SAP-Gründer Hasso Plattner:Steve Jobs aus Deutschland

Er kleidet sich fast so lässig wie Mark Zuckerberg. Sein Zorn ist von Mitarbeitern gefürchtet, wie einst der von Steve Jobs. Und nun macht Hasso Plattner auch noch Bill Gates als Vorzeige-Philanthrop Konkurrenz. Der SAP-Mitbegründer im Porträt.

Von Johanna Bruckner

Komplimente für Hasso Plattner sind Superlative. "Er ist so etwas wie der Steve Jobs der Business-Software", sagte ein Vorstandsmitglied über seinen Chef. Da wird der Mitbegründer von "Software, Anwendung und Produkte", kurz SAP, also mit dem Apple-Genie verglichen. Und auch wenn sein Gründerkollege Dietmar Hopp über den langjährigen Weggefährten spricht, erinnert das an die Ehrfurcht, die einst Jobs entgegengebracht wurde: "Leider wird der Tag kommen, an dem er sich zurückzieht. Ich denke, er wird vorbauen, so dass SAP keinen Schaden nimmt."

Wie Hopp arbeitete der gebürtige Berliner Plattner nach seinem Studienabschluss Ende der 1960er Jahre als Programmentwickler bei IBM Deutschland. 1972 machten sich die beiden mit drei weiteren Kollegen selbstständig. Zwar mussten die deutschen Jungunternehmer ihre ersten Entwicklungen nicht in einer Garage tätigen, aber ein bisschen Apple-Charme hat auch die SAP-Gründungslegende: Das Quintett durfte in den Anfangszeiten abends und am Wochenende an den Rechnern eines benachbarten Chemieunternehmens programmieren.

Bereits im ersten Geschäftsjahr machte das zunächst in Weinheim bei Heidelberg ansässige und unter anderem Namen laufende Software-Startup einen sechsstelligen Umsatz - und einen kleinen Gewinn. Heute ist SAP ein Global Player im Software-Segment. Während sich Hopp komplett aus dem Unternehmen zurückgezogen hat und vornehmlich seiner Fußball-Leidenschaft widmet, ist Plattner noch immer aktiv: als Chef des Aufsichtsrats und Spiritus Rector.

Als solcher war er maßgeblich beteiligt an der Einführung der revolutionären Datenbank-Technologie Hana, die SAP nach schwierigen Jahren zurück in die Erfolgsspur brachte. Doch der studierte Nachrichtentechniker ist nicht nur Ideengeber. Er ist auch der strengste Controller seines Unternehmens. Betriebswirtschaftliches Denken sei "nicht die Stärke der deutschen Firmengründer, weil sie jeden Tag zu hören bekommen, dass das nicht so wichtig sei im Leben", sagte er jüngst in einem Focus-Interview. "Aber wenn man nicht diesen Drang hat - diesen kapitalistischen Drang -, dann schafft man auch kein Facebook, sondern nur einen kleinen Laden."

"Geschäftsführer einer Firma werden viel zu oft gegängelt"

Wenn der SAP-Gründer über Geld redet, tut er das ohne die von deutschen Unternehmern kultivierte Bescheidenheit. "Es ist doch erstaunlich, mit welcher Aggressivität wir uns über Leute ereifern, die erfolgreich sind. Ausgenommen sind nur Showbusiness und Formel 1 - da darf man verdienen, was man will. Geschäftsführer einer Firma werden viel zu oft gegängelt", beklagte er im Focus.

Dass Kapitalismus-Plädoyers wenig imageförderlich sind, zumal in Krisenzeiten, weiß auch der 69-Jährige. Doch Plattner ist plakativ und polarisiert durchaus bewusst. "Dass Plattner kein großer Freund der diplomatischen Weitergabe seiner Ansichten sei, ist nicht nur in Walldorf Legende, am SAP-Firmensitz. Dort war es früher auch bei geschlossenen Türen gut über den Flur zu hören, wenn er Ideen nicht ganz so gut fand", wusste die FAZ zu berichten. Und Plattner selbst charakterisierte sich einmal mit den Worten: "Ich bin ein Berliner - schnell, laut, fleißig, unausstehlich und brutal offen."

Zu dieser Selbsteinschätzung passt, dass der 69-Jährige eine öffentliche Erscheinung pflegt, die irgendwo zwischen Jobs und Zuckerberg angesiedelt ist. Zu Terminen mit Politikern erscheint er schon mal demonstrativ Kaugummi kauend und in Turnschuhen. Bei aller Lässigkeit: Plattner kann durchaus ernst werden - dann zum Beispiel, wenn es um sein Engagement für die Wissenschaft geht.

Das blanke Hinterteil

1998 gründete er in Potsdam das Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik, 2005 spendete er Millionen für ein "Erfinder-Institut" an der renommierten Stanford University in den USA. Auch seine angekündigte Spende an die von Warren Buffett und Bill Gates gegründete Initiative "The Giving Pledge" wird wohl vor allem einem Zweck zugute kommen. "Nichts ist wichtiger als Gesundheit und Bildung", begründete er seine Entscheidung, mindestens die Hälfte seines Vermögens abzugeben.

5,4 Milliarden Euro soll Plattner besitzen - es wird wohl genug übrig bleiben, damit er weiter seinen bevorzugten Freizeitbeschäftigungen nachgehen kann. Der SAP-Gründer ist Segler und begeisterter Golfer. In Südafrika besitzt er ein eigenes Grün. Die typischen Hobbys eines steinreichen Seniors, könnte man meinen, doch der 69-Jährige bleibt ehrgeizig. Von einer Segelregatta, in der sein Team unter anderem gegen die Mannschaft des Oracle-Gründers Larry Ellison antrat, ist folgende Anekdote überliefert: Als die Konkurrenten an ihnen vorbeisegelten, sollen Plattner und seine Mannen den Gegnern die blanken Hinterteile entgegengestreckt haben.

"Ich habe mir immer gewünscht, an einem See zu sitzen, bei leisem Regen, und zu angeln. Ein wunderbares Bild von Geduld und Stille. Aber ich kann es nicht", sagte Plattner einmal in einem Interview mit der Financial Times Deutschland. Der deutsche Steve Jobs bleibt seinem Unternehmen also wohl noch eine Weile erhalten.

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