Verband berufstätiger Mütter:Echte Veränderung

Die aktuelle Gesetzeslage fördert die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt nicht. Der Verband berufstätiger Mütter plädiert daher seit längerem schon für eine entsprechende Anpassung von Arbeits-, Sozial- und Familienrecht.

Von Felicitas Witte

Endlich handeln, statt die Statistik zu diskutieren - das fordert Cornelia Spachtholz schon lange. Die Diplom-Kauffrau ist Vorsitzende des Verbandes berufstätiger Mütter (VBM), der sich für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einsetzt. "Zehn Jahre Equal Pay Day - und noch immer ist es ein Eiertanz um die Berechnung der Lohnlücke statt notwendiger Veränderungen für echte Gleichberechtigung", sagt Spachtholz.

Gegründet wurde der VBM 1990 in Köln an einem Küchentisch. "Acht Freundinnen, die bestens ausgebildet waren und Mütter wurden, waren es leid, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie als privates Problem angesehen wurde", erzählt Spachtholz. Das Private ist aber politisch, da waren sich die Freundinnen einig, und gründeten den VBM.

Viele Mütter benötigen im Alter die Solidargemeinschaft

Engagiert kämpfen die VBM-Mütter seitdem für ihre Vision einer gleichberechtigten Welt. Dazu gehören Ganztagsbetreuung, Ganztagsschulen und Ferienbetreuung mit einem Rechtsanspruch, flexible Arbeitszeitmodelle, die Frauenquote, der Rechtsanspruch auf Rückkehr von Teilzeit zu Vollzeit, Abschaffung des Ehegatten-Splittings, Transparenz der Gehälter und die gleichwertige Bezahlung von Männern und Frauen. Es gäbe viele gute Gründe für Frauen, sich für die Ziele einzusetzen, sagt Spachtholz - zum Beispiel die drohende Altersarmut von Müttern. "Erschreckend finde ich, dass Frauen durchschnittlich knapp 53 Prozent weniger Rente durch eigen erworbene Ansprüche erhalten als Männer. Und unter den Frauen sind es besonders die Mütter, die im Alter auf die Solidargemeinschaft angewiesen sind." Um Familien, Unternehmen und Politiker für dieses Thema zu sensibilisieren, initiierte der VBM 2014 zum ersten Mal den "Equal Pension Day", der Anfang August stattfindet. "Wir haben das Datum damals symbolisch gewählt, weil es rund sieben Monate länger dauerte, bis eine Frau die gleiche Rente wie ein Mann erarbeitete", erklärt Spachtholz. Junge Eltern würden sich bei der Familiengründung sehr stark davon leiten lassen, ob sich Beruf und Familie akut vereinbaren liessen und ob es sich auf dem Familienkonto auszahlt. "Die langfristigen Konsequenzen sind ihnen aber nicht bewusst, nämlich dass Frauen in der Regel nach einer Trennung oder spätestens im Alter ihre eigene Existenz nicht mehr sichern können." Der VBM habe zwar schon viel erreicht, zufrieden seien die VBM-Frauen aber noch nicht. "Beruf und Familie lassen sich lebenslang immer noch nicht gut vereinbaren, wie wir es seit der Gründung fordern." Eigentlich wüssten doch alle, was getan werden müsse: das Familien-, Steuer-, Sozial- und Arbeitsrecht ändern und konservative gesellschaftliche Strukturen aufbrechen. "Wir haben kein Erkenntnisproblem - es fehlt schlicht an der Umsetzung", sagt Spachtholz.

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