Traumberuf Schriftsteller:Eine Chance für Nachwuchsliteraten

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Verlage werfen Manuskripte junger Autoren oft kistenweise in den Müll. Wer trotzdem an sein Talent als Schriftsteller glaubt, dem bietet ein Studentenverlag Aussicht auf Erfolg.

Unaufgefordert eingesandte Manuskripte junger unbekannter Autoren werden von Verlagen oft kistenweise in Kellern entsorgt. Manchmal haben die Lektoren nicht einmal die Zeit, nur einen einzigen Blick in die unzähligen Romane, Kurzgeschichten und Gedichte zu werfen. Auch eine Rückmeldung über den Eingang des Manuskripts ist selten der Fall. Manche Verlage weisen sogar explizit darauf hin, dass jedes unaufgefordert eingesandte Manuskript gegen sich arbeitet.

Das Stellwerck-Gründerteam: Die Studenten wollen jungen Autoren zu ihrer Chance verhelfen. (Foto: Foto: dpa)

Wer als Nachwuchsliterat woanders abgelehnt wird, hat womöglich bei Stellwerck in Würzburg eine Chance, dem nach eigenen Angaben bundesweit einzigen Studentenverlag. "Bei uns bekommt jeder eine Rückmeldung, wenn er ein Manuskript geschickt hat", verspricht Christine Ott, Germanistikstudentin aus Würzburg und Mitbegründerin von Stellwerck. Jeder Text werde angeschaut, jede Einsendung aufgemacht.

Kein festes Verlagsprogramm

Vier Studenten - allesamt nicht älter als 24 - kümmern sich um all diejenigen, die im deutschen Literaturbetrieb keine Gelegenheit bekommen, weil sie entweder zu jung, zu unbekannt oder zu ausgefallen sind. Ganz bewusst wählten die Nachwuchslektoren deshalb auch Stellwerck als Verlagsnamen. "Wir verstehen uns als Richtungsweiser für die neue junge Literatur, die vielleicht in Jahren schon richtungsweisend auf dem Literaturmarkt sein wird", erklärt die 23-Jährige.

Vergleicht man Stellwerck mit einem herkömmlichen Verlag, werden etliche Unterschiede deutlich. "Wir haben keinen festen Autorenpool. Bei uns kann jeder zum Autor werden", erklärt Ott. Ganz bewusst will Stellwerck auch gänzlich unbekannten Autoren eine Chance bieten - lediglich Student sollte man sein. Auch ein festes Verlagsprogramm, an dem Jahr um Jahr festgehalten wird, kennt man in Würzburg nicht.

Am Massenpublikum vorbei

"Bei uns machen die Autoren das Programm. Wir verlegen einfach das beste, was uns eingesendet wird", sagt Michael Pfeuffer, der für die Gestaltung der Bücher verantwortlich ist. Abschied von Qualität muss das noch lange nicht bedeuten. Die Studenten versichern: Nicht jede eingesendete Zeile wird gleich zum Druck gebracht.

Je nach Druckauflage wird das erste Buch die jungen Verleger mehrere tausend Euro kosten. Die Mittel hierfür müssen die vier Studierenden selbst aufbringen. Einen großen und damit teuren Stand auf der Frankfurter Buchmesse kann sich Stellwerck nicht leisten. So wird der junge Verlag das Massenpublikum zwar nicht erreichen. Doch das haben die Studenten sowieso nicht im Sinn.

Auf der nächsten Seite: Wie die Würzburger Studenten mit ihrer Homepage gerade neue Möglichkeiten von Literatur im Internet erproben.

Radikaler Blick auf die Wirklichkeit

Vor allem kleinere und alternative Buchläden zeigen Interesse am Konzept von Stellwerck. Ulla Rottmann, Inhaberin der Buchhandlung Dreizehneinhalb in Würzburg, überzeugt besonders der innovative Ansatz: "Autoren eine Chance zu geben, die von großen Verlagen nicht wahrgenommen werden, ist völlig neuartig." Rottmann will das erste Stellwerck-Produkt prominent in ihrem Laden platzieren. "Unsere Kunden sind abseits der Bestsellerlisten unterwegs", berichtet die Buchhändlerin. Ein Verlag wie Stellwerck käme da genau recht.

25 Autoren sind am ersten Buch beteiligt. Weit über 100 haben seit Oktober 2008, der Geburtsstunde von Stellwerck, Texte nach Würzburg geschickt. Alltagssituationen und scheinbar banale Gespräche werden darin erzählt. Einige Beiträge zeichnet ein radikaler Blick auf die Wirklichkeit aus. Andere Texte jonglieren mit der Erzählperspektive, wie es seit Alfred Döblin, dem Verfasser des Romans "Berlin Alexanderplatz" (1929), keiner mehr wagte.

Literatur im Internet

Für den Fall, dass der Buchhandel im Herbst nicht mitmachen wird, hat Stellwerck schon vorgesorgt: "Können wir nicht genug Bücher verkaufen", sagt Architekturstudent Pfeuffer, "werden wir einfach das Medium wechseln." Die Würzburger Studenten erproben mit ihrer Homepage gerade neue Möglichkeiten von Literatur im Internet. Regelmäßig werden Fortsetzungsgeschichten ins Netz gestellt, ein Poetry-Slam soll folgen, vielleicht ein Internet-Shop.

Noch ist das Verlegen von Büchern für die Unterfranken ein Hobby. "Wenn wir durch den Verkauf des ersten Buches unsere Ausgaben reinholen, sind wir schon froh", sagt Ott. Dennoch: Die Erfahrung, die die Verleger derzeit sammeln, schließt einen professionellen Einstieg in den Literaturbetrieb nicht aus. "Dann werden wir aber bestimmt einiges anders machen."

© dpa/Hannes Vollmuth/bön - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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