Vereinbarkeit von Job und Familie:Kinder und Karriere - auch für Männer

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In Deutschland ist es schwer, Kinder und Karriere zu verbinden. Für Frauen - aber vor allem für Männer.

(Foto: imago/Westend61)

Frauen können nur erfolgreich sein, wenn auch Väter sich mehr um die Kinder kümmern. Der Fall Asmussen zeigt, wie schwer ihnen das Unternehmen machen.

Kommentar von Andrea Rexer

Wenn Männer über Familie reden, brauchen sie ein dickes Fell. Jörg Asmussen wird gerade mit Häme überschüttet, weil er das Wort Kinder zu oft in den Mund genommen hat.

Zuerst hat der zweifache Vater seinen Job als Direktor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt sausen lassen, um zurück nach Berlin zu gehen. Damals führte er seine Familie als Grund für den vorzeitigen Abgang an.

Nun sollte er zum Jahresende vom Arbeitsministerium in die Führung der staatlichen Förderbank KfW nach Frankfurt wechseln - und lässt den Deal erneut wegen der Familie platzen. Er wollte einen Tag in der Woche von der Berliner Repräsentanz aus arbeiten, doch die KfW ließ das nicht zu.

Der Fall zeigt deutlich, wie schwer es in Deutschland ist, Kinder und Karriere zu verbinden. Für Frauen - aber vor allem für Männer.

Männern wird nicht zugetraut, dass sie sich fürs Windelwechseln interessieren könnten

Denn für sie ist die Hürde, der Familie wegen den Arbeitgeber nach Zugeständnissen zu fragen, viel höher als bei Frauen. Das zeigt eine Studie des Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialforschung. Männer trauen sich häufig nicht, Elternzeit zu beantragen - auch wenn diese von der Politik gefördert wird. Sie haben Angst, dass die Auszeit ihrer Karriere schaden könnte. Ganz ähnlich verhält es sich mit anderen Zugeständnissen, etwa was flexible Bürozeiten oder arbeiten von Zuhause aus angeht.

Der Fall Asmussen zeigt, dass die Angst nicht unberechtigt ist. Die Erwartungshaltung in unserer Gesellschaft ist noch immer, dass vorrangig die Frau für die Kinder zu sorgen hat. Männern wird schlicht nicht zugetraut, dass sie sich ernsthaft fürs Windelwechseln und die ersten Schritte ihres Kindes interessieren könnten. Ein Mann, der seine Stundenzahl reduzieren möchte, oder Teleworking einfordert, wird schief angeschaut.

Vatersein ist so hip wie nie zuvor

Das wird sich ändern. Denn vor allem die jungen Männer fordern eine gleichberechtigte Rolle in der Kindererziehung ein. Vatersein ist so hip wie nie zuvor. Dass Facebook-Gründer Mark Zuckerberg Fotos veröffentlicht, auf denen er seine Tochter wickelt, sind nur das jüngste und sichtbarste Zeichen dieses Umbruchs.

Realisieren lässt sich eine aktive Vaterrolle in Kombination mit einer Karriere jedoch nur, wenn die Unternehmen ihren Mitarbeitern entgegenkommen.

Die besten Absolventen pfeifen auf traditionelle Karrieremuster

In Deutschland ist davon wenig zu spüren. Mit ihrer strengen Präsenzkultur ist die deutsche Wirtschaft noch immer auf das Versorger-Modell ausgerichtet. Auf den gesellschaftlichen Wandel sind die Unternehmen schlecht vorbereitet. Damit schaden sie sich selbst am meisten.

Denn schon jetzt zieht es die besten Absolventen in die Start-up-Szene. Sie pfeifen auf traditionelle Karrieremuster, weil ihnen selbstbestimmtes Arbeiten wichtiger ist als ein Titel. Die Personalchefs von Großkonzernen und Banken lamentieren darüber, wie frech die besten Absolventen nach Freizeit statt einem Dienstwagen fragen. Sie sollten besser überdenken, ob ihre Organisationsform noch zeitgemäß ist und was sie tun könnten, um die Talente an sich zu binden.

Kitas und Teilzeit sind nicht genug

Nur wenige Unternehmen haben erkannt, wohin die Reise geht: So hat etwa Microsoft Deutschland kurzerhand die Präsenzpflicht abgeschafft. Die Mitarbeiter arbeiten wo und wann sie wollen, Hauptsache, die Arbeit wird getan. Dieses Modell lässt sich freilich nicht auf alle Branchen und Unternehmen übertragen, aber es könnte ein Denkanstoß sein, um zu überlegen, wo im jeweiligen Betrieb mehr Flexibilität möglich wäre.

Kinderkrippen, Kindergärten und Teilzeitmodelle sind schön und gut. Sie helfen, Kinder und Arbeit irgendwie zu vereinen. Sollen aber Kinder und Aufstiegschancen möglich werden, braucht es mehr. Es braucht das Verständnis des Arbeitgebers. Das würde es vor allem Männern erleichtern, sich in der Kindererziehung stärker zu engagieren.

Die KfW-Bank verpasst eine Chance

Gerade der KfW stünde es als Bank im Staatseigentum gut zu Gesichte, in Sachen Vereinbarkeit von Familie und Karriere eine Vorreiterrolle einzunehmen. Nun verweigert sie einer Führungskraft das "Privileg" einen Tag von einem anderen Dienstort aus zu arbeiten und verhindert ein positives Vorbild, auf das sich andere Männer berufen könnten.

Das ist eine verpasste Chance.

Und es läuft den Absichten der Bundesregierung zuwider, die sich zum Ziel gesetzt hat, mehr Frauen in Arbeit und in Führungspositionen zu bringen. Denn erfolgreiche Frauenförderung setzt auch bei den Männern an: Wird es ihnen erleichtert, für ihre Familie zurückzustecken, dann erweitert das den Spielraum für ihre Partnerinnen. Die so häufig geforderte Wahlfreiheit für Mütter muss auch für Väter gelten.

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