Weiterbildung:Nein auf Japanisch

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Internationale Belegschaften, ausländische Geschäftspartner: Wie Unternehmen ihre Mitarbeiter im Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen schulen.

Von Kathrin Drinkuth/dpa

An die kreativen Formen des Nein-Sagens seiner japanischen Kollegen musste sich Jochen Titze erst mal gewöhnen. "Es gibt zwar ein japanisches Wort für Nein, aber das habe ich noch nie gehört", sagt Titze, der für den Pharmakonzern Takeda arbeitet. Das japanische Unternehmen hatte 2011 den Pharmahersteller Nycomed übernommen - und damit auch dessen Werke am Bodensee. Die zunehmende Verflechtung von deutschen Unternehmen mit dem Ausland hat einen Nebeneffekt: Die Takeda-Mitarbeiter in Singen haben regelmäßig Kontakt mit ihren asiatischen Kollegen. Und die sagen statt Nein eben lieber: "Das besprechen wir noch mal" oder "Wir klären das".

An der Internationalisierung komme kaum eine Firma mehr vorbei, sagt Michael Holz vom Institut für Mittelstandsforschung (IFM) in Bonn. Wie wichtig Auslandsaktivitäten für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sind, zeigt eine Studie, die Holz 2013 mit seinem Kollegen Peter Kranzusch durchgeführt hat. Demnach waren von 2009 bis 2011 etwa 1,3 Millionen Unternehmen aus Deutschland international aktiv.

"Im Schnitt macht jedes zweite KMU-Unternehmen mehr als 20 Prozent seines Umsatzes im Ausland." Das stärkste Motiv dabei: Neue Absatzmöglichkeiten zu eruieren, sagt Holz. "Die Unternehmen erschließen zunehmend auch weiter entfernte Märkte, nicht mehr nur in Europa, sondern beispielsweise auch in Asien oder Nordamerika."

Begrüßungszeremonie: Beim japanischen Schuhpflegemittelhersteller Columbus putzt ein Berufseinsteiger die Schuhe seines Vorgesetzten. (Foto: Yoshikazu Tsuno/AFP)

Bei manchen Unternehmen gehöre es schlicht zum Karriereplan dazu, dass man ein oder zwei Jahre im Ausland gearbeitet habe, sagt die Geschäftsführerin der baden-württembergischen Arbeitgeberverbände, Marion Johannsen. Das Thema interkulturelle Kompetenz sei dort längst angekommen. Auch Mittelständler hätten begriffen, dass sie ihre Mitarbeiter dafür gut schulen müssten.

Entsprechende Qualifizierungen der Mitarbeiter zählen inzwischen zu einer wichtigen Aufgabe in der Personalentwicklung, wie die Wissenschaftlerin Ann-Kristin Bannenberg in ihrer Doktorarbeit über die Bedeutung interkultureller Kommunikation in der Wirtschaft schreibt. Zum allergrößten Teil richten sich solche Schulungen an Fach- und Führungskräfte sowie an Experten, die für ihr Unternehmen im Ausland arbeiten. Daneben umfassten sie aber auch Nachwuchskräfte, Auszubildende oder Praktikanten. Das zeige unter anderem, dass die Unternehmen mit den Schulungen nicht nur kurzfristige Ziele verfolgten, sondern durchaus strategische Pläne wie die Internationalisierung des Unternehmens.

Bei privatwirtschaftlichen Unternehmen lasse sich ein "nie zuvor erreichtes Ausmaß an internationaler Tätigkeit feststellen, das immer mehr nach einer internationalen Ausrichtung auch im Personalmanagement verlangt", hat Bannenberg herausgefunden. Nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) haben 2011 bereits 16 Prozent der Unternehmen spezielle Ansprechpartner für Mitarbeiter mit Migrationshintergrund etabliert, elf Prozent setzen gezielt interkulturelle Teams ein. Zahlen darüber, wie viel Geld die Unternehmen in solche Maßnahmen stecken, sind jedoch schwer zu finden.

Jochen Titze arbeitet beim Pharmaunternehmen Takeda in Singen, dessen Hauptsitz in Japan ist. (Foto: Patrick Seeger/dpa)

Deutsche Firmen seien sowohl als Lieferanten als auch als Kunden in besonderem Maße auf internationalen Märkten aktiv. "So lag die Exportquote der deutschen Wirtschaft zuletzt bei 46 Prozent und damit deutlich höher als in Großbritannien mit 30, in Frankreich mit 28 oder Japan mit 16 Prozent", sagt der DIHK-Außenwirtschaftsexperte Felix Neugart. Die Firmen seien im Ausland breit aufgestellt - das gelte nicht nur für Großunternehmen: "Typische Mittelständler sind im Schnitt auf 16 Auslandsmärkten aktiv."

In der deutschen Automobilindustrie ist die wirtschaftliche Globalisierung besonders weit fortgeschritten, erklärt Bannenberg. So ist etwa der Autozulieferer ZF seit Jahrzehnten weltweit tätig - zudem steht er vor dem Zukauf des US-Unternehmens TRW Automotive. Interkulturelle Trainings für Amerika seien fester Bestandteil des Seminarangebots, sagt ein Sprecher. Die Bandbreite reicht von Trainings für Internetkonferenzen über Konfliktmanagement bis hin zu Sprachkursen.

© SZ vom 25.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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