Studiengänge nur für Frauen:Keine Lust auf mobbende Machos

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Noch immer meiden Studentinnen klassische Männer-Domänen an der Uni. Damit sich das ändert, haben mehrere Hochschulen Frauenstudiengänge in Technikfächern eingerichtet. Doch bringen die was?

Katharina Müller hat sich schon immer für Technik interessiert. Ihren PC hat sie stets eigenhändig aufgerüstet.. Doch als die blonde Frau sich dazu entschied, Informatik zu studieren, waren viele ihrer Bekannten skeptisch - vor allem die Männer. Dabei ist die 30-Jährige im Hörsaal eine Frau unter vielen: Sie studiert an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) - in einem Frauenstudiengang. Fünf solcher Angebote gibt es in Deutschland, für die Fächer Wirtschaftsinformatik, Wirtschaftsingenieurwesen und Informatik.

Lernen ohne Machosprüche: Frauenstudiengänge sollen Studentinnen die Scheu vor Technikfächern nehmen. (Foto: dpa)

Grund für die Entstehung der Frauen-Studiengänge ist die Tatsache, dass weibliche Studenten in typischen Männerfächern noch immer unterrepräsentiert sind. So machten sie im Wintersemester 2009/2010 in Informatik nur knapp ein Viertel (23 Prozent) und im Wirtschaftsingenieurwesen nur ein Achtel (13) aus, wie das Statistische Bundesamt ermittelt hat. Frauenstudiengänge sollen diese Lücke ein Stück weit schließen.

Susanne Ihsen beschäftigt sich an der TU München mit dem Geschlechterverhältnis in den Ingenieurwissenschaften. In einer Studie hat die Professorin Aussagen von Studenten in Technikfächern ausgewertet. Das Ergebnis: Fast jeder zehnten Studentin ist es unangenehm, in einem solchen Studiengang als Frau aufzufallen. Ulrike Schleier wundert das nicht. "Frauen in technischen Berufen werden oft kritisch angeschaut. Viele sagen sich: Das tue ich mir nicht an", sagt die Professorin von der Jade Hochschule in Wilhelmshaven. Dort leitet sie einen Frauenstudiengang, der 1997 als erster in Deutschland eingerichtet wurde. Das Ziel: "Frauen sollen sich frei von Rollenbildern entwickeln können."

In einer männerfreie Zone ist die Lernatmosphäre den Verantwortlichen zufolge sogar entspannter: "Frauen trauen sich eher als männliche Kommilitonen, Fragen zu stellen", sagt Professorin Juliane Siegeris, die im Frauenstudiengang an der HTW in Berlin lehrt. Für die Zulassung zu einem derartigen Studiengang ist je nach Hochschule das Abitur oder die Fachhochschulreife nötig. Für Bewerber mit Berufserfahrung greifen oft Sonderregelungen.

"Bewerberinnen sollten sich für Technik und logisches Denken interessieren. Außerdem sollten sie keine Angst vor Mathematik haben", sagt Professorin Heide-Rose Vatterrott, die einen Frauenstudiengang an der Hochschule Bremen leitet. Vor allem der Wille zähle, ergänzt Ulrike Schleier: "Wie ein Kondensator funktioniert, muss man am ersten Tag noch nicht wissen." Das ist für viele ein Pluspunkt der Frauenstudiengänge. "Für mich war es ausschlaggebend, dass wir bei Null angefangen haben", erzählt die Studentin Katharina Müller.

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Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind ausgezeichnet: "Firmen nehmen gut ausgebildete Absolventinnen derzeit mit Kusshand", sagt Susanne Ihsen. Angesichts des Fachkräftemangels umwerben einige Unternehmen sogar gezielt die weiblichen Technikexperten. "Viele Firmen wenden sich verstärkt mit einer frauenfreundlichen Policy nach außen." Häufig fällt dabei der Begriff "Soft Skills". Frauen bringen mitunter eher Kommunikationstalent und Teamfähigkeit mit als Männer.

Auch Frauen können Technik - man muss sie nur lernen lassen. (Foto: dpa)

Doch dieses Argument sehen die meisten Professorinnen skeptisch: "Es ist nicht die Aufgabe der weiblichen Fachfrau, soziales Schmieröl zu liefern", findet Susanne Ihsen. Ähnlich sieht es Ulrike Schleier: Mit solchen Klischees stelle man die Frauen wieder in eine Ecke. "Ich kenne Studentinnen, die total unkommunikativ sind", sagt sie.

Es gibt viele Gründe, warum sich Studentinnen für Frauenstudiengänge entscheiden: Einige haben etwa im Informatikunterricht in der Schule schlechte Erfahrungen gemacht. Andere scheuen die Konkurrenz zu Männern unter den Kommilitonen. "Männliche Studienanfänger bringen oft ein diffuses Halbwissen mit", hat Heide-Rose Vatterrott beobachtet. "Das kann Studentinnen anfangs einschüchtern."

Ob in Stralsund, Berlin oder Wilhelmshaven - eines haben alle Frauenstudiengänge gemeinsam: Sie sind inhaltlich genauso anspruchsvoll wie gemischte Angebote. Das ist den männlichen Kommilitonen anfangs oft nicht klar: "Viele männliche Erstsemester geben dumme Kommentare ab und unterstellen, das Frauenstudium sei leichter", sagt Ulrike Schleier. Die Bemerkungen reichten von "E Light" bis hin zu "Puddingstudium".

Katharina Müller studiert mittlerweile im dritten Semester. Und schon jetzt hat sie sich ein beachtliches Fachwissen angeeignet. Ihre männlichen Bekannten haben akzeptiert, dass sie ein Informatikstudium absolviert - und bitten die junge Frau bei Computerfragen um Rat.

© sueddeutsche.de/dpa/Merle Schmalenbach/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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