Studie zur Schulbildung:"Kaderschmieden" Sachsen und Thüringen

Zeiteffizienz, Internationalisierung, Betreuungsbedingungen: Die wirtschaftsnahe Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft vergleicht die Schulbildung in Deutschland nach ihren eigenen Kriterien. Demnach stehen zwei ostdeutsche Bundesländer ganz vorn.

Stefan Braun, Berlin

Mitten hinein in den Streit der CDU um ihren künftigen bildungspolitischen Kurs hat die wirtschaftsnahe Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) ihre jüngste Vergleichsstudie zur Leistungsfähigkeit der Bildungssysteme in Deutschland vorgestellt. Die Studie, die seit 2004 zum achten Mal erarbeitet wurde, weist aus, dass in allen sechzehn Bundesländern manches besser wurde.

Leistungsfähige Schulen

Grafik: SZ

Spitzenreiter sind die beiden ostdeutschen Bundesländer Sachsen und Thüringen, gefolgt von Baden-Württemberg und Bayern. Alle übrigen Bundesländer liegen etwas zurück, gemessen am Stand bei der ersten Studie von 2004 aber haben sich nach Aussage von INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr alle Bundesländer deutlich verbessert.

Politische Brisanz steckt in der Studie vor allem, weil die Ergebnisse einer solchen Untersuchung durchaus Einfluss auf die CDU-interne Debatte haben könnte. Die Resultate geben allerdings keine eindeutige Linie vor. Während die beiden Spitzenreiter Sachsen und Thüringen das dreigliedrige Modell inklusive Hauptschule aufgegeben haben, folgen danach die beiden Südländer Bayern und Baden-Württemberg, in denen die Union vehement für den Erhalt der Hauptschule kämpft.

Pellengahr erklärte zum Streit um die Hauptschule, er lehne es ab, Schultypen allein deshalb zu schließen, weil die Schülerzahlen sinken würden - eine kleine Spitze Richtung Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Sie möchte die Hauptschule in einem gemeinsamen Schultyp mit der Realschule aufgehen lassen.

Außer Kritik erntete der Bund vom Autor der Studie, Axel Plünnecke, auch Lob. Er hob hervor, dass der Bund in den letzten Jahren mit eigenen Initiativen und Ko-Finanzierungen beim Ausbau der Ganztagsschulen, der Kitas und der frühkindlichen Bildung viel Gutes angestoßen habe.

Fokus Fachkräfteversorgung

Die Studie selbst, die Wissenschaftler des Instituts der deutschen Wirtschaft erstellten, lenkt den Blick sehr auf die Frage, wie erfolgreich das Bildungssystem dabei ist, das Hochtechnologieland Deutschland auch in Zukunft mit gut ausgebildeten Fachkräften zu versorgen. Entsprechend sind die Kategorien gewählt, die herangezogen wurden, so die "Zeiteffizienz" in einer Schullaufbahn, die Internationalisierung der Schulen und die Betreuungsbedingungen.

Nimmt man alle Länder zusammen, dann hat es in den vergangenen acht Jahren vor allem bei der Akademisierung große Fortschritte gegeben, also beim Anteil derer, die einen Abschluss machen, mit dem sie anschließend auch studieren können. Die Zahl ist zwischen 2004 und 2011 massiv angestiegen.

Plünnecke betonte, sie sei um fast 500.000 höher als sie wäre, wenn die Bundesländer keine Anstrengungen unternommen hätten, um die Zahl der Akademiker zu erhöhen. Immer wichtiger seien dabei außer den Gymnasien andere berufsbildende Schulen geworden, deren Abschluss ebenfalls zu einem Studium berechtigen.

Bessere Betreuung, mehr Ganztagsschulen

Deutliche Besserungen hat es laut der Studie auf drei weiteren Feldern gegeben: erstens bei den Betreuungsbedingungen für Schüler, also der Zahl der Schüler pro Lehrer. Durchschnittlich kommen etwa zwanzig Schüler auf einen Lehrer.

Bildungsmonitor - Bundesländer im Vergleich

Die Anstrengungen lohnen sich: Ein immer größerer Anteil der Schüler macht einen Abschluss, mit dem man auch studieren kann - nicht nur am Gymnasium.

(Foto: dpa)

Zweitens bei der Integrationskraft der Schulen für Schüler ausländischer Herkunft; hier sank die Zahl der ausländischen Schüler, die ohne Abschluss von der Schule gehen.

Und drittens beim Ausbau von Förderstrukturen, gemeint ist damit vor allem die Ausstattung mit Ganztagsschulen.

Im Vergleich zwischen den Ländern liegt erneut Sachsen ganz vorn, gefolgt von Thüringen. Beide Länder bleiben laut Untersuchung "die Kaderschmieden" für mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer, die heute unter dem Kürzel MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) zusammengefasst werden.

Obwohl es in beiden Ländern Defizite bei der Fremdsprachenvermittlung gebe, werde das aufgewogen durch einen hervorragenden Betreuungsschlüssel zwischen Schülern und Lehrern, eine gute Struktur an Ganztagesschulen und entsprechend sehr guten Voraussetzungen für eine individuelle Förderung des einzelnen Schülers.

Gefragte Pädagogen besser bezahlen?

Baden-Württemberg und Bayern folgen auf den Plätzen drei und vier. Sie ernten nach wie vor viel Lob für die besten Startchancen für Schüler, direkt nach der Schule einen Job zu finden. Zugleich aber gibt es insbesondere in Bayern offenbar noch Probleme, um Schulabsolventen zum Studium von MINT-Fächern zu bewegen. Schlusslicht der Studie bleibt wie in den Vorjahren Berlin.

INSM-Geschäftsführer Pellengahr plädierte dafür, Lehrer leistungsgerechter zu bezahlen. Das, so Pellengahr, heiße auch, besonders gefragte Pädagogen wie Physiklehrer deutlich besser zu bezahlen, damit nicht alle in die Wirtschaft abwanderten. "Es kann nicht sein, dass die besten eines Jahres keine Lehrer werden."

Scharfe Kritik kam von der Lehrergewerkschaft GEW. Sie betonte, viele der Ergebnisse seien "olle Kamellen".

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