg nach Fukushima und die Legalisierung der Ehe für alle. Denn beide sind durchaus über Jahrzehnte im Parlament und außerhalb ausgiebig diskutiert worden. Der Befreiungsschlag, den Merkel bewusst oder unbewusst im Juni ermöglichte, führte lediglich dazu, dass die langwierige und erniedrigende Debatte um die Ehe für alle endlich eine angemessene Lösung fand - im Einklang mit unserem westlich-demokratischen Wertesystem.

Im Angesicht der gerade wieder aufflammenden Diskussion um die Person Hillary Clinton scheint eine andere Antwort nahezuliegen. Sollten wir uns nicht fragen, ob die sexistischen und persönlichen Angriffe auf Merkel nicht eben das sind, wonach sie klingen? Die sexistischen Reaktionen auf die abweichende Meinung einer Frau haben ihre Ursache sehr wahrscheinlich auch in dem unbewussten Sexismus unserer Gesellschaft. Armin Bergmeier, Leipzig

Manipulative Sprache

Der Artikel "Das nächste Auswärtsspiel" über Merkel in der Uckermark hat mir sehr zu denken gegeben. Der banale Sachverhalt ist der, dass Merkel den Wählern dort gerne ihre Politik erklären wollte, manche der Zuhörer aber überhaupt nicht mit ihrer Politik einverstanden sind und ihr dies auch immer wieder deutlich zu verstehen geben. Dies tun sie mit Ausdrücken wie "Merkel muss weg", "Verschwinde" etc. - eigentlich in einer Demokratie, gerade zu Wahlkampfzeiten, selbstverständlich. Da haben wir in den Sechziger- und Siebzigerjahren der alten BRD schon ganz andere Auseinandersetzungen erlebt.

Doch wie geht der Autor des Artikels damit journalistisch um? Da handelt es sich durchweg um "Parolen", die Protestierer rufen diese nicht, nein, sie "brüllen", sie "pöbeln", sie "schmieren" etwas auf den Rasen. Und insgesamt handelt es sich bei den Andersdenkenden um "rechte Störer" (Polizeijargon!).

Sicher mag ein Teil des Protests parteipolitisch von rechts außen organisiert sein; dass aber gerade im Osten so viele Bürger in offenem Protest zur Politik der vergangenen Jahre stehen und dies auch zeigen, ist sicher nicht auf die Überredungskunst von Peter Gauweiler zurückzuführen, sondern auf die realen Lebensverhältnisse, die sich nur scheinbar verbessert haben. Conrad von Fürstenberg, Köln

Unterirdisch und niveaulos

In der "Außenansicht" mit dem Titel "Das Unbehagen an Angela Merkel" zitiert Markus Linden den "Medientheoretiker" Norbert Bolz unter anderem mit den Worten "Merkel, seien wir ehrlich, sei manchmal hässlich". Diese Qualifizierung ist ebenso unterirdisch wie niveaulos. Noch absurder ist sie, wenn diese Äußerung vor dem Hintergrund des Wahlkampfes Merkel gegen Martin Schulz fällt. Linden reizt auch sonst zum Widerspruch: Er wirft Bundestagspräsident Norbert Lammert vor, Merkel nicht gerügt zu haben, weil sie die Abstimmung über die Homo-Ehe für die Fraktion freigegeben habe. Natürlich war dies eine Gewissensentscheidung, was denn sonst? Davon abgesehen entscheidet letztlich die Fraktionsführung über die Freigabe der Abstimmung. Linden behauptet weiter, der Euro und nicht die Flüchtlingskrise seien Geburtsstunde der AfD gewesen. Hat der Autor die große zeitliche Differenz zwischen Einführung des Euro und Gründung der AfD übersehen? Claus Witt, Ahlen

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