USA:Das große Vorbild

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Unter den 4000 US-Hochschulen sind nur wenige Harvards.

Von Jeanne Rubner

"Dieses Land ist anti-intellektuell", sagte kürzlich ein hochrangiger Professor der New Yorker Columbia Universität der SZ, und wollte lieber nicht genannt werden. Er meinte damit vor allem die Mehrzahl der jungen Amerikaner, die sich ungerne mit langen, schwierigen Studien plagen, sondern lieber schnell Geld verdienen. Anti-intellektuell und dennoch Vorbild für Deutschlands neue Elite-Universitäten und Innovationsoffensive - wie passt das zusammen?

Es passt insofern zusammen, als beim Schielen nach Harvard und Stanford immer nur ein winziger Lichtkegel der gesamten amerikanischen Hochschulszene ausgeleuchtet wird. 4000 Hochschulen zählt das Land, die Mehrzahl sind zweijährige Junior Colleges, bessere Berufsgymnasien also oder vierjährige Colleges, an denen man einen Bachelor-Abschluss erwerben kann. Mit deutschen Universitäten oder Fachhochschulen lassen sich nur die Forschungsuniversitäten vergleichen, die Master und Ph.D.-Abschlüsse verleihen können - das sind landesweit nur gut 200.

Dennoch: Zu diesen 200 zählen die weltweit Besten, die alle Ranglisten anführen und Motor des gesamten Systems sind. Harvard, Stanford, Yale, Princeton und Caltech gehören dazu. Sie sind, wie knapp 60 Prozent aller US-Hochschulen, privat; sie werden freilich über Stipendien und Darlehen für Studiengebühren indirekt vom Staat unterstützt. Und sie konkurrieren mit hervorragenden staatlichen Universitäten wie denen von Kalifornien, Wisconsin oder Washington.

Es gibt mehrere Ingredienzien, die den Erfolg der amerikanischen Universitäten ausmachen. Die wichtigste dürfte der Wettbewerb um die besten Köpfe sein. Das bezieht sich sowohl auf Studenten als auch auf Professoren. Knapp 50.000 ausländische Wissenschaftler forschen an den US-Hochschulen, das entspricht 20 Prozent des akademischen Lehrpersonals. Wirksam ist der Wettbewerb vor allem in Naturwissenschaften und Technik: An vielen Fakultäten stammt nur noch gut die Hälfte der Professoren aus den USA, 60 Prozent aller Physik-Doktoranden sind im Ausland geboren. Das Werben um Ausländer ist auch notwendig, denn ihren Bedarf an Nachwuchs können die meisten Fakultäten nicht mehr im eigenen Land decken.

Gelockt werden die Professoren mit guten Gehältern, weniger mit feudalen Arbeitsbedingungen. Auch Nobelpreisträger sitzen oft in kleinen Büros und müssen mit einer Drittel-Sekretärin auskommen. Man erwartet von ihnen, dass sie Drittmittel einwerben - und damit auch noch den "overhead" für die Verwaltung. Trotzdem rühmen fast alle die anregende, forschungsintensive Atmosphäre.

Kein Ausruhen

Die besten Studenten wiederum gehen dorthin, wo die renommiertesten Professoren sitzen. Ausgewählt werden sie nur teilweise durch ihr Ergebnis beim landesweiten "Scholastic Aptitude Test" (SAT). Es zählen vielmehr auch außerschulisches Engagement und die Referate, die zur Bewerbung gehören. Auch Studenten können sich kaum ausruhen. Zwar wird immer wieder Kritik laut, dass alle, die sich einmal Einlass an eine Spitzenuniversität verschafft haben, diese auch nicht ohne Abschluss verlassen. Doch in der Regel arbeiten Studenten in den USA härter als in Deutschland, sie haben ständig Prüfungen, leben in kargen Zimmern auf dem Campus und stehen unter enormen Erfolgsdruck.

Mit Sicherheit ist es dieses Klima des Wettbewerbs, das Gefühl zu den Besten zu gehören, die zu Höchstleistungen anspornen - und jene Absolventen hervorbringt, die später ihren Dank mit generösen Spenden ausdrücken.

© SZ vom 12.1.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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