Schreibtischschlafsack:Kollege, wo steckst du?

Das Mittagessen liegt schwer im Magen, der Biorhythmus ist am Boden und der Aktenberg auf den Schreibtisch hoch: Zeit für ein kurzes Büroschläfchen im Schreibtischschlafsack. Zwei Designer erklären, warum ihre Erfindung eine Bereicherung für jedes Unternehmen ist.

Lena Jakat

Key Kawamura aus Japan und Ali Ganjavian aus Iran betreiben gemeinsam in Madrid ein Architektur- und Designbüro. Ihre jüngste Erfindung: ein Schreibtischschlafsack für den schnellen Büroschlummer zwischendurch. "Ostrich" heißt der Kopfschlüpfer, wie der Vogel Strauß, aus naheliegenden Gründen. Eigentlich wollen sie am liebsten beide an den Hörer. Da sie sich aber sowieso immer einig sind, wie sie sagen, wechseln sie sich einfach ab.

Ostrich

Sanftes Nickerchen am Arbeitsplatz im "Ostrich".

(Foto: kawamura-ganjavian)

SZ: Wie erfindet man einen Schlafsack für die Tischplatte?

Key Kawamura: Eines Tages lag ein altes Sweatshirt auf einem Tisch in unserem Atelier. Pablo, ein Kollege, der nach dem Essen ein bisschen schläfrig war, steckte seinen Kopf durch den Halsausschnitt - aber von außen. Dann steckte er auch noch seine Arme in die Ärmel, wieder von außen. So wurde aus dem Pulli was völlig anderes. Als wir ihn so bei seiner Siesta gesehen haben, dachten wir: "Das ist phantastisch!"

SZ: Normalerweise stellen Sie Lampen her, Möbel, alles praktische Sachen. Soll man dieses Ding wirklich benutzen?

Ali Ganjavian: Absolut. Wir glauben, dass Design immer auf Bedürfnisse reagieren muss. Als das Kopfkissen erfunden wurde, fanden die Leute es wahrscheinlich komisch, sich etwas unter den Kopf zu stecken. Heute schlafen alle mit Kissen.

SZ: Schlafen Sie auch in Ihrem Schlafsack?

Kawamura: Na klar. Wir arbeiten in einem großen Atelier mit 35 anderen Designern, Zeichnern und Fotografen zusammen. Das ist ein sehr fruchtbares Umfeld, wir lernen viel voneinander. Aber manchmal muss man sich einfach von allem isolieren. Den Schlafsack benutzen wir hier sehr ausdauernd und ermutigen andere, das auch zu tun.

SZ: Aber erstickt man da drin nicht?

Ganjavian: An der Unterseite des Teils, da wo normalerweise der Mund ist, befindet sich eine Öffnung. Es ist gemütlich und kuschelig, wo Augen und Ohren sind, der Benutzer ist von der Außenwelt isoliert. Aber wo Mund und Nase sind, kann Luft zirkulieren, sodass man atmen kann. Der Schlafsack ist ja auch für Powernaps im Büro gedacht, nicht für den Schlaf einer ganzen Nacht.

Träumen für den Job

SZ: Und das Sweatshirt von einst ist inzwischen in Serie gegangen?

Kawamura: Wir produzieren den Schlafsack zusammen mit ein paar Schneidern, die gleich um die Ecke arbeiten. Sonst machen die vor allem altmodische Damenbekleidung. Sie freuen sich, auch mal was Verrücktes zu machen.

SZ: Stört es Sie nicht, wenn Ihre Mitarbeiter schlafen?

Ganjavian: Wenn sie den ganzen Tag verschlafen würden, würden wir uns vielleicht schon Sorgen machen. Ein großer Teil unseres Jobs besteht darin, zu träumen. Wir sind also froh, wenn unsere Mitarbeiter ein Nickerchen machen und sich in ihren Träumen Inspirationen holen, die sie dann mit zurück an den Schreibtisch bringen.

SZ: Käufer brauchen sich nicht vor aufgebrachten Arbeitgebern zu fürchten?

Ganjavian: Statistisch ist erwiesen, dass effizienter arbeitet, wer sich zwischendurch mal kurz ausruht. In der spanischen Kultur ist das sowieso total üblich. Ein Rückzugsort, nicht nur zum Schlafen, sondern auch zum Nachdenken oder um für einen Moment zu meditieren, kann gerade in Großraumbüros sehr nützlich sein.

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