Selbständig aus der Arbeitslosigkeit:Hilf dir doch selbst

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Vom Arbeitslosen zum Chef: Wer in der Krise sein eigenes Unternehmen gründen will, braucht Mut zum Risiko. Chancen auf Erfolg gibt es trotzdem.

Vom Investment-Banker zum Würstchenverkäufer - mit diesem Schritt hat Thomas Brauße es geschafft, aus der Arbeitslosigkeit herauszukommen. In Sichtweite vom Bürohochhaus, wo er früher mit Millionen jonglierte, grillt er heute Currywürste in einem umgebauten Linienbus. Nachdem er in der Finanzkrise den Job als Broker verlor, machte er sich selbstständig und eröffnete die Worschtbörse am Messeturm in Frankfurt. Ein Beispiel, das Vorbild für andere Arbeitslose sein kann. So ein Schritt will aber gut überlegt sein. Denn längst nicht jeder ehemalige Angestellte ist zum Geschäftsmann geboren.

Vom Investment-Banker zum selbständigen Wurstverkäufer: Thomas Brauße hat den Sprung aus der Arbeitslosigkeit geschafft. (Foto: Foto: dpa)

Schock vor Weihnachten

Als sein Arbeitgeber Ende 2008 die Niederlassung in Frankfurt dichtmachte, war das für Brauße ein Schock. "Die Kündigung kam kurz vor Weihnachten, das war eine heftige Sache", erzählt der 44-Jährige.

Nach zwölf Jahren in einem Job, in dem er zuletzt ein sechsstelliges Jahresgehalt verdiente, plagten ihn plötzlich Existenzängste. Heute sieht er die Entlassung als Glücksfall: "Ich bin zufriedener als früher, weil ich mich mehr mit meinem Job identifizieren kann." Das Motto "Wenn mich meine Firma nicht mehr will, gründe ich eben selbst eine", ist aber nicht jedem Arbeitslosem zu empfehlen. Sich nur aus Not selbstständig zu machen und nach einer Entlassung spontan ein eigenes Geschäftsmodell aus dem Boden zu stampfen, ist wenig erfolgversprechend.

Lust am Kochen reicht nicht

Firmengründer bräuchten als Erstes eine gute Geschäftsidee, sagt Jürgen Mehnert von der Handelskammer Hamburg. Seine Leidenschaft zum Beruf zu machen, garantiere noch keinen Geschäftserfolg. Wer ein Restaurant aufmacht, nur weil er gerne kocht, ziehe damit noch lange keine Gäste an. Um davon leben zu können, müsse ein Produkt her, das einen Kundennutzen hat, erläutert Mehnert. "Man muss sich fragen: Ist ein Markt dafür vorhanden?"

Ex-Banker Brauße hatte sich schon früher darüber geärgert, dass zwischen all den Hochhäusern rund um seine alte Arbeitsstätte in Frankfurt eine bodenständige Imbissbude fehlte. Er scheint tatsächlich eine Marktlücke gefunden zu haben: Mit seinem Imbiss habe er nach einem dreiviertel Jahr schon so viel eingenommen, wie er für das ganze erste Jahr eingeplant hatte, erzählt er.

Was kann ich besser machen?

Zwar könne nicht jeder eine völlig neue Idee aus dem Hut zaubern, meint Mehnert. Wer aber einen Blumenladen oder Copyshop eröffnet, wie es ihn bereits zigfach im Ort gibt, scheitert wahrscheinlich schnell. "Wenn er sich nicht abhebt von den anderen, wird er es schwerhaben.""

Gründer sollten daher eine Konkurrenzanalyse machen und sich fragen: Wie kann ich mich von anderen absetzen? Was kann ich besser machen? Der nächste Schritt ist ein umfassender Businessplan. Dabei muss das Projekt durchgerechnet und realistisch eingeschätzt werden, wann die eigene Firma Gewinn abwirft. "Planen Sie eine angemessene Anlaufzeit ein", rät Mehnert. Ein Webdesigner etwa müsse damit rechnen, dass einige Monate vergehen, bis er den ersten Auftrag in der Tasche hat. "Und dann dauert es noch einmal einige Wochen, bis das erste Geld da ist."

Eine Typfrage

Außerdem sollten Arbeitslose sich rechtzeitig um Fördermittel kümmern, wenn sie sich selbstständig machen. Für die erste Zeit könnten sie den sogenannten Gründungszuschuss beantragen, erklärt Mehnert. Und für nötige Investitionen, etwa für das Einrichten eines Friseursalons, gebe es Förderkredite der KfW-Bank.

Ob Arbeitslose als Gründer taugen, ist auch eine Typfrage: Dazu bräuchten sie Mut zum Risiko und Stehvermögen, erläutert der Businesstrainer Michael Fridrich aus Aachen. Auch dürften sie sich nicht vor der Kundenakquise scheuen. "Wer sagt: 'Verkaufen ist nicht so mein Ding', ist nicht dafür geeignet."

70-Stunden Woche

Kaufmännisches Denken sei ebenfalls nötig, ergänzt Mehnert: "Ein Hobbykoch versteht nicht unbedingt etwas vom Wareneinkauf." Das Entscheidende sei aber die Einstellung, meint Fridrich. "Man muss brennen." Denn in den ersten Jahren seien Wochenarbeitszeiten von 60 bis 70 Stunden für Selbstständige keine Ausnahme, so die Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg.

Thomas Brauße kann das bestätigten: "Selbstständig sein heißt eben: Man arbeitet selbst, und das ständig." Seine Bilanz ist dennoch positiv: "Ich bereue den Schritt auf keinen Fall."

© sueddeutsche.de/dpa/Tobias Schormann/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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