Weiterbildung:Von Schaltern, Leitern und Netzen

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Weiterbildung (10): Informatiker und Systemadministratoren können durch eine Zusatzqualifikation zum Networking-Spazialisten werden - und sich dadurch blendende Chancen auf dem Arbeitsmarkt sichern.

Christine Demmer

Zugegeben: In manchen Wirtschaftszweigen tut sich jahrelang derart wenig, dass man mit einer Ausbildung aus der letzten Eiszeit auch heute noch durchkommen kann. In der Computerbranche ist diese Einstellung allerdings tödlich.

Stefan Neufeind hat schon vor seinem Bachelor-Examen begonnen, sich zum Netzwerk-Profi weiterzubilden. (Foto: Foto: privat)

Für Stefan Neufeind ist es ein absolutes Muss, sich mit Weiterbildung fachlich auf dem Laufenden zu halten. Sicherheitshalber hat der 28-jährige Informatiker damit bereits während seines Studiums begonnen.

Berufsziel: Selbstständigkeit

Bis 2005 arbeitete Neufeind an der Hochschule Niederrhein auf seinen Bachelor-Abschluss hin. Im kommenden Herbst hofft er, seinen Master in der Tasche zu haben. Schon in den ersten Semestern kristallisierte sich für ihn das Berufsziel Selbständigkeit heraus. "Angefangen habe ich mit Programmentwicklung und Webhosting für einen Internet Service Provider", sagt er, "dafür habe ich dann mit Freunden eine Firma gegründet und neben dem Studium ans Laufen gebracht."

Innerhalb des noch immer wachsenden Fachgebietes Informatik hat sich Neufeind auf den Aufbau und Betrieb von Datennetzen konzentriert. Dabei machte er die Bekanntschaft mit Weiterleitern (Routern), Schaltern (Switches) und mit der Netzwerktechnologie des amerikanischen Herstellers Cisco. Denn ohne den läuft in der zusammengeschalteten IT so gut wie gar nichts mehr.

Für sich betrachtet, sind Großrechner, iPods, Telefone oder TV-Geräte schweigsame Einzelkämpfer: Wunderboxen zwar für ihre speziellen Anwendungen, Teamarbeit und die Verständigung mit dem Internet aber bekommen sie von alleine nicht hin.

Wie ihre menschlichen Kollegen verlangen sie zum einen nach Konferenzräumen, also nach lokalen, weiten oder erdumspannenden Computer-Netzwerken. Darüber hinaus, und das unterscheidet sie grundsätzlich vom sozialen Wesen Mensch, brauchen sie noch eine gehörige Portion Motivation.

"Was Microsoft für Betriebssysteme, ist Cisco für Computernetzwerke"

Dafür sorgen die sogenannten Networking-Lösungen. Ohne sie würde man weder von der heute weltweit vernetzten Informationstechnik sprechen noch von der Cisco System Inc. in Kalifornien. "Was Microsoft für Betriebssysteme, ist Cisco für Computernetzwerke", sagt der Krefelder Informatik-Professor Thomas Meuser.

Tatsächlich liefert das Unternehmen etwa 90 Prozent der Technologie, auf der das Internet basiert. Der weltweit größte Anbieter von Networking-Lösungen setzt die technischen Standards in der Netzwerktechnologie. Jedem IT-Azubi und Informatikstudenten ist der Name und die dahinter stehende Technik ein Begriff.

Computerlaien müssen sich das etwa so vorstellen: Hätte ein Karl-Heinz Bauer das System der doppelten Buchhaltung erfunden, dann gehörte das Bauer-System heute ebenso zum Pflichtkanon jeder kaufmännischen Ausbildung wie zu den Grundlagen eines Wirtschaftsstudiums.

So gesehen, kam Stefan Neufeind um die eingehende Beschäftigung mit der Technologie des Marktführers nicht herum. Doch das Thema hatte ihn ohnehin gepackt. Noch vor seinem Bachelor-Examen an der Hochschule Niederrhein belegte er den obligatorischen Vorbereitungskurs zur Prüfung auf das CCNA-Zertifikat - das Kürzel steht für Cisco Certified Network Associate - und im Anschluss daran die freiwillige Weiterbildung zum Cisco Certified Network Professional (CCNP). Beide Lehrgänge werden ausschließlich in englischer Sprache abgehalten, was für IT-Fachleute kein Hindernis sein dürfte.

"In der Praxis kann man nicht ausprobieren"

Für Neufeind war die Teilnahme an diesen Kursen zwar keine dem Arbeitsmarkt geschuldete Notwendigkeit, weil er längst Unternehmer in eigener Sache geworden war. "Aber es brachte mir die Übung und praktische Vorteile", sagt der inzwischen zum Netzwerkspezialisten gewordene Rheinländer, "vor allem habe ich ein Grundverständnis für die Thematik bekommen, was der Arbeitsalltag wahrscheinlich nicht zugelassen hätte. In der Praxis muss ein Netzwerk funktionieren. Da kann man nichts ausprobieren."

Die Basisausbildung war mit den Studiengebühren abgedeckt. Und weil die Hochschule Niederrhein als Non-Profit-Unternehmen und anerkannter "Learning Partner" des Netzwerkanbieters akkreditiert ist, bekam Neufeind die zweisemestrige Fortbildung zum Professional zum rabattierten Sonderpreis.

Im Unterschied zu anderen Netzwerkqualifikationen, wie zum Beispiel MCSE von Microsoft, in dem nur die Anwendung von Software in bereits vorhandenen Netzwerken vermittelt wird, geht es bei der Cisco-Basisausbildung um den praktischen Aufbau und die Grundkonfiguration der Netzwerke selbst. Auf dieser Grundlage bauen alle anderen Qualifikationen auf.

Abend- und Wochenendseminare oder Hochschulkurse

Wer den Kurs nicht gleich an der Hochschule belegen will, kann dies später in Abend- und Wochenendseminaren nachholen. Die Bildungsinhalte werden durch das multimediale Ausbildungsprogramm der Cisco Networking Academy bestimmt. Das sichert gleichermaßen die Einheitlichkeit des Stoffs wie die Verbreitung der Technologie in der Gemeinschaft der Bit & Byte-Knacker, zeugt mithin von einer klugen Marktdurchdringungsstrategie.

"1999 haben wir die erste Cisco Networking Academy in Deutschland gegründet", sagt Cisco-Deutschland-Chef Michael Ganser. "Heute erhalten 25 000 Studenten im Jahr an den 350 Academies in Deutschland die Basis für eine höhere Bildung in Informatik oder Ingenieurwesen."

Der Arbeitsmarkt nimmt die zertifizierten Netzwerker mit Freude auf. Auch solche Unternehmen übrigens, die mit den konkurrierenden Systemen von Foundry, Nortel und Juniper Networks arbeiten.

© SZ vom 14.6.2008/mei - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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