Venture Capital:Geld für gute Ideen

Venture Capital: Marina Zubrod, Chiara Sommer und Videesha Kunkulagunta (von links nach rechts) bloggen zum Thema Venture Capital.

Marina Zubrod, Chiara Sommer und Videesha Kunkulagunta (von links nach rechts) bloggen zum Thema Venture Capital.

(Foto: Silke Werzinger)

Selbst das genialste Geschäftsmodell braucht eine Finanzierung: Drei Wagniskapitalgeberinnen erklären, was Gründerinnen und Gründer wissen müssen.

Interview von Lea Hampel

Marina Zubrod, Videesha Kunkulagunta und Chiara Sommer haben ein Blog, mit dem sie die, wie sie es nennen, "Blackbox Venture Capital" öffnen wollen - für Gründer auf der Suche nach finanzieller Unterstützung, aber auch in der Branche. Austausch ist "superwichtig", sagen sie und erzählen gern von ihren Erfahrungen.

PLAN W: Woran erkennt man eine gute Idee?

CHIARA SOMMER: Idealerweise gibt es ein gutes Team, die Möglichkeit, die Idee umzusetzen - zum Beispiel die Technologie-, ein cleveres Geschäftsmodell und einen Markt. Aber in den meisten Fällen passt nie alles. Mit der Zeit lernt man: Die Idee verschafft einem am Anfang einen direkten Wettbewerbsvorteil, jedoch ist wichtig, dass das Team schnell umsetzen und adaptieren kann.

MARINA ZUBROD: Stimmt, denn selbst ein schlechtes Produkt kann von einem Bombenteam vorangetrieben werden - und umgekehrt.

VIDEESHA KUNKULAGUNTA: Das Timing ist wichtig, vor allem bei technologischen Neuerungen. Denn es gibt viele Möglichkeiten, Probleme zu lösen. Wenn man es hingegen schlecht anstellt, verpasst man eine ganze Technologie.

Muss denn die Idee immer mit neuer Technologie zusammenhängen?

SOMMER: Es ist einfach oft der Fall - oder die Idee stellt einen vorhandenen Markt auf den Kopf oder ermöglicht einen Preiskampf, der vorher nicht da war.

ZUBROD: Auf keinen Fall muss es immer neue Technologie sein. Zalando zum Beispiel zeigt: Man kann erfolgreich sein, obwohl die Idee an sich banal ist.

SOMMER: Es geht eher um etwas, was wir "executional excellence" nennen - also die perfekte Ausführung.

Wie sehr verändern sich Ideen bis zur und auch nach der Gründung?

SOMMER: Sehr stark. Die Innovationszyklen sind kurz, die Märkte und die Nachfrage verändern sich schnell. In meinem Portfolio gibt es kaum eine Firma, die so geblieben ist, wie sie gestartet ist. Ein Beispiel ist Asanayoga. Gestartet wurde mit Yoga-E-Commerce, dann die Entwicklung zur Yoga-App. Das Angebot wurde immer weiter angepasst und geht nun mehr in Richtung Fitness-Plattform. Mittlerweile spielen sogar Ernährungsaspekte eine Rolle. Änderungen gibt es in Firmen in dieser Branche im wöchentlichen Rhythmus.

ZUBROD: Ich bin seit Kurzem unter die Gründer gegangen, mit einem Versicherungsdienstleister, und tue gerade genau das: Ich drehe die Geschäftsidee komplett um. Bisher haben wir uns an Endkunden gerichtet, nun konzentrieren wir uns auf Geschäftskunden. Die Gründe: Wir waren zu spät dran, andere haben besser und schneller gegründet und hatten mehr Kapital, der Markt ist überfüllt.

KUNKULAGUNTA: Diese Gefahr besteht immer, vor allem weil es günstiger geworden ist, eine Firma zu gründen und aufzubauen. Die Wahrscheinlichkeit, dass andere die gleiche Gelegenheit sehen, ist hoch. Dann geht es nur darum, wer das Rennen um Geld gewinnt.

SOMMER: Wenn Technologie und Geld fehlen, helfen Innovation und eine passende Marktstruktur auch nicht.

"Wir sind Beschützer und Weichensteller"

Wie wichtig ist der Kapitalgeber für den Erfolg einer Gründung?

ZUBROD: Absolut entscheidend.

KUNKULAGUNTA: Wir sind gleichzeitig Beschützer und Weichensteller. Wir helfen den Gründern, ihre Geschichte richtig zu erzählen. Natürlich können wir nicht die Zukunft vorhersagen, aber wir helfen herauszufinden, was wichtig wird.

SOMMER: Als Wagniskapitalgeber kennst du so viele andere Firmen, Trends, hast den Überblick über die Märkte. Die Gründer konzentrieren sich natürlich auf ihre eigene Idee. Deshalb brauchen sie Menschen, die das große Ganze im Blick haben und sie strategisch beraten.

ZUBROD: Manche Gründer glauben zwar nicht an die Theorie vom "klugen Geld", aber ich bin überzeugt: Allein schafft man es nicht. Man braucht jemanden, der etwas Distanz hat.

KUNKULAGUNTA: Wir sprechen zudem die Sprache anderer Kapitalgeber. Wir wissen, welche Geschichten die hören wollen. Und es läuft ja immer so: Viele Gründer finden zunächst mal keine Investoren, doch dann wecken sie gleich das Interesse von ein paar, sodass sie auf einmal extrem gefragt sind. Dann entsteht der Lemmingeffekt, und aus einer Idee wird eine heiße Investmentmöglichkeit. Die Investoren bekommen das Gefühl, dass sie etwas verpassen ("the fear of missing out").

Wie seht ihr derzeit den Markt für Venture Capital in Deutschland? Stimmt das noch: wenige Zentren, wenig Geld?

SOMMER: Die Antwort ist nicht pauschal zu treffen. Für bestimmte Technologiesegmente hat sich der VC-Markt entspannt. Sehr gute Ideen und Teams bei gewisser Reife bekommen VC-Geld. Aber in Summe ist immer noch nicht genügend Geld im Markt, als dass Start-ups wirklich große Fortschritte machen könnten. Um in einem Bereich führend zu werden, braucht es einfach richtig viel Geld. Das fehlt hier, vor allem im Vergleich zu den USA und China.

KUNKULAGUNTA: Gleichzeitig sehen sich zunehmend amerikanische Investoren auf dem deutschen Markt um, sie könnten die bisher bestehende Lücke im späteren Gründungsstadium füllen. Die Ökosysteme für Gründer wachsen in Städten wie München und Hamburg jeden Tag. Man muss nicht in Berlin sitzen, um zu gründen.

Welche typischen Fehler machen Gründer?

ZUBROD: Das mag hart klingen, aber manche sind zu arrogant.

KUNKULAGUNTA: Manche hören ihren Kunden nicht genug zu. Die denken, sie müssten überzeugt wirken und treten deshalb so auf.

SOMMER: Außerdem ist es wichtig, dass sich das Team gegenseitig ergänzt und nicht alle die gleiche Ausbildung haben.

KUNKULAGUNTA: Auch über die Aufteilung des Kapitals sollte man nachdenken. Zu viele Anteile an den ersten Investor zu geben, ist ein typischer Fehler.

Ihr betont auch, wie wichtig Offenheit ist. Besteht da nicht die Gefahr, dass Ideen kopiert werden?

KUNKULAGUNTA: Ein Kapitalgeber wird garantiert keinen Einfall klauen. Deren Ruf ist ihre Währung. Wenn einer eine Idee stiehlt, spricht sich das rum.

ZUBROD: Selten erfindet man das Rad neu, also kann man ruhig offen sein. 
Außerdem sollte man als Gründer auf seine Fähigkeiten vertrauen. Solch ein Vertrauen kann einem keiner klauen, nur weil man von der Idee erzählt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: