Urteil vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf:Frage nach Schwangerschaft kostet 10.800 Euro

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Wer heiratet, will vermutlich auch eine Familie gründen - und ist deshalb keine verlässliche Arbeitskraft. So dachte zumindest ein Arbeitgeber aus Düsseldorf und sprach einer Mitarbeiterin die Kündigung aus. Jetzt hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in dem Fall entschieden.

Über ambitionierte Mitarbeiter freut sich jeder Chef - sollte man zumindest meinen. Nicht so im Fall einer Kosmetikerin aus Düsseldorf: Als die junge Frau ihrem Arbeitgeber mitteilte, sie sei an einer Arbeitszeiterhöhung interessiert, reagierte dieser mit einer E-Mail, für die ihn das Landesarbeitsgericht Düsseldorf jetzt zur Zahlung einer Entschädigung in fünfstelliger Höhe verdonnert hat.

In dem digitalen Schreiben, Betreffzeile: "Berufs- vs. Familienplanung", hatte der Arbeitgeber seine Mitarbeiterin gefragt, ob bei ihr mit einer baldigen Schwangerschaft zu rechnen sei. Ihre bevorstehende Heirat lasse dies vermuten. Anstatt der Aufstockung bekam die Frau schließlich die Kündigung.

Das Düsseldorfer Gericht wertete dies wie schon die vorherige Instanz als Diskriminierung und sprach der Klägerin 10.800 Euro Entschädigung zu. Der Arbeitgeber habe den Diskriminierungsgrund "mit seltener Deutlichkeit praktisch auf dem Tablett" präsentiert, sagte der Vorsitzende Richter Martin Quecke. Der Arbeitgeber zog seine Berufung gegen das Urteil am Mittwoch zurück, nachdem ihm das Gericht geringe Erfolgschancen bescheinigt hatte. Die Entscheidung ist damit rechtskräftig.

"Unfassbar in dieser Direktheit"

Der Arbeitgeber hatte behauptet, die Arbeitszeit sei aus einem anderen Grund - nämlich wegen schlechter Umsatzzahlen - nicht erhöht worden. Die 35-Jährige hatte dagegengehalten: Ihr sei die Vollzeitstelle als Standortleiterin sogar mündlich zugesagt worden, erklärte die Klägerin. Daraufhin habe sie ihre eigene Praxis als Heilpraktikerin aufgegeben. Als sie ihre Hochzeitsvorbereitungen erwähnt habe, sei plötzlich alles anders gewesen.

Noch im Gütetermin vor Gericht sei ihrer Mandantin eine fristlose Kündigung überreicht worden, sagte Rechtsanwältin Alexandra Schriefers. Das Verhalten des Arbeitgebers sei "unfassbar in dieser Direktheit".

Weil die Kosmetikerin schnell eine neue Stelle gefunden hatte, beendete sie das Arbeitsverhältnis ohne Abfindung. Die neue Firma war aber wenige Monate später insolvent.

© Süddeutsche.de/dpa/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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