Staatsdiener mit schlechtem Image:Witz und Wirklichkeit

Deutsche halten Beamte für korrupt und faul. Wenn sie aber angeben sollen, welche Berufsgruppen bei ihnen in besonders hohem Ansehen stehen, dann werden am häufigsten genannt: Feuerwehrmänner, Polizisten, Richter, Lehrer - Beamte also.

Detlef Esslinger

Wenn Journalisten den Chef des Deutschen Beamtenbundes (DBB), Peter Heesen, befragen und dabei originell sein wollen, dann fordern sie den Mann gerne auf: "Herr Heesen, erzählen Sie doch mal 'nen Beamtenwitz." Selbstverständlich denkt jeder Fragesteller in dem Moment, dass auf diese Idee noch absolut niemand gekommen ist. Selbstverständlich lässt der Vorsitzende ihn in dem Glauben. Und antwortet: "Ich weiß gar nicht, was Sie gegen Beamte haben. Die tun doch gar nichts."

Papierstapel

Das schlechte Image der Beamten ist im Grunde nur Klischee.

(Foto: Foto: iStockphoto)

Der öffentliche Dienst im Allgemeinen und die Beamten im Besonderen haben in Deutschland ein schlechtes Image - was man schon immer ahnen konnte, das hat der DBB nun schwarz auf weiß. Im Auftrag der Gewerkschaft, die knapp 1,3 Millionen Beamte, Arbeiter und Angestellte des öffentlichen Dienstes vertritt, haben die Meinungsforscher von Forsa etwa 2000 Deutsche befragt.

Für den Vorsitzenden Heesen ist das Überraschende an den Ergebnissen jedoch, dass das schlechte Image im Grunde nur ein Klischee ist. Es löst sich auf, wenn die Befragten genauer sein sollen. Zunächst einmal fallen 61 Prozent der Deutschen zum Begriff "Beamter" nur Privilegien ein, also Dinge, die bei ihnen negativ besetzt sind: Unkündbarkeit, Pensionen, geregelte Arbeitszeiten.

50 Prozent fällt zusätzlich auch Neutrales ein ("Es gibt solche und solche"), aber nur sechs Prozent verbinden mit "Beamten" darüber hinaus Positives: Pflichterfüllung, Treue, Korrektheit. Wenn die Befragten dann aber angeben sollen, welche Berufsgruppen bei ihnen in besonders hohem Ansehen stehen, dann werden am häufigsten genannt: Feuerwehrmänner, Polizisten, Richter, Lehrer - Beamte also.

Den Feuerwehrmann als solchen schätzen 90 Prozent der Befragten, den Beamten als solchen hingegen nur 27 Prozent. DBB-Chef Heesen sagt: "Intuitiv unterscheiden die Leute zwischen Beamten und einzelnen Berufsgruppen."

Der 60-jährige Heesen, früher Deutschlehrer an einem Gymnasium in Bad Godesberg, ist seit 2003 Vorsitzender des Beamtenbundes. Im Unterschied zu seinen Vorgängern sieht er sich weniger als Standesvertreter denn als Gewerkschafter.

Witz und Wirklichkeit

Seit Jahren kämpft er um eine Besoldungsreform, um eine Bezahlung der Beamten nach Leistung. Die Klagen seiner Berufskollegen, sie verdienten zu wenig, vor allem in Relation zur Privatwirtschaft - die hält Heesen schon deshalb für begründet, weil es immer schwerer fallen werde, Nachwuchs zu gewinnen: "Die öffentlichen Arbeitgeber sind bald nicht mehr konkurrenzfähig", sagt er.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) lehnt seine Forderungen und Vorschläge wegen der Mehrkosten ab, zahlreiche Beamte sind skeptisch, was Leistungsprämien betrifft - weil es so etwas bei ihnen noch nie gab: dass einer plötzlich mehr kriegt als ein anderer.

Für den Vorsitzenden ist die Umfrage nun Beleg dafür, wie richtig seine Linie ist. 83 Prozent der Befragten klagen darüber, dass Vorschriften zu verwirrend seien und die Bediensteten zu formalistisch (61 Prozent).

Heesen zieht daraus den Schluss, dass Bürokratieabbau auch im Sinne des öffentlichen Dienstes wäre - weil dessen Beschäftigte dann mehr Entscheidungsfreiheit besäßen und besser auf die Bürger eingehen könnten.

Zugleich fordert er von den Beamten, für die "Leistung" bisher keine Kategorie war, sich ihrer Außenwirkung bewusst zu sein: "Sie müssen auch darüber nachdenken, wie ihre Arbeit aufgenommen wird." Wobei es Berufsgruppen gibt, deren Angehörige noch mehr Anlass hätten, in sich zu gehen: Das geringste Ansehen wird in der Umfrage Telekom-Mitarbeitern und Versicherungsvertretern zugesprochen.

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