Weibliche Körpersprache im Job:Schluss mit Lächeln!

Frauen fühlen sich im Job oft weniger ernst genommen als männliche Kollegen. Das liegt auch an ihrer Körpersprache. Kommunikationstrainer Jan Sentürk über Missverständnisse zwischen den Geschlechtern, Eigenheiten der weiblichen Gestik und die Frage, wie Frauen männliches Dominanzverhalten kontern können, ohne es zu kopieren.

Barbara Galaktionow

Wie können Frauen sich im Beruf besser gegen ihre männlichen Kollegen behaupten? Indem sie auf körpersprachliche Aktionen mit eigenen Handlungen antworten, sagt Jan Sentürk. Der Kommunikationstrainer hat bereits zahlreiche Ratgeber zum Thema Körpersprache veröffentlicht, zuletzt über "Positive Körpersprache". Anfang kommenden Jahres erscheint sein neues Buch, in dem er sich mit den Unterschieden von männlicher und weiblicher Körpersprache befasst.

Weibliche Körpersprache im Job: Männer nehmen mehr Raum ein als Frauen - die fühlen sich dann häufig bedrängt, wissen aber nicht immer, wie sie das ändern sollen.

Männer nehmen mehr Raum ein als Frauen - die fühlen sich dann häufig bedrängt, wissen aber nicht immer, wie sie das ändern sollen.

sueddeutsche.de: Frauen in Führungspositionen haben manchmal den Eindruck, dass männliche Mitarbeiter ihre Befehle nicht ganz ernst nehmen. Warum?

Sentürk: Das liegt oft an der Körpersprache. Ich gebe Ihnen ein Beispiel, dass es sehr deutlich zeigt. Eine Frau will einem untergebenen Mitarbeiter einen Arbeitsauftrag geben. Sie überreicht ihm einen Aktenordner und sagt: 'Können Sie das bitte bis morgen erledigen?' Dabei zeigt sie mit der offenen Hand auf den Ordner. Etwa neun von zehn Frauen machen das so, meine persönliche Erfahrung aus dem Personal-Training bestätigt das. Ein männlicher Vorgesetzter sagt vielleicht genau das gleiche, zeigt aber mit dem Zeigefinger auf den Ordner. Vergleicht man die Gesten, ist klar, was eher wie ein Vorschlag aussieht und was als klarer Befehl wahrgenommen wird. Hinzu kommt, dass Frauen ihre Ansagen tendenziell eher mit einem Lächeln mit offenem Mund begleiten oder ihren Kopf dabei zur Seite legen. Das signalisiert Gesprächsbereitschaft - selbst dann, wenn es eigentlich keine Diskussion geben sollte. Im Gegensatz dazu wirkt ein Lächeln mit geschlossenem Mund höflich, ohne den Arbeitsauftrag gleich zu relativieren.

sueddeutsche.de: Unterscheiden sich denn Frauen und Männer grundsätzlich in ihrer Körpersprache?

Sentürk: Frauen nehmen weniger Raum ein, Männer mehr. Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied. Wenn ein Mann vor einem Publikum steht, stehen seine Füße etwa schulterbreit auseinander. Frauen, die genauso selbstbewusst auftreten, haben ihre Füße deutlich näher beieinander. Einen Handgruß führen Männer oft aus der Schulter heraus, Frauen mehr aus dem Ellbogen. Kurz: Frauen breiten sich weniger aus, sie lassen anderen mehr Raum, sind rücksichtsvoller und eher bereit zurückzustecken.

sueddeutsche.de: Sollten Frauen, die Erfolg haben wollen, also bewusst männliche Körpersprache übernehmen?

Sentürk: Nein. Eine Frau, die etwa breitbeinig dasteht, wirkt dadurch nicht überzeugender, sondern vielmehr ungelenk oder albern.

sueddeutsche.de: Wie können Frauen in leitenden Positionen dann durch Körpersprache ihren Führungsanspruch untermauern?

Sentürk: Es gibt mehrere Verhaltensweisen, die eine Frau beachten kann, wenn es darum geht, Dominanz zu zeigen. Statt zum Beispiel im Vorbeigehen am Büro ihres Mitarbeiters diesem bei dieser Gelegenheit etwas mitzuteilen, sollte sie ihn besser zu sich zitieren. Wenn nämlich der Mitarbeiter vor ihrem Schreibtisch steht und die Chefin dahinter sitzt, untermauert allein dies schon ihre Position. Auch den Auftrag selbst kann eine Frau körperlich verstärken: Sie erteilt einen Befehl - danach schließt sie den Mund und hält Augenkontakt, mit geradem Kopf und ohne Lächeln. Das signalisiert: 'Da gibt es für mich nichts mehr zu reden.' Schweigen und Augenkontakt halten - das sind einfache, aber wirkungsvolle Mittel.

Wie sich Frauen gegen Distanzverletzungen wehren können

sueddeutsche.de: Körpersprache ist ja auch davon abhängig, wie viel Macht man hat. Wie verändert beruflicher Aufstieg die Körpersprache von Frauen?

Jan Sentürk

"Körpersprachliche Aktionen können eine unglaubliche Wirkung entfalten": Kommunikationstrainer Jan Sentürk rät Frauen, auf männliches Dominanzverhalten ebenfalls mit Aktionen zu reagieren.

(Foto: Jan Sentürk)

Sentürk: Das kann man an Angela Merkel sehr gut sehen. Ich habe letztens Fernsehmaterial aus den neunziger Jahren gesehen - lange vor ihrer Zeit als Kanzlerin. Auf einigen Aufnahmen wird sie hin und her geschoben wie ein kleines Mädchen. Das könnte ihr heute nicht mehr passieren. Ihr Äußeres und ihr Auftreten haben sich enorm verändert, sie ist eine Staatsfrau geworden. Um in hohe Positionen zu kommen, muss man nicht nur sehr viel arbeiten, sondern auch in Kauf nehmen, nicht von jedem gemocht zu werden. Damit verändert sich auch die Körpersprache. Wenn beispielsweise Reporter auf die Kanzlerin zustürmen, bleibt sie oft gar nicht stehen. Damit signalisiert sie: 'Du bist jetzt nicht wichtig'. Je weiter jemand aufsteigt, desto reduzierter wird die Körpersprache und desto unwichtiger werden Individuen - zumindest in bestimmen Situationen. Merkel agiert sparsam, aber sehr klar: Wenn sie geht, scheint sie stets auf ein Ziel zuzugehen. Sie hat die Arme meist nah am Körper. Als sie jedoch bei der Fußball-WM 2006 jubelnd die Arme hochgerissen hat, war das etwas Besonderes - das Foto davon ging durch alle Medien.

sueddeutsche.de: Gibt es eigentlich auch zwischen Frauen Missverständnisse bei der Körpersprache?

Sentürk: Bei der Verständigung zwischen Frauen ist die Körpersprache weniger ein Problem, da ja beide Seiten gleichermaßen agieren. Auch Distanzverletzung spielt zwischen Frauen im Allgemeinen keine Rolle. Wenn Frauen sich nahe kommen, ist das meist ein Ausdruck von Vertrautheit und Zugewandtheit. Männer neigen hingegen dazu, die Distanzzonen von Frauen zu verletzen, nicht böswillig, aber es geschieht. Ein Mann hält einer Kollegin beispielsweise die Tür auf - und legt ihr, während sie durchgeht, die Hand auf den Rücken. Die Frau ist vielleicht irritiert, der Mann denkt sich gar nichts dabei. Bei einem anderen Mann würde er das jedoch nicht machen.

sueddeutsche.de: Wie können Frauen sich gegen Distanz- oder Revierverletzungen von Männern wehren?

Sentürk: Wenn eine Frau die Hand eines Kollegen auf dem Rücken stört, muss sie das sofort kenntlich machen - sie muss es sagen oder durch Gesten verdeutlichen. Der Mann wird es von sich aus nicht bemerken. Ein anderes Beispiel: Eine weibliche Führungskraft, die ich gecoacht habe, fühlte sich durch das Verhalten eines Kollegen bedrängt, der sie häufig an ihrem Arbeitsplatz aufsuchte, sich an ihren Schreibtisch setzte und immer irgendetwas auf ihrem Arbeitstisch ablegte; ein Mobiltelefon, einen Schlüssel oder ähnliches. Sie fühlte sich in der Situation unwohl, fragte sich aber auch, warum ihr dieser Gegenstand auf ihrem Tisch so unangenehm war, weshalb sie es auch ihrem Kollegen gegenüber nicht ansprechen wollte. Wir sprechen dabei körpersprachlich von einer 'Invasion'. Der Kollege nahm auf diese Weise ihren Schreibtisch in Besitz. Wir haben dann gemeinsam überlegt, wie sie aus dieser Situation herauskommt. Natürlich hätte sie einfach sagen können: 'Lass das mal bitte!', doch dabei hätte sie für den Mann vermutlich lediglich überempfindlich gewirkt. Männer begreifen oftmals gar nicht, dass sie übergriffig sind. Dennoch sollte eine Frau immer sofort darauf reagieren.

sueddeutsche.de: Was hat die Frau also gemacht?

Sentürk: In einer solchen Konstellation gilt die Regel: Handelt der Mann, muss auch die Frau handeln. Meine Klientin hat die Situation folgendermaßen gelöst: Als ihr Kollege wieder einmal in ihr Zimmer gekommen ist und sein Mobiltelefon auf ihren Schreibtisch gelegt hat, legte sie - kommentarlos und während sie sich ganz entspannt weiter mit ihm unterhielt - das Handy hinter sich aufs Regal. Das ist ja im Grunde genommen nichts Schlimmes, die Frau hat dadurch einfach klar gemacht: 'Hier entscheide ich, wo was liegt.' Die Auswirkungen waren enorm: Ihr Kollege geriet durch diese einfache Handlung völlig aus dem Konzept und hat das Gespräch relativ schnell beendet. Als er gehen wollte, zögerte er erst, ob er um den Tisch herumlaufen und sich das Handy selber holen oder ob er danach fragen sollte - wofür er sich letztlich entschieden hat.

sueddeutsche.de: Aber ist das nicht sehr konfrontativ?

Sentürk: Ja, aber das muss es auch sein. Frauen möchten akzeptiert und zugleich gemocht werden - manchmal geht aber nicht beides. Damit müssen sie leben. Respekt muss man sich erarbeiten, besonders von Männern. Darauf zu warten, dass Männer hier einsichtig werden, kann lange dauern. Die Konsequenzen solcher Handlungen sind übrigens oft gar nicht so schlimm wie befürchtet, manchmal sogar positiv. Der Handy-Mann jedenfalls ist seitdem nie wieder grundlos ins Zimmer seiner Kollegin geschneit. Er wird künftig den Bereich seiner Kollegin akzeptieren - und vielleicht sogar eine neue Art finden, mit ihr umzugehen. Hier sieht man, dass eine körpersprachliche Aktion unglaubliche Wirkung entfalten kann.

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