Studium der Forstwissenschaften:Lockrufe aus dem Wald

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Immer mehr junge Menschen absolvieren einen Bachelor oder Master in Forstwissenschaften. Sie können danach als Förster tätig werden, aber es gibt noch viele andere Arbeitsmöglichkeiten.

Von Joachim Göres

Studieren im Wald - das ist für Lea Schmeil nichts Ungewöhnliches. Im Fach Waldinventur lernt sie zusammen mit Kommilitonen an Ort und Stelle, wie man in großer Höhe den Durchmesser eines Baumes misst, wie gesund ein Baum ist, oder in welcher Hierarchie Bäume zueinander stehen. "Im Prinzip befinden wir uns immer im Spannungsfeld von ökologischen, ökonomischen und soziale Punkten, die wir versuchen müssen, miteinander in Einklang zu bringen", sagt Schmeil, die an der Universität Göttingen den Bachelor-Studiengang Forstwissenschaften und Waldökologie studiert und deren Berufswunsch Försterin ist.

Schmeil und weitere Lernende und Lehrende an der Universität Göttingen stellen in einem zehnminütigen Video (zu sehen unter dem Link www.forst.uni-goettingen.de/studium) ihren Studiengang vor. Für Studiendekan Achim Dohrenbusch ist die verstärkte Werbung über das Internet ein Grund, warum das Interesse an den Forstwissenschaften deutlich gestiegen ist. "Vor zehn Jahren hatten wir pro Jahrgang circa 50 Erstsemester, heute beginnen bei uns 200 junge Leute immer zum Wintersemester. Das hat auch mit den deutlich besseren Berufsaussichten zu tun. In den nächsten zehn Jahren gibt es bei den Förstern einen Generationenwechsel", sagt Dohrenbusch. Er zählt weitere Gründe für die Popularität seines Fachs auf: die hohe Bedeutung von Umweltfragen bei jungen Leuten und die insgesamt steigende Anzahl von Studienanfängern.

Romantische Sichtweise auf die Natur? Diese passt eher ins Privatleben. Als Forstwissenschaftler muss man den Wald vorwiegend aus betriebswissenschaftlicher und ökologischer Perspektive betrachten. Für Interessenten gibt es viele Möglichkeiten, sich innerhalb des Fachs zu spezialisieren. (Foto: Johannes Simon)

Auf dem Studienplan der Bachelor-Studierenden - der Numerus clausus für eine Zulassung lag zuletzt bei der Abiturnote 2,5 - stehen Fächer wie Morphologie und Systematik der Waldpflanzen, Baumphysiologie, Bodenkunde, Forstgenetik, Holzernte und Logistik, Forst- und Umweltpolitik. Nach dem sechssemestrigen Bachelor wird ein viersemestriger Master Forstwissenschaften und Waldökologie angeboten, den jedes Jahr circa 100 Studierende beginnen. Dort wählen sie ein Schwerpunktfach. Am stärksten gefragt ist in Göttingen derzeit der Schwerpunkt Forstbetrieb und Waldnutzung, der auf die Arbeit in öffentlichen Forstverwaltungen, in Privatforstbetrieben sowie forstlichen Dienstleistungsunternehmen vorbereitet. Außerdem gibt es die Schwerpunkte Waldnaturschutz (spätere Tätigkeit unter anderem in Naturschutzbehörden), Holzbiologie und Holztechnologie (Holzwerkstoffindustrie), Ökosystemanalyse und Modellierung (Planungs- und Beratungsbüros) sowie den Schwerpunkt Tropical and International Forestry, der in englischer Sprache unterrichtet wird. Er qualifiziert für Tätigkeiten bei internationalen Forst- und Naturschutzorganisationen.

Am Standort Freising-Weihenstephan der Technischen Universität München (TUM) beginnen immer zum Wintersemester ungefähr 150 Anfänger mit dem Bachelor-Studiengang Forstwissenschaft und Ressourcenmanagement (sechs Semester) und etwa 50 mit dem Master-Studiengang Forst- und Holzwissenschaft (vier Semester). "Beim Bachelor besteht kein Numerus clausus. Für den Master gibt es ein Eignungsverfahren, bei dem die fachliche Qualifikation, die Bachelor-Note und die Motivation eine Rolle spielen", sagt die Studiengangskoordinatorin Stefanie Ederer. Sie spricht wie Dohrenbusch von einem wachsenden Interesse, nicht zuletzt wegen der großen Auswahl an sehr unterschiedlichen Stellen für Absolventen. Allerdings liege die Abbrecherquote bei circa 20 Prozent. "In Chemie, Mathe und Physik muss man fit sein und sich Grundlagen aneignen wollen", sagt Ederer.

Im Master wählt man drei von sechs Schwerpunkten. Am stärksten gefragt sind Holz als Roh- und Werkstoff, Wald im Gebirge und Forstbetriebsmanagement. Dabei ist der Vertiefungsbereich Gebirgswaldforschung in Weihenstephan ebenso einzigartig in den deutschen Forstwissenschaften wie die umfassende Einbindung der Holzforschung.

Üblich sind in Weihenstephan wie auch an den anderen Standorten mehrmonatige Praktika während des Studiums. Zudem kann man kostengünstig die Jägerprüfung ablegen - der Jagdschein ist in den meisten Forstverwaltungen Einstellungsvoraussetzung für den Vorbereitungsdienst für den höheren und gehobenen Forstdienst - angehende Förster absolvieren diesen Anwärterdienst nach dem Studium.

Ein Drittel der Absolventen sind Frauen. Försterinnen werden aber nur ganz wenige von ihnen

Norbert Weber, Professor für Forstpolitik und forstliches Ressourcenmanagement an der Technischen Universität Dresden, hat in der Allgemeinen Forst- und Jagdzeitung seine Studie veröffentlicht, für die im Jahr 2014 Forstwissenschafts-Absolventen der vier Uni-Studiengänge der Jahre 2010 bis 2013 befragt wurden. Von den 310 Teilnehmern (191 Master, 119 Bachelor) waren 33 Prozent in der Forschung und Wissenschaft tätig, 24 Prozent in der Forstverwaltung, sieben Prozent in Forstbetrieben. Ein Drittel der Interviewten hatte eine unbefristete Stelle. Die Berufszufriedenheit wurde im Durchschnitt als gut bewertet, bei der Bezahlung fiel das Urteil weniger positiv aus: 44,1 Prozent der Master (Bachelor: 20,7 Prozent) verdienten monatlich zwischen 1000 und 2000 Euro brutto, auf 2000 bis 3000 Euro kamen 27 Prozent der Master (Bachelor: 34,5 Prozent); darüber lag der Verdienst bei 17,8 Prozent der Master (Bachelor: 10,3 Prozent).

Ein Drittel der Absolventen sind Frauen. Dennoch stellt eine Frau wie Christiane Lorenz-Laubner eine Ausnahme dar. Sie ist als Revierförsterin im Forstamt Lauterberg im Harz tätig - nicht mal jeder zehnte Förster in Westdeutschland ist weiblich. "Die Zeiten für Frauen in diesem Beruf sind aber besser geworden, denn es gibt mehr freie Stellen, und bei gleicher Eignung sollen Frauen eingestellt werden", sagt Lorenz-Laubner, die zweite Vorsitzende des Vereins "Frauen im Forstbereich" ist. Sie macht interessierten Frauen Mut und rät, sich zum Beispiel über Praktika einen ersten Eindruck von der Berufspraxis als Förster zu verschaffen: "Viele haben eine romantische Sicht auf den Wald. Es geht nicht nur um Hege und Pflege, sondern auch um einen Wirtschaftsbetrieb." Körperliche Fitness sei wichtig, denn man müsse bei jedem Wetter durch unwegsames Gelände streifen, um zum Beispiel Bäume für den Holzeinschlag zu markieren oder Schäden durch Wildverbiss an jungen Bäumen zu prüfen.

Deshalb sollte man sich frühzeitig ein realistisches Bild von der Materie machen: Die Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie der Göttinger Uni bietet auf ihrer Homepage ein Self-Assessment an - Interessierte können testen, ob sie für Studium und Beruf geeignet sind.

© SZ vom 16.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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