Studie zu Job und Gesundheit:Ihr seid doch krank

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Jeder achte Arbeitnehmer kommt laut einer aktuellen Studie auch krank zur Arbeit. (Foto: Picture-Factory - Fotolia)
  • Arbeitnehmer riskieren für den Job die eigene Gesundheit, lautet das Ergebnis einer repräsentativen Studie von Bertelsmann-Stiftung und Barmer GEK.
  • 23 Prozent der Befragten machten keine Pausen, jeder Achte komme auch im Krankheitsfall zur Arbeit.
  • Unternehmen müssten realistische Arbeitsziele und ein gesünderes Arbeitsumfeld schaffen, fordern die Studienverantwortlichen.

Fahrlässiger Umgang mit der eigenen Gesundheit

Winterzeit ist Erkältungszeit: Die Kollegin niest, der Büronachbar hustet, eigentlich ist die halbe Abteilung reif fürs Krankenbett. Und trotzdem ist in vielen Unternehmen regelmäßig zu beobachten, wie sich Angestellte krank an den Arbeitsplatz schleppen. "Muss ja", heißt es dann, es gebe schließlich viel zu tun. Folge sind oft eine verschleppte Erkältung, die sich über Wochen hinzieht, und diverse Kollegen, die sich anstecken. Nun hat sich eine Studie mit dem Thema beschäftigt.

Wegen großen Drucks am Arbeitsplatz gehen viele Beschäftigte fahrlässig mit ihrer Gesundheit um, lautet das wesentliche Ergebnis der Erhebung von Bertelsmann-Stiftung und Barmer GEK. Demnach legt ein Viertel der etwa 1000 repräsentativ befragten Vollzeit-Beschäftigen ein zu hohes Arbeitstempo vor. Langfristig, so die Interviewten, sei das nicht durchzuhalten. 18 Prozent stoßen oft an ihre Leistungsgrenzen, 23 Prozent machen keine Pausen. Jeder Achte kommt auch im Krankheitsfall zur Arbeit. Damit wachse bei vielen die Gefahr, die eigene Gesundheit dauerhaft zu gefährden, so das Ergebnis der Studie.

Typologie der kranken Kollegen
:"Ich geb' mir drei Monate. Optimistisch geschätzt"

Draußen wird es kalt und dunkel. Im Büro glüht das Fieber und rote Flecken leuchten auf blasser Haut. Eine Typologie der (eingebildeten) Kranken im Job. Vom "Ach-das-ist-doch-nichts" bis zur "Schnupfen-Hysterikerin".

Von Johanna Bruckner

42 Prozent beklagten, dass das Arbeitsumfeld durch die Erwartung an steigende Leistungsziele geprägt werde. Jeder Dritte weiß nicht mehr, wie er den Ansprüchen gerecht werden soll. Werden zu hohe Ziele dennoch erreicht, gelten diese sofort als neuer Maßstab. Aus diesem Teufelskreis gebe es kein Entkommen, glaubt jeder zweite Arbeitnehmer. 51 Prozent der Befragten geben an, keinen oder nur geringen Einfluss auf ihre Arbeitsmenge zu haben. Mehr als 40 Prozent sagen das auch über ihre Arbeitsziele.

Welche Gegenmaßnahmen Experten vorschlagen

Für Brigitte Mohn vom Vorstand der Bertelsmann-Stiftung müssen die Unternehmen eingreifen. "Das Management kann die Leistungskultur maßgeblich beeinflussen und durch realistische Arbeitsziele ein gesünderes Arbeitsumfeld schaffen", so Mohn.

"Wir brauchen in erster Linie keine neuen Rechtsvorschriften", sagte Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer GEK. "Wir brauchen in Unternehmen eine Kultur, die Gesundheit als Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg anerkennt und fördert."

Um das selbstgefährdende Verhalten der Beschäftigten zu reduzieren, schlagen die Autoren der Studie regelmäßig verbindliche und realistische Zielvereinbarungsgespräche mit dem Arbeitgeber vor. Die vereinbarten Ziele müssten innerhalb der vertraglichen Arbeitszeit erreichbar sein, so Anja Chevalier von der Sporthochschule Köln. Besonders wichtig sei es, dass Arbeitnehmer ein Gefühl für die eigenen Grenzen entwickeln, damit sie ihr Leistungspotenzial auch langfristig optimal ausschöpfen könnten, sagte Gert Kaluza vom GMK-Institut für Gesundheitspsychologie in Marburg.

Über die Studie

In dem Projekt Gesundheitsmonitor analysieren Bertelsmann-Stiftung und die Krankenkasse Barmer GEK seit mehr als zehn Jahren Entwicklungen in der Gesundheitsversorgung. Bis heute wurden mehr als 50 000 Versicherte und mehr als 2500 Ärzte zu fast 150 gesundheitspolitisch relevanten Themen befragt. So sollen Verhaltensmuster, Versorgungsprobleme und Fehlentwicklungen im Gesundheitssystem aufgedeckt werden.

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