Vor dem Bildungsgipfel:Viel Gerede, wenig Geld

Mit einem Bildungsgipfel will Kanzlerin Merkel der Mängelliste im deutschen Bildungssystem begegnen. Doch schon zeichnet sich ab, dass die groß inszenierte "Qualifizierungsoffensive" Schulen und Hochschulen kaum nützen wird.

T. Schultz und B. Taffertshofer

Schlechte Noten für das deutsche Bildungssystem hat es in den vergangenen Jahren genug gegeben. Das Leistungsgefälle zwischen guten und schlechten Schülern ist im internationalen Vergleich groß, die hohe Zahl der Jugendlichen, die beim Rechnen und Lesen Probleme haben, erschreckt nicht nur Pädagogen.

Schule Bildungsgipfel, dpa
(Foto: Foto: dpa)

In Sorge vor einem sich verschärfenden Fachkräftemangel dringt die Wirtschaft auf bessere Schulen und Hochschulen. Lehrerverbände sagen, in Deutschland würden etwa 20.000 Pädagogen fehlen, vor allem für die naturwissenschaftlichen Fächer. Pro Woche würden bundesweit mehr als eine Million Unterrichtsstunden ausfallen.

Angela Merkel hat das Thema zur Chefsache gemacht, am Mittwoch will sie in Dresden mit den Ministerpräsidenten der Länder eine nationale "Qualifizierungsinitiative" verabreden.

Die Opposition sieht in diesem Bildungsgipfel jedoch nur eine Show-Veranstaltung, und auch in der großen Koalition befürchten viele, der Gipfel werde nur vage Versprechen bringen.

Die Liste der Themen und Herausforderungen ist lang, doch zwischen Bund und Ländern gibt es ein Gerangel um Geld und Einfluss.

Höhere Bildungsausgaben: Die Ausgaben für Bildung liegen in Deutschland unter dem Durchschnitt vergleichbarer Industrieländer. Sowohl die SPD als auch die Union wollen den Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt auf sieben Prozent bringen. Derzeit liegt er nur bei knapp über sechs Prozent.

Um den Rückstand aufzuholen, wären jährlich mehr als 20 Milliarden Euro zusätzlich nötig.Dass es dazu einen verbindlichen Plan auf dem Gipfel geben wird, ist aber unwahrscheinlich.

Frühe Förderung: Der Krippen-Ausbau ist bereits beschlossen, es fehlt aber ein bundesweites Programm für eine bessere Ausbildung der Erzieherinnen. Wo es viele Kinder gibt, die eine besonders intensive Förderung benötigen, sind die Kita-Gruppen nach Expertenmeinung außerdem viel zu groß.

Auf dem Bildungsgipfel wollen die Länder eine "intensivierte Sprachförderung" vor der Einschulung versprechen. Der Bund könnte im Gegenzug die Integrations- und Sprachkurse für Eltern verstärken.

Weniger Schulabbrecher: Jedes Jahr verlassen mehr als 70.000 Schüler, das sind fast acht Prozent eines Jahrgangs, die Schule ohne Abschluss. Die Kultusminister wollen diese Zahl in den nächsten Jahren halbieren. Die Länderchefs, beispielsweise Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU), zieren sich allerdings, konkrete Verpflichtungen einzugehen.

Um alle Jugendlichen zu einem Abschluss zu bringen, wäre es nötig, die individuelle Förderung an besonders belasteten Schulen massiv zu verstärken. Vor allem Kinder von Migranten, bei denen die Abbrecherquote überdurchschnittlich hoch ist, bräuchten mehr Hilfe - auch am Nachmittag und in den Ferien. Das wäre aber , vor allem wegen der dafür nötigen zusätzlichen Pädagogen, nicht billig.

Bisher gibt es wenig Anzeichen dafür, dass der Bildungsgipfel dazu etwas Verbindliches vereinbaren wird.

Mehr Schulsozialarbeiter: Die SPD dringt darauf, die Lehrer durch Sozialarbeiter zu unterstützen. Denn die Schulen müssen immer mehr Erziehungsaufgaben übernehmen, die in den Familien unzureichend erfüllt werden. Die Kosten könnten sich Bund und Länder teilen.

Eine Fortsetzung des Programms für den Ausbau von Ganztagsschulen, das noch von der früheren rot-grünen Bundesregierung stammt, ist dagegen kaum vorstellbar. Denn die Ministerpräsidenten der Union haben es stets als Einmischung in die Länderhoheit gewertet.

Ausbildung statt Warteschleifen: Die Berufsorientierung in den Schulen soll verbessert werden. Die Bundesregierung und die Bundesländer wollen außerdem den Übergang in eine Ausbildung vereinfachen. Für Jugendliche, die keinen regulären Ausbildungsplatz finden, soll es statt frustrierender Warteschleifen qualifizierende Angebote geben. Dafür sind sogenannte Ausbildungsbausteine geplant, die später von Betrieben anerkannt werden sollen.

Durchlässige Hochschulen und mehr Akademiker: Meister und Fachwirte, die kein Abitur haben, sollen es künftig leichter haben, ein Studium zu beginnen. Bund und Länder wollen die Zahl der Studenten insgesamt steigern, die Naturwissenschaften und die Ingenieurfächer sollen attraktiver werden. Bereits in den Kindergärten und Schulen sollen Kinder und Jugendliche für Technik begeistert werden. Zum Ausbau der Hochschulen werden auf dem Bildungsgipfel aber zunächst wieder nur allgemeine Absichtserklärungen erwartet.

Lebenslanges Lernen: Die Bundesregirung will eine "Weiterbildungskampagne" starten. Was das bedeutet, bleibt noch im Ungefähren. Geplant ist aber ein millionenschwerer Wettbewerb für die Hochschulen. Sie sollen angeregt werden, mehr praxisnahe und berufsbegleitende Studiengänge anzubieten.

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