Studium:Teurer Sitzplatz

In den Numerus-Clausus-Fächern streiten sich immer mehr Studienbewerber um immer weniger Plätze. Ein Dutzend Anwälte in Deutschland hat sich darauf spezialisiert, Abgewiesenen auf dem Klageweg doch noch die Tür zum Wunschstudium zu öffnen.

Wolfgang Schubert

Leidtragender ist nun auch der Briefträger. Seit die Universitäten und die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) die Ablehnungsbescheide für das Sommersemester 2008 an Studienbewerber der Fächer Medizin, Zahnmedizin oder Psychologie verschickt haben, muss der Mann von der Post im Frankfurter Stadtteil Sindlingen noch mehr schleppen als sonst. Adressat der Briefflut ist die Kanzlei des Rechtsanwalts Robert Brehm. Der Jurist ist für viele enttäuschte Abiturienten die letzte Hoffnung. Brehm hat sich wie ein Dutzend anderer Anwälte in Deutschland darauf spezialisiert, abgewiesene Studienbewerber auf dem Klageweg doch noch die Tür zum Wunschstudium zu öffnen.

ZVS, dpa

Die ZVS in Dortmund: Für enttäuschte Abiturienten ist eine Klage oft die letzte Hoffnung.

(Foto: Foto: dpa)

In den Numerus-Clausus-Fächern klafft die Schere zwischen Bewerberzahlen und Studienplätzen immer weiter auseinander. Gab es in Humanmedizin Mitte der neunziger Jahre für 15.200 Bewerber noch knapp 10.500 Ausbildungsplätze, rangelten zum Studienjahr 2007/08 bereits mehr als 35.000 Abiturienten um nur noch 9900 Plätze. Grund für die Verknappung des Angebots: Die Ausbildung am Patienten wurde intensiviert. Da zudem viele Unikliniken aus Kostengründen die Bettenzahl reduzieren mussten, streiten sich die Studienbewerber nun um immer weniger Plätze.

Hochschulen stellen sich auf Klagen ein

Wer einen der raren Studienplätze ergattern will, muss immer bessere Noten vorweisen, Aufnahmetests bestehen oder einige Jahre in der Warteschleife verbringen. Zum vergangenen Wintersemester nahmen Unis wie jene in Berlin, Freiburg, Heidelberg oder Magdeburg nur noch Bewerber mit einer glatten 1,0 im Abiturzeugnis auf. Sonst heißt es Warten: In diesem Sommersemester kommt in Humanmedizin nur noch derjenige zum Zuge, der zehn Semester, also fünf Jahre, gewartet hat.

Markus aus Dortmund hatte keine Lust aufs Warten. Da er seinen Studienwunsch aber auf keinen Fall aufgeben wollte, zog er vor Gericht. Gemeinsam mit dem Juristen Brehm versuchte er den Nachweis zu führen, dass die Unikliniken aufgrund ihrer personellen und technischen Ausstattung sowie der Bettenzahl mehr Plätze anbieten könnten, als sie über die ZVS und im Auswahlverfahren der Hochschulen offerieren.

Markus studiert mittlerweile an der Martin-Luther Universität in Halle-Wittenberg, obwohl er nur einen Abiturschnitt von 2,2 vorweisen konnte. Die etwa 6000 Euro Anwalts- und Gerichtsgebühren waren "gut angelegtes Geld", sagt er. Allerdings kommt keineswegs jeder Abiturient mithilfe einer Klage an den gewünschten Studienplatz. Vor allem in den alten Bundesländern haben sich viele Hochschulen auf die Anforderungen der Verwaltungsgerichte eingestellt. Eine Klage ist dann oft aussichtslos.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: