Studie über Unternehmensberater:Weniger Arbeit, mehr Geld

  • Eine Wissenschaftlerin fand durch ihre Studie in einer US-Consulting-Firma heraus: Viele Berater tun nur so, als würden sie besonders viel arbeiten.
  • Die Untersuchung zeigt auch, dass es der Karriere der im Büro weniger präsenten Arbeitnehmer nicht schadete, wenn sie sich mehr Freizeit gönnten.

Nur so tun, als ob

Nicht erst seit vergangener Woche, in der die Banker von Goldman Sachs ihre Praktikanten dazu aufgefordert haben, nicht mehr als 17 Stunden pro Tag im Büro zu verbringen, wissen wir: Es gibt Branchen, in denen die Arbeitsbelastung das, was ein normaler Angestellter für erträglich hält, deutlich übersteigt. Auch Unternehmenberatern eilt der Ruf der ständigen Verfügbarkeit voraus, 24/7 für den Kunden. Eine Wissenschaftlerin aus den USA hat nun aber herausgefunden, dass so mancher Berater seine Arbeitswut nur vortäuscht.

Erin Reid, Juniorprofessorin an der Boston University School of Management, hat mit 115 Angestellten einer großen Consulting-Firma gesprochen. Zentrales Ergebnis: Viele Berater tun nur so, als würden sie sich für den Konzern aufopfern. Durch gewiefte Strategien gelingt es ihnen, die Bürobelastung in Grenzen zu halten und dennoch von ihren Vorgesetzen gelobt und sogar befördert zu werden.

Ihre Ergebnisse veröffentlichte die Forscherin in der Fachzeitschrift Organization Science. Im Rahmen ihrer Untersuchung hat sie drei Typen von Beratern ausgemacht:

  • Das Gros der Mitarbeiter arbeitete tatsächlich lang und viel und bekam dafür vom Chef auch ein angemessenes Lob.
  • Ein kleinerer Teil der Berater wollte nicht ständig für Chef und Kunden verfügbar sein und bekam dafür von den Vorgesetzten eher schlechte Bewertungen.
  • Am interessantesten ist die dritte Gruppe, etwa 31 Prozent der befragten Männer und elf Prozent der interviewten Frauen: Sie wirkten geschäftig, schafften es dabei aber, sich ein Mehr an Freizeit zu beschaffen, ohne ihren Chef explizit darum bitten zu müssen.

Wie den vermeintlich faulen Beratern das gelungen ist? Ein Junior Manager erklärte, er suche sich vorwiegend Kunden in der Nähe, um An- und Abfahrtszeiten kurz zu halten. Außerdem versuche er, an Wochenendtagen nicht mehr als zwei Stunden zu arbeiten. Das bedeutet aber nicht, dass der Leistungsgedanke für den Berater keine Rolle gespielt hätte. "Ich weiß, was die Kunden erwarten - und übererfülle das", sagte er. Von seinem Chef bekam er nicht nur gute Bewertungen, sondern auch eine Beförderung.

Andere Angestellte nutzen kleine Tricks, um etwas mehr Freizeit zu haben. Ein Team, das vorwiegend aus jungen Eltern bestand, deckte sich gegenseitig. So konnten im Endeffekt alle weniger Zeit im Büro verbringen, ohne dass das negativ aufgefallen wäre. Andere Mitarbeiter machten schlicht kein Aufhebens darum, wenn sie ihren Arbeitsplatz früher verließen.

Unnötig viel Bürozeit und Geschlechterungerechtigkeit

Neben dieser und ähnlichen Strategien liefert Erin Reids Studie zwei wichtige Erkenntnisse: Erstens entstand denjenigen, die nur so taten, als würden sie extrem viel arbeiten, bezüglich ihrer Karriere kein Nachteil.

Und zweitens sagt die Untersuchung auch etwas über mangelnde Geschlechtergerechtigkeit im Job aus. Frauen, besondes Mütter, versuchten häufiger, auf offiziellem Weg Arbeitszeitverkürzungen zu erhalten, etwa durch Teilzeitregelungen. Väter versuchten auch, Zeit für die Familie zu haben, fragten aber seltener explizit nach, sondern nahmen sich einfach etwas mehr Freizeit. Die Folge: Frauen bekamen wesentlich häufiger schlechte Bewertungen von ihren Vorgesetzten als Männer.

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