Abgastests:Entschuldigung - und weiter so

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Dass die deutschen Autokonzerne Abgastests an Affen und Menschen durchgeführt haben, überrascht auch die Leser nicht. Einer ist fassungslos darüber, dass der Absatz vor allem bei VW trotz aller Skandale weiter steigt.

"Empörung über Schadstofftest an Menschen" vom 30. Januar:

Trotzdem laufen die Geschäfte

Überrascht uns diese Meldung wirklich? An Zynismus und Perfidität sind die jetzt bekannt gewordenen Machenschaften des VW-Konzerns sowie offenbar auch von Daimler und BMW wohl nicht mehr zu überbieten. Oder müssen wir uns künftig an die Berichte gewöhnen, nach denen demnächst auch Kinder und Senioren den Tests dieser Autoindustrie ausgesetzt sind? Es ist und bleibt beklagenswert, dass unser Halbwertzeitgedächtnis so kurzlebig ist: Wie konnte es nach dem Diesel-Skandal passieren, dass VW nun sein bestes Geschäftsjahr 2017 eingefahren hat? Der Kunde lässt es sich in barem Geld vergüten und seine Meinung über VW verwässern. Die Chancen stehen gut, dass auch diese Abgastests in Vergessenheit geraten; oder sind wir bereit, künftig genauer hinzusehen und den Autokonzernen nicht alles durchgehen zu lassen? Vorsorglich haben sich die Konzerne schon entschuldigt und versprochen, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Dieses Zurückrudern kennen wir schon vom Diesel-Skandal. Gelernt wurde hier bis dato nichts.

Friedhelm Stolp, Much

Schlichtweg kriminell

Die Machenschaften der (Automobil-)Industrie nebst deren Lobbygruppen sind schlichtweg kriminell. Wir alle werden mittlerweile zwangsweise eingebunden in einen Langzeitversuch betreffend die Auswirkungen diverser Giftstoffe auf zentrale Körperfunktionen. Verantwortliche Politiker unterstützen diese Praktiken aktiv; erinnert sei nur an die Brüsseler Glyphosat-Performance von Landwirtschaftsminister Christian Schmidt. Und vor noch nicht allzu langer Zeit hätte die Bundesregierung zu gerne den Pharmaherstellern "gruppennützige Forschung", will sagen: Medikamententests an nicht mehr einwilligungsfähigen Schwerkranken ermöglicht.

Annette Hund, Berlin

Bitte im Selbstversuch

Unfassbar, was sich die deutsche Automobilindustrie leistet. Da erinnere ich mich mit viel Lob an den früheren Umweltminister Klaus Töpfer, der im Mai 1988 den Rhein durchschwamm und nicht nur eine Wette gewann, sondern das Gewässer auch unbeschadet wieder verließ. Diese Form von Selbstversuch stünde den Herren Krüger, Müller und Zetsche gut zu Gesicht, die wieder mal die Zuständigkeit negieren und das Fehlverhalten Einzelner anprangern.

Dr. Christoph Schay, Herten

Winterkorns Verantwortung

Als Leser immer neuer Meldungen über zynisch kriminelles Verhalten in den Führungsetagen der großen Konzerne der Automobilindustrie vermisse ich kritische Berichterstattung über das bestverrentete Versagen des für den VW-Konzern verantwortlichen Martin Winterkorn. Ex-Post-Chef Zumwinkel hatte die Presse morgens aufgelauert, weil er Steuern hinterzogen hatte. Winterkorn hat es zu verantworten, dass gedeckt durch tatenlose Politik die Menschen in deutschen Städten vergiftet werden. Dass die Presse wartet, bis vielleicht ein Gericht Anklage erhebt, ist nicht in Ordnung. Das kolossale Versagen des für das Unternehmen Verantwortlichen Winterkorn ist unabhängig von strafrechtlicher Bewertung politisch zu skandalisieren.

Dr. Peter Lock, Hamburg

Zeit für einen Ethikmanager

Die deutsche Automobilindustrie und Menschen- oder Primatenversuche. Da war doch was? Alle vier Konzerne waren im Zweiten Weltkrieg Ausrüster der Wehrmacht, damit kriegswichtig und - je mehr Nazi-Deutschland dem "Endsieg" entgegentaumelte, desto mehr brauchten die Konzerne Zwangsarbeiter. Mit ihnen konnte das Vermögen der Konzerne und Inhaber enorm gesteigert werden, ja manche wurden im Krieg erst zu denen, die sie heute sind. Die Entschädigungen für die Zwangsarbeiter fielen nach dem Krieg entsprechend sparsam aus und wurden auch sehr spät in Angriff genommen. Dafür ging's den Aktionären und Eigentümern prächtig.

Es ist schon eine eigenartige Kontinuität, die sich da offenbart. Man muss sich fragen, ob in diesen Unternehmen nicht Platz wäre für einen Ethikmanager, der hoffentlich rechtzeitig eingreifen könnte.

Klaus Holzschuher, Hof

Erstaunlicher Mechanismus

Es ist immer wieder erstaunlich, wie verantwortungsvolle Entscheidungsträger in höchsten Stellen der Industrie und der Regierung unliebsame Sachverhalte, die sie seit Jahren kennen, dulden, veranlassen, sobald sie publik werden, aufs Heftigste verurteilen, sich nachdrücklich davon distanzieren, sie sehr bedauern, falsch, unethisch und abstoßend finden.

Gerhard Körner, Ottobrunn

© SZ vom 03.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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