Unternehmensgründung:Frauen fehlt der Mut

Wer in der Krise seinen Job verliert, sucht eine neue Stelle - oder macht sich selbständig. Bettina Wenzel berät Frauen auf ihrem Weg ins Unternehmertum und erklärt, warum das nötig ist.

Maria Holzmüller

Wer in der Wirtschaftskrise seinen Job verliert, sucht nach einer neuen Anstellung - oder versucht sein Glück als Selbständiger. Die Zahl der Firmengründungen steigt, auch immer mehr Frauen wollen ihr eigener Chef sein. Der Anteil der weiblichen Selbständigen stieg in Deutschland von 27 Prozent (1996) auf 41 Prozent (2008). Das Projekt Guide der GründerRegio M. - einer Initiative der Region München - berät Frauen auf ihrem Weg in die Selbständigkeit. Projektleiterin Bettina Wenzel über ein neues Phänomen.

sueddeutsche.de: Das Projekt Guide der GründerRegio M. bietet Beratung für den Schritt in die berufliche Selbständigkeit. Warum speziell für Frauen?

Bettina Wenzel: Unser Projekt gibt es jetzt seit Juli 2005 und die Erfahrung hat gezeigt: Frauen gründen anders als Männer. Sehr viele versuchen die berufliche Selbständigkeit mit ihrem Familienleben zu vereinbaren - und gründen deshalb in Teilzeit oder während der Elternzeit.

sueddeutsche.de: Ist es denn sinvoll sich in Teilzeit selbständig zu machen?

Wenzel: Ich befürworte jede Teilzeitgründung, sofern die Gründerin wirklich zu 100 Prozent hinter ihrem Vorhaben steht. Ist das der Fall, dann ist die Zeit, die jemand in sein Unternehmen investiert sekundär - außer natürlich, jemand möchte ein Tagescafé eröffnen. Aber in den meisten Branchen lässt sich auch in Teilzeit erfolgreich selbständig arbeiten, egal, ob als Übersetzerin, in der Pressearbeit oder als Heilpraktikerin.

sueddeutsche.de: Lohnt sich so eine Teilzeitgründung auch finanziell?

Wenzel: Sie lohnt sich immer, ich sehe da nicht nur den monetären Aspekt. Manchmal bleibt nur sehr wenig Geld übrig, aber dafür verspüren die Frauen eine hohe persönliche und berufliche Zufriedenheit. Sie sehen, dass sie nicht nur da sind, um die Wäsche der Familie zu waschen. Das eigene Unternehmen kann der perfekte Ausgleich sein und wirkt sich auch positiv auf die Kinder aus. Sie sehen, dass ihre Mutter Erfolg hat und zufrieden ist.

sueddeutsche.de: Inwiefern gehen Frauen anders in die Selbständigkeit als Männer?

Wenzel: Sie sind in ihrem Vorhaben meist vorsichtiger als Männer, dafür aber wesentlich besser vorbereitet. Sie nehmen gerne ausführliche Beratungsgespräche in Anspruch, wenden sich oft an verschiedene Beratungsstellen gleichzeitig - sind aber weniger risikofreudig als Männer und haben ein geringeres Selbstvertrauen. Deshalb organisieren wir regelmäßig Netzwerktreffen mit bereits erfolgreichen Gründerinnen. Die motivieren andere Frauen.

sueddeutsche.de: Welche Ziele haben die Frauen, die zu Ihnen kommen?

Wenzel: Zwei Drittel der Frauen, die wir beraten, wollen sich auf einer Basis von 20 bis 30 Stunden selbständig machen. 20 Prozent machen sich schon während der Elternzeit selbständig, und 20 Prozent bauen neben ihrer Tätigkeit als Angestellte ein eigenes Unternehmen auf. Je nach Erfolg wollen sie ihr Angestelltenverhältnis dann irgendwann verlassen.

Arbeitslosigkeit als Chance

sueddeutsche.de: Welche Branchen sind am beliebtesten bei Gründerinnen?

Wenzel: 27 Prozent der Frauen, die zu uns kommen, sind im Bereich der beratenden Dienstleistung tätig, 25 Prozent machen sich im Bereich "Gesundheit und Soziales" selbständig, zum Beispiel in den alternativen Heilberufen oder als Englischlehrerin für Kinder. Beliebt sind auch Medien, Kommunikation und Webdesign. Nur zwei Prozent hingegen wollen ein Café eröffnen oder einen technologischen Beruf ausüben.

sueddeutsche.de: Was sind die Hauptprobleme, mit denen die Frauen zu kämpfen haben?

Wenzel: Am Anfang steht oft die Sorge "Schaffe ich das alles überhaupt?". Die Frauen haben Angst, persönlich oder wirtschaftlich zu scheitern, ihren Zeitplan nicht einhalten zu können oder bei der Bank um einen Kredit zu bitten. Die Erstentwürfe ihres Businessplans sind meist gut, aber wenn es um die Finanzplanung geht, geben viele Frauen einfach auf.

sueddeutsche.de: Was raten Sie Frauen, die darüber nachdenken, sich selbständig zu machen?

Wenzel: Sie sollten den Austausch mit anderen Selbständigen suchen, anstatt sich mit angestellten Freunden darüber zu unterhalten. Wichtig ist auch, sich über die eigenen Stärken und Schwächen bewusst zu werden - und gegebenenfalls Hilfe für die Aufgabenbereiche suchen, die einem nicht so liegen, zum Beispiel eine gute Steuerberaterin oder eine EDV-Fachkraft.

sueddeutsche.de: Hat die Zahl der Neugründungen aus Ihrem Projekt heraus in der Wirtschaftskrise zugenommen?

Wenzel: Sehr viele Gründungen entstehen zurzeit aus der Arbeitslosigkeit heraus, aber 90 Prozent dieser Frauen sehen ihre Situation als Chance. Oft waren sie in ihrem Job schon vorher unzufrieden, haben nur den Absprung nicht geschafft.

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