Teilzeitbeschäftigung nimmt zu:Familie statt Vollzeit

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Schon 16 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland arbeiten mit reduzierter Stundenzahl - nicht immer freiwillig. Den Teilzeitbeschäftigten drohen Hartz IV und Altersarmut.

Sibylle Haas

Immer mehr Arbeitnehmer in Deutschland gehen einer Teilzeitarbeit nach. Dies geht aus der jüngsten Untersuchung des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden hervor. Danach ist die Zahl derjenigen, die weniger als 21 Stunden in der Woche arbeiten, von 1998 bis 2008 um 39 Prozent auf 4,9 Millionen gestiegen. Das sind derzeit immerhin 16 Prozent aller abhängig Beschäftigten in der Bundesrepublik.

Familie geht vor: Trotzdem wächst der Anteil der teilzeitbeschäftigten Männer nur langsam. (Foto: Foto: ap)

Die Gründe für die Teilzeitarbeit sind vielfältig und in West- und Ostdeutschland unterschiedlich. Eine Ursache dürfte der 2001 eingeführte Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit sein, heißt es in der Untersuchung. Aber auch viele Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die gesetzlichen Änderungen zur geringfügigen Beschäftigung hätten die Schaffung von Teilzeitstellen befördert, schreiben die Statistiker weiter.

Teilzeitjob als Notlösung

Nach wie vor ist Teilzeitarbeit eine Domäne der Frauen. Der bundesamtlichen Statistik zufolge waren 2008 nur 13 Prozent der Beschäftigten mit einer Wochenarbeitszeit von weniger als 21 Stunden Männer. 1998 betrug dieser Anteil zehn Prozent. Damit ist der Anteil der teilzeitbeschäftigten Männer nur langsam gewachsen.

Mehr als die Hälfte der Teilzeitbeschäftigten hat die Arbeitszeit aus familiären Gründen reduziert. Genannt wird vor allem die Betreuung von Kindern und Pflegebedürftigen. Allerdings haben Familienpflichten als Motiv für Teilzeitjobs in den neuen Bundesländern eine viel geringere Bedeutung als in den alten, fanden die Statistiker heraus. Für 65 Prozent der Teilzeitbeschäftigten im Osten ist der Teilzeitjob nur eine Notlösung, weil sie eine Vollzeittätigkeit anstreben.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert angesichts dieser Zahlen, die Ausbreitung der unfreiwilligen Teilzeitarbeit zu stoppen, um Niedriglöhne und spätere Altersarmut zu vermeiden. Niedriglohnstrategien für Ostdeutschland seien kein Erfolgsmodell, sie dämpften vielmehr die Binnenmarktnachfrage, sagte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki am Dienstag in Berlin. "Wir fordern, dass in Ostdeutschland künftig nicht auf Billiglohn, sondern auf ein hohes Bildungsniveau sowie gute Qualität der Arbeit gesetzt wird."

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Unterstützung durch den Partner

Teilzeitbeschäftigung hat nach Angaben des Statistischen Bundesamts in allen Altersgruppen zugenommen, am stärksten bei den 45- bis 54-Jährigen und am geringsten bei den 25- bis 34-Jährigen. Mit insgesamt 60 Prozent ist die Altersgruppe der 35- bis 54-Jährigen am stärksten vertreten. Dies seien mehrheitlich Frauen.

Die Statistiker haben auch das Bildungsniveau der Teilzeitjobber untersucht. Danach haben diese einen niedrigeren Bildungsstand als die Gesamtheit der abhängig Beschäftigten: 22 Prozent haben keinen beruflichen Abschluss - bei den abhängig Beschäftigten insgesamt sind dies nur etwa 13 Prozent. Die Statistiker betonen, dass fast die Hälfte aller Teilzeitbeschäftigten geringfügig (als Minijobber oder mit einem 400-Euro-Job) beschäftigt sei und diese Form den höchsten Anteil an Personen ohne Berufsabschluss aufweise.

Jeder zweite Teilzeitjobber, so die Untersuchung, sei weder geringfügig noch befristet beschäftigt und dürfte vollständig in die sozialen Sicherungssysteme integriert sein. Gut ein Viertel der Teilzeitbeschäftigten wird durch den Partner beim Lebensunterhalt unterstützt. Etwa zehn Prozent geben an, Leistungen nach Hartz IV zu beziehen.

Das Statistische Bundesamt hat abhängig Beschäftigte im Alter von 15 bis 64 Jahren untersucht, die weniger als 21 Stunden in der Woche arbeiten. Die Statistiker betonen, es gebe keine bedeutenden Unterschiede in der Zusammensetzung der Teilzeitbeschäftigten, wenn man Teilzeitarbeit mit bis zu 30 Stunden betrachte. Ausgenommen wurden Menschen in Bildung oder Ausbildung. Auch Beschäftigte in Altersteilzeit wurden nicht berücksichtigt, weil es sich um eine staatlich geförderte Maßnahme und nicht um eine typische Teilzeitbeschäftigung handelt.

© SZ vom 29.4.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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