Sabbatical:Nur eine Pause, keine Lösung

Lesezeit: 2 min

Nicht jeder Arbeitnehmer profitiert von einer Auszeit. Wer im Job sehr unzufrieden ist, sollte nach Alternativen suchen.

Von Daniela Schumacher/dpa

Um die Welt reisen, die Füße in den Sand stecken. Endlich viel Zeit für die Familie haben und ein Jahr lang ausschließlich den Kindern beim Aufwachsen zusehen. Prioritäten überdenken und seine berufliche Situation neu ausrichten. Eine vielversprechende Weiterbildung machen und dabei noch die Fremdsprachenkenntnisse aufpolieren. Die Gründe, eine Auszeit vom Beruf zu nehmen, sind vielfältig. Doch längst nicht für jeden Arbeitnehmer ist ein Sabbatical sinnvoll. Mancher sollte lieber die Finger davon lassen.

Am besten geht man beim Entscheidungsprozess für oder gegen ein Sabbatical in zwei Schritten vor. "Als Erstes sollte im Privaten abgeklärt werden: Wird die Entscheidung vom engen Bezugskreis mitgetragen? Oder gibt es sogar die Möglichkeit, dass man eine gemeinsame Auszeit planen kann?", sagt Professor Dirk Windemuth vom Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Dann sei es wichtig zu reflektieren, welcher Wunsch wirklich hinter der Auszeit steckt. Ist es ausreichend, einfach mal ein halbes Jahr aus dem Betrieb heraus zu sein, oder ist generell eine berufliche Entlastung notwendig? Erst wenn das geklärt ist, lohnt es sich, auf den Arbeitgeber zuzugehen.

Bestens erholt und motiviert: Ein Sabbatical kann auch der Firma nutzen. (Foto: imago)

In Deutschland gibt es keinen Rechtsanspruch auf ein Sabbatical - außer für eine kleine Zahl an Landesbeamten. Die Auszeit steht und fällt also mit der Zustimmung des Chefs. Sabbaticalcoach Frank Möller empfiehlt Arbeitnehmern, das Gespräch im Vorfeld vom Standpunkt des Chefs aus zu sehen. "Bevor ein Arbeitnehmer in das Gespräch geht, sollte er sich die Frage stellen: Welchen Nutzen, welchen Gewinn hat meine Firma, mich dabei zu unterstützen?"

Berufstätige stellen am besten heraus, welche positiven Folgen das Sabbatical für die Zeit nach ihrer Rückkehr hat. Will ein Arbeitnehmer reisen und dabei eine neue Sprache erlernen oder eine Fortbildung machen, ist das ein langfristiger Kompetenzgewinn für das Unternehmen. Nach der Rückkehr bekommt es einen erholten und deshalb leistungsstarken Mitarbeiter zurück. Wichtig ist auch, sich Gedanken darüber zu machen, wie die Aufgaben in der Abwesenheit aufgefangen werden können. Vielleicht kommt jemand aus der Elternzeit zurück, der einspringen kann, oder die Auszeit fällt in eine ohnehin auftragsschwache Zeit.

Aber ist ein Sabbatjahr wirklich das Richtige, um dem Stress zu entkommen? Professor Martin Rothland lehrt an der Universität Siegen und hat in einer Studie die Auswirkungen des Sabbatjahres ausgewertet. Befragt wurden ausschließlich Lehrer. Die Ergebnisse zeigen: Eine Auszeit wirkt sich positiv auf die Regeneration, die empfundene Beanspruchung und die Gesundheit aus.

Ein halbes Jahr nach dem Sabbatjahr ist dieser Effekt allerdings schon wieder verpufft. Daher schlussfolgert Rothland: "Die Vorstellung: Ich reise ganz viel um die Welt, und alles gibt sich, ist eine Illusion." Wer von seiner beruflichen Situation sehr gestresst ist, sollte in der Auszeit deshalb systematisch die eigenen beruflichen Fähigkeiten stärken und lernen, sich besser vor Überlastung zu schützen.

Das Sabbatjahr bietet die Möglichkeit, sich auf das Wichtige im Leben zu besinnen und neue Ideen zu entwickeln. Es dient der Erholung, der Ressourcenstärkung und dem Erkennen der eigenen Interessen und Stärken, sagt Professor Windemuth. In einigen Fällen sei jedoch klar davon abzuraten: "Es ist wichtig, dass der Wunsch nach einer Auszeit keine Flucht ist: Bin ich emotional immer distanzierter und fühle mich jeden Tag erschöpfter?" Wenn sich nichts an der beruflichen Situation ändert, kommt der Arbeitnehmer nach einem Jahr in die gleiche Lage zurück und hat die gleichen Probleme. Ist jemand an einer Depression erkrankt, könne ein Jahr ohne klare Struktur sogar schaden.

Laut Windemuth gibt es weitere Gründe dafür, auf das Sabbatical zu verzichten: "Wenn man durch die Auszeit private Probleme bekommt, weil die Familie nicht damit einverstanden ist, sollte man zunächst nach Kompromissen suchen." In sehr spezialisierten Berufen kann es außerdem schwierig sein, die Stelle für ein Jahr mit einer anderen Person zu besetzen. Wichtig ist natürlich auch, dass Berufstätige ein Sabbatical finanzieren können. Wenn das alles aber stimmt, ist Windemuth überzeugt: "Das Sabbatjahr ist eine wunderbare Chance."

© SZ vom 10.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: