Tag des Ausbildungsplatzes:Eine Herzensangelegenheit

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos macht sich am Tag des Ausbildungsplatzes ein Bild von der Lage.

Philipp Mattheis

Der Lehrling macht seine Sache gut. Zwar zittert seine Stimme ein bisschen, als er dem Wirtschaftsminister erklärt, wie die Stanzmaschine funktioniert. Doch am Ende klopft ihm der Gast auf die Schulter.

Bundeswirtschaftsminister Glos

Bundeswirtschaftsminister Glos lässt sich eine Maschine erklären.

(Foto: Foto: sueddeutsche.de)

Die Kameras blitzen und der Geschäftsführer drängt, schnell weiterzugehen. An der so genannten "Lerninsel" stehen wieder zwei Azubis und erzählen, was ein Lehrling bei der Firma Winklhofer & Söhne (IWIS) lernt. Die Fotografen drängeln und machen Bilder vom Schulterklopfen.

Winklhofer & Söhne produziert Ketten aller Art. Ketten für Autos und für Maschinen und das seit vier Generationen. Gegründet wurde die Firma 1916. 58 Lehrlinge bei knapp 600 Mitarbeitern stellt der mittelständische Betrieb jedes Jahr ein. 50 Prozent haben einen Hauptschulabschluss und 50 Prozent kommen von der Realschule.

Alle von ihnen werden übernommen. Es gibt einen betriebseigenen Kindergarten und einen engagiert wirkenden Azubi-Betreuer. "Wir stellen auch Leute ohne Quali ein", sagt er. "Aber wir verlangen, dass der Lehrling seinen Abschluss nachholt."

Die Firma ist ein Musterbetrieb. Und den braucht der Minister am Tag des Ausbildungsplatzes. Das Wetter nämlich ist schlecht, die Stimmung auch und im Herbst werden wieder viele Jugendliche ohne Lehrstelle dastehen. 30.000 könnte es treffen, befürchten Politik und Arbeitsagenturen.

Doch was kann die Politik da schon tun? Nicht viel, wenn man dem Wirtschaftsminister folgt. "Die Unternehmen mögen ihren Herzen doch einen Ruck geben und Ausbildungsplätze schaffen", antwortet er auf die Frage eines Journalisten.

Eine Herzensangelegenheit

Dieser Tenor herrscht auch auf der anschließenden Pressekonferenz. Die dramatischen Zahlen, die seien mit Vorsicht zu genießen. Viele Jugendliche würden sich mehrfach bewerben, das sei zwar "menschlich verständlich", verfälsche aber die Zahlen. Zudem gäben 53 Prozent der Unternehmen ihre Stellenangebote nicht an die Bundesagentur für Arbeit weiter.

Insofern sei die Lage gar nicht so dramatisch, meint Glos. Deshalb würde auch eine Ausbildungsplatzabgabe zu nichts führen. Das findet auch Professor Greipl, Vorsitzender der IHK, der den Minister bei seinem Termin egleitet: Die Unternehmen würden sich dann nur freikaufen. Außerdem sei die Lage in Bayern sowieso eine bessere.

Noch vor wenigen Tagen hatte Glos vorgeschlagen, über die Senkungen der Lehrlingsgehälter nachzudenken. Diese Forderung wiederholt er bei seinem Unternehmensrundgang nicht direkt. Allerdings gibt er zu bedenken, dass es in der heutigen Lage mehr darum gehe, Ausbildungsplätze zu schaffen, als über die Entlohnung zu streiten. Viele Jugendliche seien froh, überhaupt einen Ausbildungsplatz zu haben.

550.000 Menschen unter 25 sind arbeitslos. Doch bleibt es bei Appellen an die Wirtschaft. Die möge nicht vergessen, dass Bildung das größte Kapital dieses Landes sei. Und gerade jetzt sei es besonders dringend, da geburtenstarke Jahrgänge auf den Arbeitsmarkt drängen, mahnt Glos.

Dann entschuldigt sich der Minister. Er müsse dringend zu einem weiteren Termin. Draußen regnet es. Zwei Azubis sind auf dem Heimweg. "Jetzt hab ich den Politiker gar nicht gesehen", meint der eine. "Auch egal", sagt sein Kollege.

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