Start-ups an der Universität Passau:Gründen funktioniert auch ohne Hilfe

Unternehmensgründungen werden an vielen Unis systematisch gefördert. Die Technische Universität München hat sogar einen eigenen Lehrstuhl zur Unternehmensfinanzierung. In Passau hingegen kommt die Gründerszene von unten - und ist trotzdem erfolgreich.

Verena Hölzl

Sonja, Manuel und Lukas wollten sich in London eigentlich nur amüsieren. Heimgeflogen sind die drei Passauer Studenten dann mit einer Geschäftsidee: Sie hatten sich vorgenommen, das englische Traditions-Getränk Cider als Szene-Drink am deutschen Markt zu etablieren. Die drei Jungunternehmer gründeten also eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), machten eine hessische Kelterei ausfindig, die ihr Getränk "Princeton Cider" produziert, und starteten den Vertrieb.

Sie sind nur drei von vielen ambitionierten Jungunternehmern in Passau. Die Stadt verfügt über eine lebendige Start-up-Szene vor allem in den Geschäftsfeldern Internet und Dienstleistungen. Ohne ein großes Aufgebot an Förderinstitutionen hat sich an der niederbayerischen Universität Passau eine Gründersubkultur aus der Studentenschaft heraus entwickelt. Bundesweit prominentes Firmen-Beispiel ist der Online-Cerealienanbieter Mymuesli.

Dass junge Menschen während ihres Studiums oder direkt danach Unternehmen gründen, liegt in den USA schon lange im Trend und war hierzulande vor allem an Fachhochschulen verbreitet. Seit etwa zehn Jahren springen nun auch die deutschen Unis auf den Zug auf.

Unternehmergeist geweckt

Während die Passauer Gründer ein besonderes Maß an Eigenmotivation mitbringen müssen, bietet beispielsweise die Technische Universität München ihren Studenten eine große Zahl an Hilfestellungen: Ein Technology Entrepreneurship Lab, ein Lehrstuhl für Unternehmensfinanzierung und ein Innovations- und Gründungszentrum wecken systematisch den Unternehmergeist von Studenten. Die TU zählt damit zu den gründerfreundlichsten Hochschulen Deutschlands.

Passau hingegen ist als Gründungs-Standort eher unbekannt. Das dürfte auch daran liegen, dass viele der Geschäftsideen ohne großen Kapitaleinsatz auskommen und deshalb kaum Fördermittel beantragt werden. Dadurch werden die Start-ups häufig nicht in Rankings gelistet.

Dennoch: Die niederbayerische Stadt bietet so manchen Standortvorteil. Ein Klima des Ausprobierens dank der niedrigen Lebenshaltungskosten zum Beispiel. "Es gibt außerdem ein enges Netzwerk, man kann sich gut austauschen", erzählt Julius Kuhn-Régnier, ein BWL-Student, der eine Art Online-Auktionshaus für Stromtarife betreibt. Christoph Zinser vom bayerischen Gründerförderungsprogramm Flügge zieht außerdem den Vergleich zur Kreativ-Metropole Berlin: "Wo wenig Struktur vorhanden ist, gibt es nur die Möglichkeit, selbst etwas aufzuziehen."

Einem Index des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung zufolge zählt Passau deutschlandweit mit einem beachtlichen Platz 19 zu den gründungsaktivsten Standorten. Dass dies nicht zuletzt der Universität zu verdanken sei, bestätigt auch die Industrie- und Handelskammer Niederbayern. Mag die Universität Passau mit ihren Plänen, das Thema Gründung künftig zu intensivieren, auch in den Mainstream einbiegen: Die Region dürfte sich freuen. Und wer weiß, vielleicht wird eines Tages sogar mit "Princeton Cider" auf ein Gründungszentrum angestoßen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: