Überwachungssoftware:Arbeitgeber darf Mitarbeitertastatur nicht heimlich überwachen

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Technisch ist es längst möglich, Mitarbeiter bis ins Detail am Arbeitsplatz zu kontrollieren. Doch Arbeitnehmer müssen sich nicht alles gefallen lassen. (Foto: dpa)
  • Das Bundesarbeitsgericht stärkt erneut die Arbeitnehmerrechte.
  • Die Kündigung eines heimlich überwachten Web-Entwicklers, der seinen Dienstcomputer privat genutzt hat, sei nicht zulässig.
  • Grundsätzlich untersagt das Gericht die Nutzung von Überwachungssoftware aber nicht.

Von Hakan Tanriverdi, Erfurt, und Larissa Holzki

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass der Einsatz von sogenannten Keyloggern zur Kontrolle von Arbeitnehmern unzulässig ist. Dadurch gewonnene Erkenntnisse dürfen nicht verwendet werden, sofern "kein auf den Arbeitnehmer bezogener, durch konkrete Tatsachen begründeter Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung besteht." Im konkreten Fall ging es um die Kündigung eines Web-Entwicklers, der seinen Dienstcomputer privat genutzt hat und dabei mithilfe eines Keyloggers ertappt wurde.

Ein Keylogger wird eingesetzt, um zu protokollieren, welche Tasten der Nutzer auf seiner Tastatur drückt. Über diese Eingaben können Arbeitgeber zum Beispiel exakt feststellen, wonach ein Arbeiter googelt. Sie kommen auf diese Weise aber auch an Passwörter und andere sensible Daten.

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In der mündlichen Begründung seines Urteils äußerte der Senat, dass es sich um eine "verdeckte Überwachung" und Datenerhebung gehandelt habe. Der Arbeitgeber habe damit gegen die informationelle Selbstbestimmung des Arbeitnehmers verstoßen, die im Grundgesetz garantiert ist. Ein auf Tatsachen beruhender Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung, die solch einen Eingriff rechtfertigt, lag der Firma nicht vor. Deshalb spielte es auch keine Rolle, welche Einsichten der Arbeitgeber auf diese Weise über die Tätigkeiten seines Mitarbeiters gewonnen hat.

Die Firma kündigte dem Web-Entwickler aus Nordrhein-Westfalen im Jahr 2015, weil dieser am Arbeitsplatz ein eigenes Computerspiel entwickelt und für die Firma seines Vaters gearbeitet hatte - während der regulären Arbeitszeit. Das gab der Mann, der namentlich nicht genannt werden möchte, in einem Gespräch auch zu. Dass er dabei überwacht worden ist, sei ihm nicht bewusst gewesen. Gegen die Kündigung hatte er geklagt.

Zwar hatte der Arbeitgeber im April 2015 in einer E-Mail angekündigt, dass der Firma nun ein schnellerer Internet-Anschluss zur Verfügung stünde und sämtlicher Internet-Traffic und die Benutzung der Systeme "mitgeloggt", also protokolliert, würden, um Missbrauch ermitteln zu können. Dem Mitarbeiter sei nach eigenen Aussagen die Tragweite dieser Aussage nicht bewusst gewesen: "Ich bin nach dem Lesen der Mail nicht davon ausgegangen, dass ein Keylogger installiert wird", sagt der Web-Entwickler, der von 2011 bis 2015 bei der Firma beschäftigt war.

Die Argumentation der Arbeitgeberseite, dass es sich bei dem Beschuldigten um einen Fachmann handele und in der Mail auch gestanden habe, dass die Systeme von der Protokollierung erfasst würden, ließ das Erfurter Gericht nicht gelten. Der Gesetzgeber stellt hohe Anforderungen an Arbeitgeber, die für sich derartige Eingriffe in die Rechte der Arbeitnehmer beanspruchen.

"Das Urteil war zu erwarten, weil es den Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung entspricht", sagt Arbeitsrechtsexperte Daniel Hautumm. Die Überwachung von Arbeitnehmern - sei es durch Videokamera, sei es durch Keylogger - sei meist mit einem intensiven Eingriff in die Arbeitnehmerrechte verbunden. Die entsprechenden Anforderungen habe der Arbeitgeber nicht erfüllt. "Der Eingriff war übertrieben und unnötig, weil der Arbeitgeber auch mildere Methoden hätte ergreifen können, um seine Vorschriften durchzusetzen", sagt Hautumm.

Im vorliegenden Fall hat der Arbeitgeber sich zudem intransparent verhalten. Er forderte seine Mitarbeiter in einer Mail vom 19. April zwar auf, binnen einer Woche zu widersprechen, wenn sie mit dem Mitloggen des Traffics und der Systeme nicht einverstanden seien; der Keylogger kam jedoch zum Einsatz, bevor diese Frist verstrich.

Sowohl der Arbeitnehmer als auch dessen Anwalt sind erfreut über das Urteil; Damit bestätigte das Bundesarbeitsgericht die Vorinstanzen, die entschieden hatten, dass die Kündigung des Mannes nicht gerechtfertigt gewesen sei. "Eine lückenlose Aufzeichnung ist unverhältnismäßig gewesen. Das hat das Bundesarbeitsgericht heute bestätigt", sagte der Klägeranwalt. Während des Verfahrens habe der Web-Entwickler unter anderem eine neue Kreditkarte beantragen müssen, da auch diese Daten vom Keylogger gespeichert worden waren und nun mehreren Personen vorlagen, hieß es. Diese hätten, theoretisch, in seinem Namen Einkäufe tätigen können.

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