Zweifelhafte Thesen:"Viele Frauen genießen es, wenn Männer sich abschlachten"

Diese und ähnliche Thesen von Gastprofessor Martin van Creveld wollten Studenten der Uni Trier nicht mehr hören. Jetzt an die Uni den Militärhistoriker vor die Tür gesetzt.

Kim-Björn Becker

Für drei Monate hätte der israelische Kriegshistoriker Martin van Creveld eigentlich an der Universität Trier forschen und lehren sollen, am interdisziplinären Historisch-Kulturwissenschaftlichen Forschungszentrum (HKFZ). Nun hat die Hochschule den 65-jährigen Gastwissenschaftler vorzeitig entlassen - auf Druck von Studenten.

Nachdem Details über seinen Antrittsvortrag zum Thema "Männer, Frauen, Kriegsspiele und Kultur" bekannt wurden, formierte sich Widerstand gegen van Creveld. In dem Vortrag hatte er unter anderem die These vertreten, dass "viele Frauen es genießen, wie Männer sich gegenseitig abschlachten". Und weiter: "Ohne Frauen, die sich verführen lassen, hätte es weder Kriege noch Kriegsspiele gegeben."

In einem offenen Brief forderten der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) sowie acht Hochschulgruppen daraufhin, den Gastforscher zu entlassen. Seine Thesen seien "frauenfeindlich, militaristisch, latent antiisraelisch", zudem habe der Militärhistoriker "vulgärwissenschaftlich und methodisch primitiv" gearbeitet.

Vergangene Woche beschlossen das HKFZ und van Creveld, dessen Vertrag aufzulösen. In einer Stellungnahme begründet das HKFZ den Schritt damit, dass van Crevelds Aussagen "im strikten Sinne indiskutabel" seien und "seriöse und methodische Standards vermissen" ließen.

Auch der Präsident der Universität, Michael Jäckel, bezog Stellung: Van Creveld habe das ihm gebotene Forum "für die Darstellung von Thesen verwandt, die sich aufgrund des Inhalts einer sachlichen Diskussion entziehen".

"Zensur - die Uni macht mit"

Martin van Creveld will das so nicht stehenlassen. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung erhebt er schwere Vorwürfe: "Hier geht es um Zensur, und die Universität macht mit." Über jene, die den Protest in Gang gesetzt haben, sagt er: "Die Studenten urteilen wie die Nazis. 1933 hat man Bücher verbrannt, heute versucht man, unliebsame Professoren kaltzustellen." AStA-Sprecher Christian Lehberger kritisiert, der Vergleich diene "als bloßes Totschlagargument".

Offen bleibt vorerst, ob den Verantwortlichen klar war, wen sie da als Gast holten. Ulrich Port, stellvertretender Leiter des HKFZ, sagte der SZ, dass van Creveld eingeladen worden war, um über das Thema "Krieg und Raum" zu sprechen. Über seine Thesen zur Rolle der Frau im Krieg sei dem HKFZ zunächst nichts bekannt gewesen.

Allerdings bestätigen beide Seiten, dass das Vortragsthema abgestimmt worden sei. "Hätten wir diese Seite der Publikationsaktivitäten von Herrn van Creveld vorher gekannt, und das sagen wir durchaus selbstkritisch, wäre er nicht als Fellow eingeladen worden", betont das HKFZ.

"Diese Seite", das ist vor allem das Buch Das bevorzugte Geschlecht von 2003. Dieses ist aber mitnichten unbekannt, es wurde damals in der überregionalen Presse rezensiert, zumeist äußerst negativ.

Unterdessen hat Martin Wagener, Politik-Juniorprofessor an der Uni Trier, van Creveld in einem offenen Brief in Schutz genommen. Darin nennt er die protestierenden Studenten "akademische Heckenschützen": "Diejenigen, die sich nun empören, hatten im Vortragsraum nicht den Schneid, Herrn van Creveld offen argumentativ entgegenzutreten." Für einen Wissenschaftler sei es "sehr demütigend, in der gegenwärtigen Form vorgeführt zu werden".

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