Tücken im Fahrstuhl:Jetzt bloß nicht niesen

Schweigen, quasseln, vordrängen: Wer denkt, die Benutzung eines Aufzugs sei eine banale Angelegenheit, täuscht sich. An kaum einem anderen Ort ist das Fettnäpfchen-Risiko höher. Tipps für karrieresicheres Fahrstuhl-Fahren.

Von Angelika Slavik

Es gibt da diesen Mythos vom Elevator Pitch: Junge, ambitionierte Menschen lungern so lange vor dem Aufzug herum, bis Chef oder potenzielle Kunden vorbeikommen, mit denen sie dann vermeintlich zufällig den Fahrstuhl teilen. In den kommenden 30 Sekunden preisen sie ihre Idee oder ihr Produkt so geschickt, komprimiert und überzeugend an, dass sie praktisch beim Aussteigen schon befördert und steinreich sind. Happy End, alle sind glücklich, zumindest war das immer so in den Filmen mit Michael J. Fox oder Whoopie Goldberg aus den Achtzigern.

Es gibt aber auch noch eine andere Aufzugs-Geschichte, sie dreht sich um den mittlerweile verstorbenen Apple-Gründer Steve Jobs. Der soll bei seinen Angestellten unter anderem deshalb gefürchtet gewesen sein, weil er die Angewohntheit hatte, den Aufzug für ein unangekündigtes Mitarbeitergespräch zu nützen: "Wer sind Sie, woran arbeiten Sie, warum brauchen wir das?" Wer dann keinen überzeugenden Auftritt ablieferte, das ist die Legende, der war beim Aussteigen mitunter nicht befördert, sondern seinen Job los.

Den Chef anschweigen? Keine gute Idee

Aufzugfahren scheint eine wesentlich komplexere Angelegenheit zu sein, als man im ersten Moment annehmen könnte. Ein paar der wichtigsten Spielregeln für karrieresichere Fahrstuhl-Benutzung:

Einsteigen. In dieser Frage sind sich einschlägige Experten einig - der Ranghöchste im Unternehmen darf seinen Fuß vor allen anderen Wartenden in den Fahrstuhl setzen. Gibt es firmenfremde Gäste, überlässt auch der Vorstandschef diesen den Vortritt, im Anschluss wird nach Hierarchie einsortiert. Das Geschlecht spielt im beruflichen Umfeld keine Rolle, auch wenn es unter Gleichrangigen als höflich wahrgenommen wird, der Dame den Vortritt zu lassen. Im privaten Kontext gilt übrigens: Erst die Damen, dann die Älteren. Junge Männer müssen sich zum Schluss dazuquetschen.

Einsortieren. Man hält Abstand, soweit das möglich ist. Ist der Aufzug gesteckt voll, gilt es als hilfreich, sich für die ungewohnte Nähe zumindest zu entschuldigen, dann fühlt sich niemand überrumpelt.

Smalltalk. Egal, ob man nur zu dritt in der Kabine steht oder ob sich zwanzig Leute aneinander quetschen: Das Handy sollte zumindest für diese paar Sekunden ruhen. Das heißt nicht, dass es im Aufzug still bleiben muss - wer neben den Knöpfen steht, kann etwa die anderen fragen, welche Etage für sie gewählt werden soll. Auch ein simples "Guten Morgen" kann ausreichen, um peinliches Schweigen zu vermeiden. Fahren zwei miteinander bekannte Kollegen im Aufzug, sollten sie dennoch weder über Interna noch über allzu Privates sprechen: Man verliert in einem vollen Aufzug schnell den Überblick, wer mithört.

Chefgespräch. Komplizierter wird es, wenn man mit dem Vorgesetzten in einem Aufzug landet. Schweigen sei dann keine gute Strategie, sagen Experten - zum einen, weil Vorgesetzte und ihre Mitarbeiter übers Jahr gesehen ohnehin zu selten miteinander redeten. Da solle man also jede Gelegenheit zum Austausch nutzen. Und zum zweiten, weil peinliche Stille schnell als mangelnde soziale Kompetenz ausgelegt wird. Als geeignetes Thema für ein kurzes Gespräch gilt in der Regel alles, was Vorgesetzte und Mitarbeiter verbindet - die anstehende Betriebsfeier, zum Beispiel. Der Aufbau des Firmen-Weihnachtsbaums in der Empfangshalle. Mitunter auch das gemeinsame Interesse für Fußball oder, wenn sonst gar nichts geht, auch das Wetter. Ganz schlecht sind dagegen Bemerkungen wie "Sie sehen aber müde aus", auch wenn sie mitfühlend gemeint sind, hört so etwas niemand gern. Ganz, ganz, ganz schlecht: Beschwerden vorbringen - ernste Themen verdienen auch ein seriöses Umfeld wie ein Besprechungszimmer. Auch Gehaltsgespräche führt man besser nicht im Aufzug: So günstig die Gelegenheit auch scheinen mag, nur die wenigsten Chefs machen binnen 30 Sekunden ernsthaft mehr Geld locker. Aufzugs-Mythos hin oder her.

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