Umgangston am Arbeitsplatz:Je unfreundlicher, desto unkonzentrierter

Anschreien bringt nichts. Chefs, die ihre Mitarbeiter grob zurechtweisen, sorgen für eine höhere Fehlerquote im Unternehmen.

Werner Bartens

Ruppiger, rüpelhafter Umgang bei der Arbeit führt zu mehr Fehlern. Dies gilt nicht nur für jene, die selbst angeschnauzt oder grob behandelt werden, sondern auch für die Zeugen eines solchen Benehmens. Zu diesem Ergebnis kommt Rhona Flin von der Universität Aberdeen im Fachblatt British Medical Journal (Bd.340, S.c2480, 2010). "Besonders im Operationssaal kann ein ruppiger Umgang die Konzentration und Leistung der Mitarbeiter beeinträchtigen", sagt die Psychologin. "Für die Patienten in der Chirurgie kann es deshalb gefährlich werden."

Chef zornig, wütend, Faust

Aggressionen im Job können die Karriere vorantreiben - wenn sie richtig eingesetzt werden.

Vergangenes Jahr zeigte eine Untersuchung, dass Studenten deutlich schlechter in Gedächtnistests, bei kreativen Aufgaben oder in anderen kognitiven Untersuchungen abschnitten, wenn sie zuvor miterlebt hatten, wie ein Kommilitone vom Professor vor den anderen rüde zurechtgewiesen und getadelt wurde. Bekannt ist auch der Fall der Airbus-Piloten, die mit 147 Passagieren an Bord auf dem Weg von San Diego nach Minneapolis während einer heftigen verbalen Auseinandersetzung das Ziel aus den Augen verloren. Sie flogen 150 Meilen zu weit, weil der Streit ihre ganze Konzentration in Anspruch nahm. Das Flugzeug landete nach dem Umweg zwar sicher, die Piloten wurden jedoch suspendiert, weil sie die Passagiere in Gefahr brachten.

Einen schroffen Ton und abweisendes Verhalten erleben viele Arbeitnehmer. Eine Umfrage unter 800 Angestellten ergab, dass mehr als zehn Prozent von ihnen täglich ruppigen Umgang erleben. Eine englische Befragung unter Mitarbeitern in der Chirurgie zeigte, dass die Hälfte bis zwei Drittel in den vergangenen Monaten Opfer aggressiven Verhaltens im OP-Bereich wurden. "Wer sich um mehr Sicherheit für Patienten bemüht, sollte wissen, dass ein ziviler Umgang der Ärzte, Pflegekräfte und Helfer untereinander mehr Nutzen mit sich bringt, als nur für harmonische Atmosphäre zu sorgen", sagt Flin.

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