Weniger Arbeitsunfälle:Sicher durch die Flaute

Als Faustformel gilt: Wenn es wirtschaftlich schlecht läuft, verunglücken weniger Menschen am Arbeitsplatz als in Boomzeiten.

Guido Bohsem

Glaubt man der Deutschen Unfallversicherung (DGUV), wird es von Jahr zu Jahr unwahrscheinlicher, auf der Arbeit zu verunglücken. Die Zahl der Unfälle sinkt beständig, und das schon seit Jahrzehnten. Gab es im Jahr der Wiedervereinigung 32,51 Unfälle auf eine Million Arbeitsstunden, waren es 2007 nur noch 16,86.

Arbeitsunfall, dpa

Arbeitsunfälle wie dieser sind in Krisenzeiten selten.

(Foto: Foto: dpa)

Für die Entwicklung gibt es grob überschlagen zwei Gründe. Der erste liegt im Wandel der deutschen Arbeitswelt. Waren in den 50er und 60er Jahren noch industrielle Arbeitsplätze dominierend, so sind die meisten Beschäftigten heute im Dienstleistungsbereich tätig. "Am Schreibtisch passieren einfach weniger Unfälle als im produzierenden Gewerbe", sagt DGUV-Sprecher Stefan Boltz.

Heutzutage machten Verletzungen durch Werkzeuge nur noch etwa ein Viertel der Unfälle aus, während ein Drittel der Betroffenen verunglückt, weil sie im Büro stolpern, auf der Treppe ausrutschen oder sich stoßen. Es sind also hauptsächlich die gefährlichen Arbeitsplätze, die im Zuge der Globalisierung ins Ausland verlagert wurden.

Immer neue Vorschriften

Der zweite Grund liegt in einem immer umfangreicheren Regelwerk zur Unfallverhütung. Jedes Jahr kommen neue gesetzliche Vorschriften hinzu, die die Sicherheit am Arbeitsplatz erhöhen. Zudem setzen insbesondere große Unternehmen auch ganz freiwillig auf immer höhere Sicherheitsstandards. Sie haben nämlich erkannt, dass hier enorme Einsparmöglichkeiten bestehen. Denn, jeder Unfall stört den Ablauf der Produktion, und es dauert lange, einen gut geschulten Mitarbeiter gleichwertig zu ersetzen.

Beeinflusst wird die Statistik übrigens auch durch die konjunkturelle Entwicklung. Als Faustformel gilt: Je mehr die Wirtschaft brummt, desto mehr Arbeitsunfälle gibt es. Kurz gefasst, lässt sich das unter dem Stichwort "Zeit unter Risiko" zusammenfassen. Während das Risiko gleich bleibt, steigt in konjunkturellen Boomzeiten die geleistete Arbeitszeit, was statistisch gesehen ein Plus an Unfällen mit sich bringt.

Ein wenig anders sieht es auf dem Gebiet der Berufskrankheiten aus. Auch hier sinken die Zahlen aus den oben genannten Gründen. Auf der anderen Seite werden ständig neue Krankheitsformen als berufsbedingt anerkannt. 73 sind es insgesamt. Seit Anfang Juli gibt es fünf neue. So wird nun ein Verschleiß der Kniegelenke anerkannt, wenn ein Arbeitnehmer mehr als 13.000 Stunden kniend tätig war. Wie bei vielen anderen Krankheiten fällt es dabei schwer, die Ursache allein im beruflichen Bereich auszumachen. So könnte auch Übergewicht, ein hohes Maß an belastendem Sport oder einfach nur schlechte Erbanlagen bei den verschlissenen Knien eine Rolle spielen.

Besondere Schwierigkeiten bereiten den Medizinern dabei, die psychosomatischen Erkrankungen als berufsbedingt einzustufen.

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