SPD-Mitglied entlassen:Kündigung für den Kandidaten

Piotr Drozynski will für die SPD ins Europaparlament. Hat seine Firma den Genossen deshalb entlassen?

Uwe Ritzer

Rein biographisch bringt Piotr Drozynski einiges mit, was einem Europaabgeordneten gut anstünde. Er wurde vor 44 Jahren in Danzig als Sohn eines polnischen Werftarbeiters und einer deutschen Mutter geboren. Als er sieben Jahre alt war, siedelte seine Familie ins Ruhrgebiet über. Piotr Drozynski machte Abitur, studierte dann Wirtschaftswissenschaften. Der Diplom-Ökonom spricht vier Sprachen und arbeitete lange im Ausland.

SPD-Mitglied entlassen: Piotr Drozynski: Der Genosse erhielt seine Kündigung just einen Tag, nachdem seine Partei ihn in Berlin als Kandidaten nominiert hatte.

Piotr Drozynski: Der Genosse erhielt seine Kündigung just einen Tag, nachdem seine Partei ihn in Berlin als Kandidaten nominiert hatte.

(Foto: Foto: Thomas Langer)

Dass sich der Familienvater aber für die SPD um ein Mandat im Europaparlament bewirbt, kostet ihn nach eigenen Angaben und denen seiner Partei nun den Job. Sein Arbeitgeber, der Schutzbrillenhersteller Uvex aus Fürth, habe ihn hinausgeworfen, weil er sich "für die falsche Partei" engagiere. Die Firma dementiert dies empört.

So steht Aussage gegen Aussage und was wirklich die Gründe für die als betriebsbedingt deklarierte Kündigung zum 30. Juni 2009 bei sofortiger Freistellung waren, wird letztlich wohl ein Arbeitsgericht herausfinden müssen.

Engagement für die falsche Partei

Politisch allerdings ist schon jetzt der Ärger groß. Günter Gloser, Staatsminister im Auswärtigen Amt aus Nürnberg, fordert Aufklärung von Uvex. Die mittelfränkische SPD-Bezirksvorsitzende Christa Naaß spricht von "einer riesigen Schweinerei". Ihr Genosse erhielt seine Kündigung am 9. Dezember 2008 - just einen Tag, nachdem seine Partei ihn in Berlin als Kandidaten für die Europawahl nominiert hatte. Bis dahin fungierte Drozynski als Direktor für das Osteuropa-Geschäft der Arbeitsschutz-Sparte von Uvex, einem alteingesessenen Fürther Familienunternehmen.

"Die Kündigung hat mich getroffen wie ein Schlag", sagt Drozynski. Dass es zwischen dem Rauswurf und seinem Engagement bei der SPD einen Zusammenhang gibt, steht für ihn außer Zweifel. Monate vor seiner Nominierung habe er seinen Arbeitgeber bereits über sein verstärktes Engagement bei der SPD informiert. "Von da an hat in der Firma die Liebe zu mir spürbar nachgelassen", sagt Drozynski und erzählt, wie ihm gesagt worden sei, er engagiere sich für die falsche Partei.

Auf der nächsten Seite: Was Uvex zu den Vorwürfen sagt - und warum Drozynski nicht der erste fränkische Sozialdemokrat ist, der wegen der Politik seinen Arbeitsplatz verliert.

Wie Uvex die Entlassung begründet

Die Reißleine gezogen

Absurde Kündigungen Bienenstich, iStock

Absurde Kündigungen: entlassen wegen eines Stückchen Kuchens.

(Foto: Foto: iStock)

"Diese Behauptungen sind völlig absurd", widerspricht Johann Engelmann, Personalchef der Uvex-Gruppe, die 1800 Beschäftigte in 19 Ländern zählt. "Die Kündigung von Herrn Drozynski hat nichts, aber auch rein gar nichts mit seinem Engagement bei der SPD oder der Kandidatur zu tun", sagt Engelmann.

Uvex begrüße es vielmehr, wenn ein Mitarbeiter sich ehrenamtlich engagiere, auch bei einer demokratischen Partei. Von Drozynski trenne man sich, weil das Osteuropa-Geschäft, für das er seit 2006 verantwortlich gewesen sei, in den vergangenen Monaten stark rückläufig sei. Allein in Russland habe es "einen dramatischen Umsatzeinbruch von bis zu 70 Prozent" gegeben, sagt Engelmann. Dass Uvex ausgerechnet unmittelbar nach Drozynskis Kandidatenkür die Reißleine gezogen hat, sei "reiner Zufall".

SPD-Bezirkschefin Naaß hält die Uvex-Argumentation für wenig glaubhaft. "Jede Firma kann doch froh sein, wenn sich ein Mitarbeiter bei einer demokratischen Partei engagiert", sagt sie. So Drozynskis Version stimmen sollte, wäre er nicht der erste fränkische Sozialdemokrat, der wegen der Politik seinen Arbeitsplatz verliert. Frisch zum Nürnberger SPD-Chef gekürt, musste 2003 Christian Vogel seinen Job als Niederlassungsleiter einer Sanitärfirma aufgeben. Sein damaliger Arbeitgeber befand, dass Parteiarbeit und Beruf sich nicht unter einen Hut bringen ließen.

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