Vor dem Studium:Wie das Wartesemester zum Vorteil wird

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Keinen Studienplatz bekommen - und nun? Praktikum, Freiwilligendienst oder doch lieber erstmal nach Bali abhauen und entspannen? Wartesemester sind keinesfalls Karriere-Killer, sagen Experten - wenn Abiturienten diese Zeit gut nutzen. Oder später im Lebenslauf geschickt verpacken.

Nach dem Abi direkt an eine Hochschule - so glatt läuft es bei vielen nicht. Entweder wissen sie nämlich nicht, was sie nach der Schule wirklich gerne machen wollen. Oder aber der Traumstudiengang ist gefunden, doch leider erstmal überfüllt. Die Folge: Statt Studium ist Warten angesagt.

Wartesemester können zum Vorteil werden, wenn Abiturienten sie gut nutzen. Der Bundesfreiwilligendienst zum Beispiel - im Fall dieses jungen Mannes beim Roten Kreuz - kann bei der Wahl des richtigen Studienganges helfen. (Foto: dpa)

Doch so ein Wartesemester muss keine verlorene Zeit sein, sondern kann durchaus sinnvoll genutzt werden. Wartesemester sind nach Angaben der Stiftung für Hochschulzulassung in Dortmund die Anzahl der Halbjahre, "die seit dem Erwerb der Studienberechtigung verstrichen sind, abzüglich eventueller Parkstudienzeiten". Als Parkstudienzeiten werden die Semester bezeichnet, in denen man an einer Hochschule eingeschrieben ist - aber an keiner Lehrveranstaltung teilnimmt.

Laut der 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks in Berlin sind Wartesemester keine Seltenheit: Nur ein knappes Drittel der Studenten nehme innerhalb von drei Monaten nach Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung das Studium auf, heißt es in der vom Hochschul-Informations-System (HIS) erstellten Studie. Für gut zwei Drittel der Studierenden liegt eine längere Zeitspanne zwischen Erlangung der Hochschulzugangsberechtigung und Studienbeginn. Diese nehmen ihr Studium somit verzögert auf.

Für diese Wartezeit gibt es verschiedene Möglichkeiten. Man könne zum Beispiel in dem Beruf ein Praktikum machen, den man durch sein Studium ansteuern möchte, sagt Karriereberater Martin Wehrle aus Jork bei Hamburg. "Das hat gleich zwei Vorteile: Erstens kann man sich vergewissern, ob das Studium überhaupt die richtige Wahl ist. Und zweitens kann man so schon erste Praxis sammeln." Das erleichtere den Einstieg ins Studium und mache sich später gut im Lebenslauf.

Eine Alternative sei eine Arbeit im sozialen Bereich, führt Wehrle aus. Wer mit Kranken, Alten oder Behinderten arbeite, baue seine soziale Kompetenz aus und sammele Lebenserfahrung. "Gerade Ehrenämter sind später, wenn man sich bewirbt, ein Trumpf in einer Bewerbung: Sie lassen auf ein hohes Engagement schließen." Ähnliches kann für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), ein Ökologisches Jahr oder aber den Bundesfreiwilligendienst (BFD) gelten.

Während es die ersten beiden schon länger gibt, ist der BFD erst im Juli dieses Jahres gestartet." Ähnlich wie im FSJ kann man in verschiedenen Bereichen arbeiten", erklärt Wolfgang Hinz-Rommel, Fachmann für die Freiwilligen Dienste des Diakonischen Werks Württemberg in Stuttgart. Dazu gehörten soziale, kulturelle, sportliche oder ökologische Aufgaben sowie Einsätze im Denkmalschutz.

Die Unterschiede zum Beispiel zum FSJ seien eher gering. Dennoch könne es etwas andere Einsatzstellen und in einigen Einrichtungen möglicherweise auch eine andere Bezahlung geben. "Die Regelzeit als sogenannter Bufdi ist ein Jahr, man kann sich aber auch für einen kürzeren Dienst bewerben", berichtet Hinz-Rommel. So müsse man mindestens sechs Monate im BFD arbeiten. "Ein Start ist dabei durchgehend möglich - wenn Plätze frei sind." Bewerben könne man sich entweder direkt bei der gewünschten Einsatzstelle oder bei einem der Träger wie Diakonie oder Caritas.

Nicht alle möchten jedoch im Wartesemester arbeiten oder Praktika machen. Ob man dann auch einfach nur entspannen oder reisen darf? "Ja, man darf", findet Karriereberater Wehrle. "Nur sollte man, wo immer möglich, im Lebenslauf einen Bezug zum Studium oder Beruf herstellen." Also die Auszeit später gut verkaufen.

Das gilt übrigens für Wartesemester an sich: Es ist keine Lücke im Lebenslauf, wie Wehrle betont. "Alles, was man in dieser Zeit tut, lässt sich im Lebenslauf verkaufen. Wer reist, sollte aufschreiben, was er dabei gelernt hat. Wer liest, sollte sagen, was ihm das fürs Studium oder den Beruf gebracht hat." Dass jemand gar nichts tue, sei nicht möglich. "Man braucht nur ein Bewusstsein dafür, wo die Verbindung zum späteren Beruf liegt."

Und vielleicht wird einem gerade in dieser Wartezeit klar, was man wirklich will. "Man kann seine Studienwahl noch einmal überdenken und den durch das Abi vielleicht leeren Energieakku laden", so Wehrle. "Solche Pausen sind im späteren Erwerbsleben selten." Es spreche also überhaupt nichts dagegen, eine solche Gelegenheit auch zu nutzen.

© sueddeutsche.de/dpa/Aliki Nassoufis/tina - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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